Viele neue Zutaten

Der Finanzierungsmarkt verändert sich rasant. Neue Akteure und digitale Angebote bieten Kapital fernab des klassischen Kreditgeschäfts. Wie sich die Finanzchefs auf das Innovationstempo einstellen

Private Debt-Fonds stellen im Unterschied zu Private Equity-Häusern  Fremdkapital zur Verfügung. Dafür erhalten sie regelmäßige Zahlungen in Form von Zins und Tilgung, jedoch keinerlei Rechte, sich ins operative Geschäft einzumischen. Kapitalgeber sind in der Regel institutionelle Investoren wie Versicherungen, Pensionskassen oder finanzkräftige Family Offices auf der Suche nach guten Anlagezielen. „Da der Markt für Private Debt sehr undurchsichtig ist, lassen sich nur schwer konkrete Zahlen zu seiner Größe nennen“, erklärt Tobias Berg, Associate Professor für Finanzwirtschaft an der Frankfurt School of Finance & Management. Der Ratingagentur Creditreform zufolge sollen in Europa seit 2006 Fonds im Umfang von 56,2 Mrd. Euro platziert worden sein. Laut der Deutschen Beteiligungs AG sind hierzulande derzeit zwischen 40 und 50 Private-Debt-Anbieter unterwegs. Deutlichen Auftrieb hat den Fonds zuletzt die Finanzaufsicht BaFin beschert, die ihnen die Kreditvergabe seit 2015 eindeutig erlaubt und sie damit aus einer rechtlichen Grauzone herausgeholt hat.

© KfW Mittelstandspanel 2017
© KfW Mittelstandspanel 2017

Für Mittelständler, die wachsen wollen, sind die Vehikel willkommene neue Finanzierungspartner. „Private-Debt-Fonds sind oft eher bereit, höhere Risiken zu übernehmen, als Banken“, vergleicht Berg. Allerdings zählen zu den Investoren häufig Unternehmen der Assekuranz, denen das Versicherungsrecht vorgibt, in welche Kredite sie investieren dürfen. Manche Fonds stellen Fremdkapital daher nur bereit, wenn kapitalsuchende Firmen ein Investmentgrade-Rating vorweisen können. Beispiele für gelungene Private-Debt-Finanzierungen in Deutschland sind etwa die des Herstellers von Industriespezialglas Duran aus dem baden-württembergischen Wertheim oder des Händlers für Motorradzubehör Polo Motorrad mit Sitz in Jüchen, Nordrhein-Westfalen.

 Kreditnebenklauseln können tückisch sein

„Private-Debt-Fonds sind in der Regel allerdings nur an Unternehmen interessiert, deren Kreditbedarf sich auf 10 Mio. bis 100 Mio. Euro beläuft“, betont Finanzprofessor Berg. Auch die Kosten für solche Finanzierungen, die zwischen zwei und fünf Jahren, im Infrastrukturmarkt zuweilen auch schon mal zehn Jahre laufen, sind mit bis zu zehn Prozent nicht gerade niedrig. Dafür läuft der Kreditvergabeprozess oft deutlich schneller und unbürokratischer als bei Banken.

Dennoch sollten sich Firmenchefs und Finanzverantwortliche sehr gut überlegen, ob sie sich einen Private-Debt-Fonds als Finanzierungspartner ins Haus holen wollen. „Zwar sind die Kreditbedingungen selbst meist lockerer als bei einer Aufnahme von Fremdkapital bei einer Bank“, erklärt Berg. Dafür werden aber strengere Covenants, Kreditnebenklauseln also, vereinbart. „Die Frage ist dann, was geschieht, wenn solche Covenants gebrochen werden“, sagt Berg. Erfüllt ein Unternehmen bestimmte Kreditnebenabreden nicht mehr, reagieren klassische Hausbanken darauf in der Regel nicht so hart wie die Fonds. Immerhin würden sie mit einem sehr rigiden Vorgehen riskieren, bei nächster Gelegenheit das Gesamtgeschäft mit dem Unternehmenskunden zu verlieren. „Debt-Fonds zeigen sich eher kompromisslos, wenn es schlecht läuft“, erklärt Berg. Ist in den Kreditvertrag eine Wandlungsoption eingebaut, drohe schlimmstenfalls eine Art „feindliche Übernahme“.

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