Wie wird der Insolvenzplan zum Erfolg?

Interview mit Rechtsanwalt Dr. Norman Häring, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht

Foto: © MQ-Illustrations_AdobeStock
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Ein Insolvenzplanverfahren kann sowohl in der Eigenverwaltung als auch in einem Regelinsolvenzverfahren genutzt werden. Es verspricht oft eine kürzere Dauer, bessere Aussichten für Schuldner und Gläubiger und geringere Verfahrenskosten.  

Unternehmeredition: Herr Dr. Häring, in welchen Fällen macht ein Insolvenzplanverfahren Sinn und welche Vorteile sind damit verbunden?

Dr. Norman Häring: In erster Linie eignet sich ein Insolvenzplan für sanierungsfähige Unternehmen; aber auch für Einzelunternehmer ist er eine probate Option. Durch einen Insolvenzplan kann man die Auswirkungen einer Insolvenz abweichend zu den gesetzlichen Regelungen der Insolvenzordnung regeln, insbesondere im Hinblick auf den Erhalt eines Unternehmens. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind hierbei für den Unternehmer vielfältiger als bei einem Regelinsolvenzverfahren. Sie werden im Grunde nur dadurch begrenzt, dass die beteiligten Gläubiger durch einen Insolvenzplan nicht schlechter gestellt werden dürfen als bei einem Regelinsolvenzverfahren. Insgesamt wird auch die Dauer des gesamten Insolvenzverfahrens verkürzt. Bei rechtzeitiger und professioneller Vorbereitung eines Insolvenzplanes kann dieser sogar schon mit der Insolvenzantragstellung eingereicht werden.

Welche Alternativen böten sich denn an?

Es gibt die Möglichkeit eines sogenannten Eigenverwaltungsverfahrens oder eines Schutzschirmverfahrens. Hier bleibt die Geschäftsführung verwaltungs- und verfügungsbefugt – führt also das operative Geschäft weiter. Statt eines Insolvenzverwalters wird ihr ein Sachwalter zur Seite gestellt, der lediglich eine Kontrollfunktion ausführt. Innerhalb der beiden Verfahren können die Unternehmen ebenfalls einen Insolvenzplan erstellen, um sich damit zu sanieren.

Wie wird ein Insolvenzplan zum Erfolg?

Wie so oft, ist auch hier die Vorbereitung das halbe Leben. Es kommt darauf an, die Erstellung des Insolvenzplans möglichst frühzeitig anzugehen. So bleibt genug Zeit für eine gewissenhafte Ausarbeitung, genügend Vorlauf, um sich im Zweifel insolvenzrechtliche Expertise mit ins Boot zu holen und ausreichend Gestaltungsspielraum für die Umsetzung. Eingereicht werden kann der Plan bereits bei der Insolvenzanmeldung. Die Einreichung ist zwar auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich, es ist aber dennoch ratsam, hier möglichst frühzeitig und proaktiv zu agieren. So hat das Gericht genügend Zeit, sich zum Plan zu äußern, und eventuell erforderliche Änderungen können in Ruhe vorgenommen werden. Eine frühe Ausarbeitung erlaubt es zudem, sich bereits im Vorfeld immer wieder mit Gläubigern über die geplanten Maßnahmen zu verständigen und sich so zu einem aussichtsreichen Kompromiss voranzutasten. Außerdem muss ein Geldgeber für die im Insolvenzplan vorgeschriebene Einmalzahlung gefunden werden – auch hierfür ist meist genügend Vorbereitungszeit erforderlich.

Wo liegen die Fallstricke beziehungsweise Stolpersteine?

Das A & O für einen erfolgreichen Insolvenzplan ist die frühzeitige und professionelle Planung und Begleitung durch einen Restrukturierungsexperten. Denn: Die Vorbereitung des Insolvenzantrages sowie die fortlaufende Kommunikation mit den wichtigsten Gläubigergruppen erfordern hohe fachliche und kommunikative Expertise.

Welche formalen Anforderungen sind zu beachten?

