Partner auf Zeit

Von Dr. Jan Kantowsky und Jens Wiese, AlixPartners

Angesichts des anhaltend volatilen Wirtschaftsklimas und vieler volkswirtschaftlicher Unwägbarkeiten sind viele Risiken für die wirtschaftliche Zukunft mittelständischer Unternehmen noch längst nicht gebannt. Der Mittelstand steht weiterhin unter großem Handlungsdruck und seine finanzielle Situation erholt sich deutlich langsamer als die wirtschaftliche Lage. Klassische Bankdarlehen, die typische Finanzierungsform des Mittelstands, sind nach wie vor nur eingeschränkt verfügbar, und der Kapitalmarktzugang kommt trotz neu geschaffener Plattformen wie Bondm für viele zunächst einmal nicht in Frage.

Vorbehalte gegenüber BeteiligungskapitalDie Kapitalstruktur der Unternehmen, insbesondere die Eigenkapitalausstattung, muss jedoch stimmen, um neue Potenziale erschließen und sinnvolle Wachstumschancen nutzen zu können. Insbesondere Private Equity kann hier eine Lösung bieten und den nötigen unternehmerischen Freiraum schaffen. Viele mittelständische Unternehmen begegnen jedoch der Private Equity Branche immer noch reserviert und sehen in Finanzinvestoren eher gierige „Firmenjäger“ als partnerschaftliche Kapitalgeber. Ein weiterer Grund für die mancherorts kategorische Ablehnung ist der, dass das klassische Private-Equity-Modell auf den Erwerb einer Mehrheitsbeteiligung ausgerichtet ist. Insbesondere inhabergeführte Unternehmen zögern, einem mehrheitlichen oder gar vollständigen Verkauf zuzustimmen. Oftmals schreckt erfolgreiche Mittelständer allein schon der Gedanke, Fremde in die eigenen Bücher blicken zu lassen.

Der Mittelstand entdeckt Private Equity

In letzter Zeit aber lässt sich beobachten, dass Partnerschaften zwischen der Beteiligungsbranche und dem deutschen Mittelstand zahlreicher werden. Die Hinzunahme von Eigenkapitalinvestoren wird vermehrt als sinnvolle Finanzierungsalternative für den Mittelstand betrachtet, und etablierte Unternehmer sehen in einer Private-Equity-Beteiligung zunehmend einen Ansatz, ihren Ausstieg oder ihre Nachfolge unternehmenssichernd vorzubereiten. Diese Entwicklung schlägt sich sichtbar auch in den Zahlen nieder: Der Anteil kleiner und mittelgroßer Unternehmen am gesamten Private-Equity-Investitionsvolumen ist seit 2007 in drei Jahren von 48% auf 69% im Jahr 2010 gestiegen.

Ein weiterer Grund für die wachsende Relevanz von Private Equity liegt sicher darin, dass sich auch die Private-Equity-Branche weiterentwickelt hat und flexibler geworden ist. Manches etablierte Private-Equity-Haus hat sein Angebot um Minderheitsbeteiligungen erweitert oder ermöglicht dem Alt-Eigentümer bei einer ungelösten Nachfolgefrage einen sanften Ausstieg als Co-Investor. Hinzu kommt, dass Private-Equity-Investoren von Unternehmen zunehmend als Partner für eine strategische und operative Weiterentwicklung wahrgenommen werden. Unternehmen erkennen also, dass Private Equity mehr bietet als ein bloßes Finanzierungskonzept oder Financial Engineering. Gerade in Bezug auf die Ausarbeitung und Umsetzung möglicher Ergänzungsakquisitionen können Private-Equity-Teams ausgeprägte Kompetenz einbringen und bieten Möglichkeiten, international zu investieren. Auch dieser Trend ist eindeutig aus den Zahlen der letzten Jahre ablesbar: Der Anteil von Wachstumsfinanzierung und der Vorbereitung eines Gesellschafterwechsels am gesamten Transaktionsvolumen ist von 4% 2007 auf rund 20% 2010 gestiegen.

