„Der Markt für minderheitliches Eigenkapital ist riesig“

Interview mit Matthias Wittenburg, Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der BB Beteiligungsbörse Deutschland

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Möglichmacher für Minderheitsbeteiligungen mittelständischer Unternehmen: die im Januar neu gegründete Beteiligungsbörse Deutschland bietet Unternehmern einen raschen Eigenkapitalzugang. Wir sprachen mit dem Gründer und geschäftsführenden Gesellschafter Matthias Wittenburg über die Ziele der Neugründung.

Unternehmeredition: Sie haben im Januar 2023 die BB Beteiligungsbörse Deutschland gegründet. Was hat Sie dazu bewogen und was sind Ihre Ziele?

Unser Ziel ist es, einen neuen Standard für Unternehmensbeteiligungen zu schaffen. Unsere Vision ist es dabei, Eigenkapital für Unternehmer zuverlässig und mit hoher Abschlusswahrscheinlichkeit verfügbar zu machen. Für Investoren schaffen wir damit einen neuen Zugang zu qualitätsgeprüften Assets. Beratern ermöglichen wir es, Prozesse viel effizienter abzuwickeln.

Was genau bieten Sie wem und was macht die neue Plattform aus Ihrer Sicht einzigartig?

Als erster Anbieter im deutschsprachigen Raum fokussieren wir uns ganz auf die minderheitliche Eigenkapitalvermittlung für Unternehmen. Wir halten wenig von Partiarischen Nachrangdarlehen oder ähnlichen Produkten, hier geht es um bilanzielles Eigenkapital. Dafür bieten wir einen durchgehenden, standardisierten Prozess an. Der Schlüssel ist eine solide Due Diligence, bevor die Beteiligungsmöglichkeit vermarktet wird. So stellen wir sicher, dass Investoren nur geprüfte und transparente Anlagen vermittelt werden.

Inwieweit ist die Plattform hybrid?

Die Beteiligungsbörse Deutschland ist eine Plattform, über die alle Marktteilnehmer – Unternehmen, Investoren und Berater – zusammenarbeiten können. Wir bieten hochinnovative digitale Tools, dies jedoch immer auch gepaart mit individueller M&A-Beratung durch erfahrene Experten. Das nennen wir hybrid.

Welche Vorteile bieten sich insbesondere gegenüber der analogen Abwicklung von Transaktionen über andere Anbieter?

Unser Fokus sind vergleichsweise kleinteilige Transaktionen zwischen 1 Mio. EUR und 10 Mio. EUR. Diese lassen sich mit herkömmlichen Methoden der Due Diligence, Erstellung qualifizierter Unterlagen und einer breiten Investorenansprache nicht effizient bearbeiten, da analoge Methoden hier zu langsam und zu kostenintensiv sind. Zudem haben wir einen riesigen Pool registrierter Investoren, können also schnell und gezielt passende Beteiligungskäufer ansprechen.

Wie schnell geht es, wenn man über die BB Beteiligungsbörse Eigenkapital sucht?

Das hängt sehr von den Rahmenbedingungen, insbesondere auf der Seite des kapitalsuchenden Unternehmens zusammen. Liegen alle Dokumente für die Due Diligence vor? Gibt es die Managementkapazitäten, einen zügigen Prozess zu begleiten? Wird „nur“ Kapital gesucht, oder sollen über die Beteiligung auch strategische Unternehmensziele unterstützt werden? Meist  dauert ein Prozess daher sechs bis neun Monate. Es kann aber auch deutlich schneller gehen.

Welche technischen Innovationen kommen hier zum Einsatz?

Zum ersten Mal sind alle Akteure während der gesamten Transaktion über eine digitale Plattform verknüpft. Von der Registrierung über die Due Diligence bis zum Austausch von Vertragsentwürfen läuft der Prozess hierüber geordnet ab. Durch den Einsatz innovativer Tools von Partnerunternehmen wie der CANEI AG und der internationalen Kanzlei Pinsent Masons erstellen wir künftig hoch automatisierte Dokumente.

Auch Private-Equity-Gesellschaften bedienen sich zunehmend digitaler Tools und Instrumente. Relativiert das Ihre Vorteile nicht?

Überhaupt nicht. Professionelle Investoren schätzen es, gut aufgearbeitete Projekte vorgestellt zu bekommen. Durch unsere tiefgehende Due Diligence reduzieren wir zudem deren Risiko ganz erheblich, eigene Prüfkapazität auf unpassende Assets zu verschwenden.

Welche Use Cases sind denkbar?

Es gibt verschiedene Gründe, warum Unternehmen auf der Suche nach Eigenkapital sein können. Oftmals wird es für das Wachstum benötigt, um den Geschäftsbetrieb auszuweiten oder um ein anderes Unternehmen zu erwerben. Nach den Krisen der vergangenen Jahre kann es aber auch notwendig sein, die Eigenkapitalquote zu stärken, um die Bonität des Unternehmens zu sichern. Selbst ein Unternehmensverkauf, beispielsweise im Rahmen der Nachfolge, kann über den Zwischenschritt einer Beteiligungsveräußerung erfolgen.

Wir vermitteln Eigenkapital in der Regel in Form von Stammkapital für Kapitalgesellschaften. Für Personengesellschaften wird es dabei sinnvoll sein, eine Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft in Erwägung zu ziehen, und wir unterstützen gerne bei diesem Prozess. In einigen speziellen Fällen könnte auch eine Vermittlung von Mezzanine-Kapital, wie zum Beispiel einer stillen Beteiligung, möglich sein.