Zuallererst kommt es auf die formale Korrektheit des Dokumentes an. Dazu zählt die Aufteilung in einen sogenannten darstellenden und einen sogenannten gestaltenden Teil. In ersterem muss etwa eine Vergleichsrechnung enthalten sein, eine Bewertung der Unternehmenssituation des Schuldners, eine Darstellung der Krisenursachen und angestrebten Sanierungsschritte, eine Gläubiger- und Forderungsliste sowie die Aufteilung der Gläubiger in Gruppen zur späteren Planabstimmung.

Der gestaltende Teil wiederum enthält konkrete Maßnahmen, mit denen Eingriffe in Gläubigerrechte vorgenommen werden. Das kann eine Umwandlung von Forderungen in Unternehmensanteile sein, eine Kapitalherabsetzung oder eine Änderung der Rechtsform. Hier muss sorgfältig geprüft werden, was dem Unternehmen die besten Fortführungsaussichten beschert – zugleich aber realistische Chancen hat, von den Gläubigern akzeptiert zu werden. Wozu ich unbedingt rate: Den Plan als Überzeugungsinstrument zu sehen und nicht als eine Formalität. Wird hier transparent kommuniziert und schlüssig argumentiert; letztlich ein gutes Angebot an die Gläubiger gemacht; kann das die Erfolgsaussichten für das Fortbestehen des Unternehmens erheblich steigern. Mit einem seriös ausgearbeiteten Plan zeigt der Schuldner seine Kompetenz und seinen Gestaltungswillen – und schafft Vertrauen. Nicht zu unterschätzen ist dabei auch die genannte Vergleichsrechnung von Plan- und Regelverfahren: Wenn den Gläubigern unmissverständlich klargemacht werden kann, dass eine Fortführung des Schuldnerunternehmens auch für sie die beste Option bietet, wird das die Zustimmungsbereitschaft deutlich erhöhen.

Gibt es bezüglich der Planabstimmung Gestaltungsoptionen?

Das Wichtigste beim Erörterungs- und Abstimmungstermin ist die bis dato geleistete Vorarbeit: Hat der Plan die Vorprüfung durch das Gericht ohne Beanstandung überstanden? Ist das Unternehmen im Vorfeld mit seinen Gläubigern immer wieder in eine enge Abstimmung bezüglich der geplanten Maßnahmen gegangen? Wenn ja, dann stehen die Chancen für eine Planannahme gut. Und selbst wenn einzelne Gläubiger nicht überzeugt werden konnten: Solange in den Gruppen die Mehrheit der Beteiligten zustimmt und deren Forderungen über die Hälfte der jeweils gesamten Forderungen ausmachen, gilt der Plan als angenommen. Sogar wenn einzelne Gruppen den Plan nicht annehmen, hat das Gericht durch das sogenannte Obstruktionsverbot die Möglichkeit, ihn dennoch zu bestätigen. Dazu muss die Mehrheit aller Gruppen zugestimmt haben und die Ablehnenden dürfen beispielsweise keinen wirtschaftlichen Nachteil durch die Planumsetzung erleiden.

FAZIT

Der Insolvenzplan ist oft ein wirkungsvolles Werkzeug für die Sanierung eines Unternehmens. Er bietet mehr Optionen für dessen Erhalt als eine Regelinsolvenz. Dazu muss der Plan aber gut vorbereitet sein und früh angegangen werden – insolvenzrechtliche Expertise und Restrukturierungswissen sind unerlässlich. Neben der formalen Korrektheit muss im Insolvenzplan auch transparent und schlüssig argumentiert werden. Letztlich soll den Gläubigern damit ein gutes Angebot vorgelegt werden, das sie bereit sind anzunehmen.


ZUR PERSON

Dr. Norman Häring ist Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter bei der Kanzlei Tiefenbacher Insolvenzverwaltung | Restrukturierung. Er ist daneben unter anderem Mitglied im Deutschen Anwaltverein – Arbeitsgemeinschaft Insolvenzrecht und Sanierung sowie der Neuen Insolvenzverwaltervereinigung Deutschland. Dr. Norman Häring hat beispielsweise bei Deutscher Anwaltspiegel und juris veröffentlicht. Zudem ist er Lehrbeauftragter für den Fachbereich Insolvenzrecht/Sanierung/Turnaround Management an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Karlsruhe, im Studiengang Unternehmertum.

www.tiefenbacher-insolvenzverwaltung.de

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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