Den richtigen Partner findenFür eine erfolgreiche Zusammenarbeit von Private-Equity-Firmen und mittelständischen Unternehmen gilt es, bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen und die richtigen Kriterien bei der Auswahl des Partners anzusetzen. In erster Linie muss von den bestehenden Eigentümern eine echte Partnerschaft gewollt sein. Für Unternehmer, die zwar Kapital, aber keine Mitsprache akzeptieren, sind Eigenkapitalgeber deshalb die falschen Partner. Denn Private-Equity-Häuser bringen in der Regel voll haftendes Eigenkapital oder nachrangige Instrumente ein und wollen daher ihr Risiko nicht nur selbst einschätzen, sondern auch aktiv handhaben. Dazu gehört, dass sie ihre Beteiligung auch führen, mitgestalten und eng begleiten. Ein Unternehmer, der dies als schmerzlichen Kontrollverlust empfindet oder den Beteiligungsgeber nicht auf Augenhöhe akzeptiert, wird sich mit Private Equity schwertun. Entscheidend ist die Bereitschaft zur Transparenz, die schon in der Due-Diligence-Phase vorhanden sein muss: Dem Investor sollte es von Anfang an möglich sein, anhand aller Zahlen und Pläne beurteilen zu können, ob sich das Unternehmen in einem attraktiven Markt mit weiteren Wachstumschancen bewegt. Vor allem aber ist seitens des Unternehmens die sorgfältige Auswahl des Private-Equity-Investors für den Erfolg einer Zusammenarbeit von entscheidender Bedeutung. Sollen Eigenkapitalinvestoren langfristig Mehrwert bei Unternehmen generieren, ist eine bestimmte Stärke und Kapitalausstattung erforderlich. Denn nur Beteiligungsgesellschaften mit größeren Portfolios setzen sich nicht der Gefahr aus, liquiditätsbedingt oder aufgrund anderer fondsinterner Zwänge Transaktionen tätigen zu müssen. Auch die Betrachtung des Track Records, also der vergangenen Engagements eines Finanzinvestors, kann Aufschluss über dessen Zuverlässigkeit geben. Zudem sollten die Abdeckung internationaler Märkte und spezifische fachliche Kompetenzen des Private-Equity-Teams mit den unternehmerischen Zielen in Einklang gebracht werden. Es sind nicht zuletzt die Teams einer Private-Equity-Gesellschaft, die eine Zusammenarbeit erfolgreich machen: Sie sollten über Erfahrungen in einer Vielzahl von Geschäftsmodellen verfügen und hohe soziale Kompetenz mitbringen.

Sucht ein mittelständischer Unternehmer nach einem Private-Equity-Partner, sollte er zudem dessen industriellen Fokus berücksichtigen. Im besten Fall kann der Partner automatisch die passenden Kompetenzen und das richtige Netzwerk mitbringen; der Unternehmer wird seinerseits schnell auf Verständnis für seine spezifischen Themen und Herausforderungen treffen. Fazit:Grundsätzlich aber sollte mittelständischen Unternehmen klar sein, dass Private-Equity-Investoren Partner auf Zeit sind. Sie müssen das in ihre Beteiligungen investierte Kapital plus Verzinsung in einem gewissen Zeitrahmen wieder zurückerhalten, was wiederum nur über die Veräußerung ihrer Anteile an Dritte oder im Rahmen eines Börsenganges möglich ist. Idealerweise sollte deshalb auch der Ausstieg des Beteiligungsgebers schon bei dessen Einstieg strukturiert werden. Treffen sich die Erwartungshaltungen von Investoren und Unternehmen und werden von ihnen die beschriebenen Kriterien berücksichtigt, kann Private Equity eine nicht nur sinnvolle, sondern auch eine zukunftsträchtige und sichere Option gegenüber alternativen Finanzierungsformen sein.

Autorenprofil

Dr. Jan Kantowsky ist Managing Director und Jens Wiese Director bei AlixPartners. Das global tätige Beratungsunternehmen steht für die ergebnisorientierte Unterstützung von Unternehmen in komplexen Restrukturierungs- und Turnaround-Situationen und die Umsetzung anspruchsvoller Ertragssteigerungsprogramme. www.alixpartners.de

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