Design aus Degerloch

Nach einer wechselhaften Geschichte zog das Unternehmen von Kaiserslautern nach Stuttgart und firmiert heute unter der Recaro Holding GmbH mit den Sparten Aircraft Seating mit Sitz in Schwäbisch Hall und Child Safety, das in Marktleugast beheimatet ist. Recaro beschäftigt mittlerweile 1.800 Mitarbeiter und ist international tätig. Noch heute ist das Unternehmen in Familienhand und in der vierten Generation operativ vertreten durch den geschäftsführenden Gesellschafter Martin Putsch.

Bekannt geworden ist Recaro vor allem durch Autositze mit Seitenhalt. Die Schalensitze des Unternehmens sind Kult und nahezu jedem Enddreißiger ein Begriff. „Fragt man jedoch einen 20-Jährigen, wofür Recaro steht, bekommt man viele Antworten, meist jedoch nicht die Richtige“, sagt Markendirektor Pattrick Gevelmann. „Wichtig ist, dass Recaro in die Köpfe einer breiteren Öffentlichkeit kommt.“ Seiner Meinung nach reiche es nicht aus, ein paar Anzeigen zu schalten, TV-Spots zu produzieren oder Prospekte drucken zu lassen. Viel mehr müsse man sich mit den Auswirkungen auf die Marke beschäftigen. Innerhalb eines knappen Jahres erstellte Recaro etwa eine neue Online-Welt, die nicht vordergründig das Produkt anpreist, sondern die Marke in den Fokus stellt. „Alles andere ergibt sich“, so Gevelmann.

 

Für ihn ist es ebenso wichtig, die Recaro-Welt in den Köpfen der Mitarbeiter zu verankern. „Das Gefühl, wofür Recaro steht, wollen wir nicht nur mit warmen Worten, sondern auch mit Taten füllen.“ Für die Mitarbeiter entwarf er ein kleines Booklet, in dem kurz und knapp die Werte des Unternehmens beschrieben sind. Zwei Jahre lang arbeitete Recaro zudem an einem größeren Schriftstück, das die Identität des Unternehmens ausdrücken soll. Für Recaro war diese Zeit wertvoll, weil man zu sich fand: „Man kann ganz gut leben, ohne über sich selbst bewusst zu sein. Wir sind aber überzeugt davon, dass es sich besser leben lässt, wenn man weiß, wer man ist“, sagt Schürg. Dann könnten die besseren Entscheidungen getroffen werden.

Der Gründer und sein Team: Wilhelm Reutter (l.), 1908
Der Gründer und sein Team: Wilhelm Reutter (l.), 1908

Wachsen über die Marke

Ende 2010 verkaufte Recaro die Automotive-Sparte an den US-Automobilzulieferer Johnson Control, behielt allerdings die Markenrechte. Die Gefahr, dass dadurch die Marke beschädigt werden könnte, sieht Schürg nicht: „Wir haben zwar keinen direkten Einfluss mehr, allerdings gibt es Verträge, die das Geschäftsfeld abdecken.“ Und schließlich bezahle Johnson Control Geld dafür, dass sie die Marke nutzen dürfen. Deswegen bestünde ohnehin ein Interesse, dass diese nicht an Wert verliert.

Den Großteil des Umsatzes von rund 350 Mio. EUR Umsatz erwirtschaften die Schwaben mit Flugzeugsitzen in der Sparte Aircraft Seating. Seit den 70er Jahren verkauft Recaro Flugzeugsitze. Kunden sind die Lufthansa, KLM oder Air China. Mittlerweile stehen sie für rund 80% des Umsatzes. Die Ziele von Recaro sind ambitioniert. Der Luftverkehr wächst um rund 5% jährlich, das Interieursegment etwas stärker. Aufgrund ihrer besonderer Fähigkeiten wollen die Degerlocher noch schneller wachsen. Weltweit ist Recaro der drittgrößte Hersteller von Flugzeugsitzen, jedoch der einzige, der ausschließlich Sitze produziert und durch seinen Brand bekannt ist.

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