Der richtige Umgang mit Krisensituationen

Umgang mit Covenant Defaults
Ist ein Covenant Default eingetreten, tendiert der Optionswert des Eigenkapitals in der Regel gegen null und der Versuch, in Hoffnung auf bessere Zeiten die Situation durch einzelne Covenant Waiver oder simple Stundungen/Zahlungsmoratorien zu überstehen, ist aus Sicht des Private-Equity-Investors nicht zielführend. Investoren müssen sich auf die Behebung der operativen Probleme konzentrieren. Dies gilt umso mehr, als dass es dem Gesellschafter bei Eintreten einer Liquiditätskrise drohen kann, die Zügel komplett aus der Hand und an die Gläubiger zu verlieren – denn die Kontrolle gehört jeweils dem finanziellen Stakeholder, der die marginale Liquidität zur Verfügung stellt. Um die Kontrolle zumindest teilweise zu behalten und nicht an die Gläubiger abtreten zu müssen, hat der Private-Equity-Investor in der Liquiditätskrise des Portfoliounternehmens die schwierige Entscheidung zu treffen, ob neues Geld zur Verfügung gestellt werden soll. „Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende“ ist gegen das Risiko abzuwägen, eventuell „gutes Geld schlechtem hinterher zu werfen“. Die Restrukturierung wird kaum besser (und auch nicht schneller) sein als die Qualität und Glaubwürdigkeit des zugrunde liegenden Businessplans.

Handlungsoptionen in Distressed-Situationen
Private-Equity-Investoren sollten daher nicht zögern, eine externe Validierung des Plans so schnell wie möglich zu ersuchen. Bevor die neue Investitionsentscheidung getroffen werden kann, ist dies Teil ihrer ureigensten Aufgaben. Von daher gilt es, eine Reihe möglicher Fallstricke zu vermeiden und wie Distressed-Investoren zu denken:

  • Realistische Unternehmensbewertung als Basis: Wenn neues Geld zur Verfügung gestellt wird, sollte dort investiert werden, wo der Wert des Unternehmens in der Kapitalstruktur „bricht“, auf keinen Fall oberhalb des Unternehmenswertes. Die Anzahl der Optionen steigt deutlich an, wenn der wertmaximierende Plan sowie die richtige Managementkonstellation zu dessen Umsetzung gefunden werden.
  • Nachhaltigkeit der neuen Kapitalstruktur: Die finanzielle Restrukturierung muss eine Kapitalstruktur herbeiführen, die auch alle Phasen des Konjunkturzyklus überstehen kann, so dass dem Private-Equity-Investor bei der nächsten Marktschieflage nicht erneut der Kontrollverlust droht. Hierzu gehört eine ausreichende Liquidität mit entsprechenden Puffern, um den Plan implementieren zu können.
  • Ausreichende Flexibilität der neuen Kreditdokumentation: Wenn es erforderlicher Bestandteil des Restrukturierungsplanes ist, das Unternehmen auf den profitablen Kern zu reduzieren und strategische Veräußerungen zu tätigen, muss die neue Kreditdokumentation hierfür die Flexibilität sichern. In einer weiteren (Anschluss-)Restrukturierung wird der Private-Equity-Investor seine Kontrollposition in der Regel nicht bewahren können.
  • Schaffung operativer Umsetzungsexzellenz: Der Businessplan ist nur so viel wert, wie operative Kompetenz zur dessen Umsetzung im Unternehmen zur Verfügung steht. Private-Equity-Investoren sollten die Bereitstellung von ausreichender Managementkapazität zur Umsetzung des Restrukturierungsplanes forcieren.

Fazit
In den Verhandlungen mit den Gläubigern im Restrukturierungsprozess geht es darum, pro-aktiv Restrukturierungsoptionen und -pläne in die Diskussion einzubringen, die den Unternehmenswert maximieren, d.h. vor allem strategische und operative Gesichtspunkte zu adressieren. Die Gläubiger werden in der Regel den wertmaximierenden Plan unterstützen. Die Hinzunahme von Interims-Management, mit einem auf solche Situationen spezialisierten Know-how, kann hier der richtige Schritt sein. Es geht darum, erfolgreiche Veränderungen im Unternehmen herbeizuführen. Dies verlangt in der Regel neue Führungskompetenz, Energie und Geschwindigkeit.

Autorenprofil

Dr. Christian Baur (cbaur@alvarezandmarsal.com) ist Managing Director und Jan Dettbarn Director bei der Alvarez & Marsal Deutschland GmbH. Das Unternehmen ist spezialisiert auf operative und finanzielle Wertsteigerung, Sanierungsberatung, Krisen- und Interims-Management. www.alvarezandmarsal.de

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