Ein Banker mit Herz

Der Tag, an dem Jörg Woltmann beschloss, die KPM zu kaufen, war denkwürdig. Seine Berater waren dagegen, und wenn, dann solle er das Unternehmen doch geordnet aus der Insolvenz heraus kaufen. Doch Woltmann entschied mit Herz.

Woltmann übernahm sie für 13,5 Mio. Euro. Einzige Bedingung: Die Immobilien, die zuvor zur Schuldentilgung an das Land Berlin gegangen waren, kaufte er zurück. Ohne die teuren Mietausgaben sollte sich die Manufaktur Stück für Stück erholen. Inhaltlich führte er KPM auf das zurück, was die Manufaktur am besten kann: „Porzellan“, sagt er knapp. „Mein Ziel ist nicht, die größte Porzellanmanufaktur zu sein, sondern die beste.“ Also keine Zweitlinien mehr, das Angebot nicht zu stark ausweiten. Er positioniert KPM klar im obersten Preissegment. Andere Manufakturen gehen da andere Wege. Meissen zum Beispiel, von Tradition und Handwerkskunst vergleichbar, bietet mittlerweile auch Schmuck, Brautkleider und Handtaschen an. Alles sehr hochwertig zwar, aber als Porzellanmanufaktur? „Das muss jeder selbst wissen“, meint Woltmann, sein Weg sei das nicht.

Service Kurland (© KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH)
Service Kurland: Die Tassen sind ab 280 Euro zu haben. (© KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH)

Und er ging die Auslandsmärkte an. Mittlerweile gibt es das preußische Porzellan in 16 Ländern zu kaufen, darunter Taiwan, Aserbaidschan und die Vereinigten Arabischen Emirate. Hier findet sich auch das zahlungskräftigere Publikum. In einer exklusiven Serie haben die Porzellanspezialisten mal Vasen in monatelanger Handarbeit bemalen lassen. Der deutsche Verkaufspreis hätte bei etwa 65.000 Euro gelegen. „So etwas hier zu verkaufen, ist schon schwierig“, gibt Woltmann zu. In Taiwan gingen fünf Stück davon an einem Tag weg, für jeweils 130.000 Euro. Auch die Kooperationen, die er mit Bugatti und Rolls Royce gestartet hat, sind eher für die Auslandsmärkte bestimmt. Ein mit Porzellanemblemen ausgestatteter Sportwagen geht dort schon mal für 1,5 Mio. Euro weg.

Doch natürlich will Woltmann auch den deutschen Markt wieder stärker für Porzellan interessieren. „Viele leisten sich Küchen für zehntausende Euro, aber essen von minderwertigem Porzellan.“ Auch wünschten sich nur noch wenige Verlobte Hochzeitstische zur Vermählung. Um das zu ändern, will er die Tischkultur in Deutschland stärken. Geschehen soll das über Marketing- und PR-Kampagnen in Magazinen und Zeitschriften. Auch die internationalen Kooperationen helfen, hochwertiges Porzellan wieder mehr im Alltag zu verankern. Bottega Veneta startete eine Sonderedition an Taschen und Schmuck mit KPM-Emblemen. Die war nach einem Tag ausverkauft. Schwarze Zahlen schreibt die Berliner Manufaktur zwar bis heute nicht. Glaubt man Woltmann, ist sie aber kurz davor. „Ich bin überzeugt, dass ich sie mit dieser Strategie zum wirtschaftlichen Erfolg führen werde.“

Mit einer Neidkultur konnte er noch nie etwas anfangen. Liegt vielleicht auch daran, wie er selbst aufgewachsen ist: Mit dem Allernötigsten im Nachkriegsberlin, die alleinerziehende Mutter hielt die junge Familie mit Näharbeiten über Wasser. Als Selbstständige, schnell konnte sie expandieren. Dennoch waren Nähsitzungen bis zwei Uhr nachts die Regel. „Noch heute sehe ich, wie sie mit ihren Handschuhen da sitzt und friert“, sagt Woltmann. Er und sein Bruder waren von vornherein in den Geschäftsablauf eingebunden. Von der Mutter hat er auch den unbedingten Unternehmergeist. Und der regte sich, als es um die KPM ging.


Zur Person

Jörg Woltmann (© KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH)
(© KPM Königliche Porzellan-Manufaktur Berlin GmbH)

Jörg Woltmann ist seit 2005 Eigentümer der Königlichen Porzellan-Manufaktur (KPM) Berlin GmbH. Das war so nicht geplant: Woltmann ist eigentlich Banker, Anfang der siebziger Jahre gründete er mit einem Partner die Allgemeine Beamten Kasse Kreditbank AG, deren Vorstand und Alleinaktionär er heute ist. An KPM faszinierte ihn die mehr als 250-jährige Geschichte. Und die Tatsache, dass er eine der ältesten Luxusmarken der Welt kaufen konnte. www.kpm-berlin.com

Autorenprofil

Verena Wenzelis war bis Juli 2016 Redakteurin bei der Unternehmeredition.

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