Welche Kosten entstehen? Wie sind die Konditionen im Vergleich zu anderen Anbietern?

Die Konditionen sind transparent und orientieren sich natürlich am Markt. Rund 80% unserer Gebühren sind erfolgsabhängig. Wir erheben überschaubare Fixgebühren, und der eingeschaltete Berater erhält eine laufende Aufwandsentschädigung. Da die Standardisierung zudem die Vertragsdokumente umfasst, sind wir auch auf diesem Gebiet unschlagbar günstig. Für Investoren ist die Vermittlung komplett kostenfrei.

Glauben Sie, dass der Beteiligungsmarkt Potential für Digitalisierung bietet? Bislang ist der Anteil der reinen Online- bzw. hybriden Anbieter am Gesamtmarktvolumen ja noch gering, auch wenn es vielleicht anders scheinen mag.

Die Digitalisierung hat bereits zu substantiellen Veränderungen in der Finanzbranche geführt, und dies findet auch im M&A-Markt statt. Anbieter wie unsere Schwestergesellschaft Companylinks sind hier Wegbereiter.

Wir glauben, dass der Markt für mittelständische Direktbeteiligungen als Assetklasse vor einer Demokratisierung steht. Dies gilt gleichermaßen für kleinere Unternehmen, die so Zugang zu Eigenkapital finden, als auch für Investoren. Bislang ist es nichtprofessionellen Anlegern weder aus fachlichen noch aus Kostengründen möglich, eine tiefgehende Unternehmensanalyse durchzuführen. Unsere obligatorische Due Diligence bereits vor Vermarktungsbeginn ändert dies nun.

Was macht Sie sicher, dass das Geschäftsmodell trägt?

Eigenkapital ist das Fundament eines jeden Unternehmens. Was aber tun, wenn die Gesellschafter zusätzliches Kapital nicht zur Verfügung stellen können oder wollen? Wachstum wird dadurch behindert, und die Krisen der vergangenen Jahre haben viele Unternehmen geschwächt.

Häufig wird dabei Liquidität mit Kapital verwechselt: Rund 75 Mrd. EUR KfW-Kredite haben die deutsche Wirtschaft während der Coronapandemie am Laufen gehalten, sind aber kaum für Investitionen genutzt worden. Das kommt jetzt als großer Bumerang zurück.

Derzeit gibt es in unserem Zielmarkt alleine rund 150.000 mittelständische Unternehmen in Deutschland, die krisenbedingt mehr Eigenkapital benötigen. Hinzu kommen zahllose Unternehmen, die investieren wollen, zum Beispiel in Wachstum oder Digitalisierung. Im Gegensatz zum Kredit findet man Eigenkapital aber nicht bei einer Bank oder Sparkasse. Das macht uns so sicher, dass unser Geschäftsmodell einen riesigen Markt adressiert.

Die Plattform wirbt mit Tausenden bereits registrierter Kaufgesuche. Woher kommen diese?

Unsere Schwestergesellschaft Companylinks hat über die vergangenen Jahren ein umfassendes Netzwerk zu Investoren aufgebaut. Unsere Mitgesellschafterin Börse Hamburg betreibt die führende Plattform für geschlossene Fonds in Deutschland, auch diese Anleger werden wir zunehmend ansprechen. Hinzu kommen umfassende Recherchemöglichkeiten sowie die Netzwerke unserer Berater.

Ihr Netzwerk verfügt bereits über eine Reihe guter Partner (Companylinks, Canei, Fondsbörse Deutschland, Pinsent Masons etc.). Welche Funktionen erfüllen sie jeweils und soll das Partnernetzwerk weiterwachsen?

Allen Partnern ist gemein, dass sie sich in ihren jeweiligen Bereichen über die vergangenen Jahre intensiv mit der Digitalisierung und Professionalisierung von Prozessen beschäftigt haben. Wir führen diese Kompetenzen nun auf der Beteiligungsbörse zusammen. Selbstverständlich stehen wir weiteren Partnern dabei offen gegenüber!

Was haben Sie noch für Pläne? Wie wollen Sie sich weiter entwickeln?

Zunächst wollen wir ein optimales Angebot in unserem Kerngeschäft, der Vermittlung von Eigenkaptal, schaffen. Anschließend sind zahlreiche Wege zur Erweiterung unseres Geschäftsbereichs denkbar. Diese umfassen gemeinsam mit unserem Miteigentümer Börse Hamburg den Aufbau eines Sekundärhandels für Beteiligungen, um einen liquideren Markt für diese Anlageklasse zu schaffen. Auch eigene Fondsprodukte sind gut denkbar,ebenso wie die Internationalisierung unseres Geschäftsmodells oder der Einstieg in weitere Assetklassen.


ZUR PERSON

Foto: © companylinks GmbH

Neben der Beteiligungsbörse Deutschland ist Matthias Wittenburg auch Gründer und geschäftsführender Gesellschafter von Companylinks, einer führenden Plattform für Unternehmensverkäufe im deutschsprachigen Raum. Zuvor war er 25 Jahre im Bankgeschäft tätig, zuletzt als Vorstand Corporates & Markets einer Landesbank. Er hält einen MBA der Cardiff University und hat das Oxford Advanced Management and Leadership Programme an der Saïd Business School absolviert.

 

mailto:mw@beteiligungsboerse.eu

www.beteiligungsboerse.eu

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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