Viele neue Zutaten

Der Finanzierungsmarkt verändert sich rasant. Neue Akteure und digitale Angebote bieten Kapital fernab des klassischen Kreditgeschäfts. Wie sich die Finanzchefs auf das Innovationstempo einstellen

„Wenn man von Crowdfunding spricht, muss man sich aber klar machen, dass dies eine Art Sammelbegriff für ganz unterschiedliche Geschäftsmodelle ist“, erklärt Professor Schiereck. Während bei der Finanzierung kultureller oder karitativer Projekte über Online-Plattformen meist Spenden eingesammelt oder die Anleger über Belohnungen wie Kinokarten oder CDs kompensiert werden, spielt für mittelständische Unternehmer das sogenannte Crowdlending eine Rolle. Dabei handelt es sich – wie der Name vermuten lässt – um eine Kreditvergabe gegen Zinsen.

Institutionelle Investoren an Bord

„Doch auch zwischen einzelnen Lending-Plattformen bestehen erhebliche Unterschiede“, erklärt Schiereck. So finden sich auf einigen Portalen Privatanleger und Unternehmer zusammen, die gemeinsam Summen im eher vierstelligen Bereich bereitstellen. Bekannte Beispiele dafür sind Auxmoney und Smava, beide bereits seit 2007 in Deutschland am Markt. „Bei anderen Fintechs hingegen hinterlegen mittlerweile auch institutionelle Investoren wie Versicherungen oder Pensionskassen Kapital“, erklärt Schiereck. Dies ist zum Beispiel bei der Creditshelf der Fall. Die Plattform ist 2015 an den Start gegangen, um zunächst einmal unbesicherte Betriebsmittelkredite mit einer Laufzeit von zwölf Monaten zu vermitteln. „Wir haben gerade hier Bedarf gesehen, da sich Banken aufgrund von Basel III aus unbesicherten Finanzierungen zurückziehen“, sagt Tim Thabe, Mitgründer und Geschäftsführer von Creditshelf. Inzwischen können Mittelständler über die Plattform außer Betriebsmittelkrediten auch Fremdkapital für andere Finanzierungsanlässe und mit Laufzeiten von bis zu fünf Jahren bekommen.

Neben Crowdsourcing und Crowdlending gibt es eine Reihe weiterer Spielarten, ohne institutionellen Mittler Geld einzusammeln. So können etwa Genussrechte oder partiarische Nachrangdarlehen vergeben werden, die zu den sogenannten Mezzanine-Mitteln gehören. Werden diese Instrumente geschickt ausgestaltet, so zählen sie in der Bilanz zum wirtschaftlichen Eigenkapital, die Finanzierungskosten können gleichzeitig steuerlich angerechnet werden.


Was sind Fintechs?

Fintechs bezeichnet eine noch junge Branche, die mithilfe digitaler Technologien Finanzdienstleistungen vereinfachen will. Ein großer Vorteil besteht darin, Dienstleistungen zu jeder Uhrzeit und an jedem Ort abwickeln zu können. Fintechs aus dem Bereich Payment ermöglichen ein einfaches Bezahlen im Internet. Robo-Advisors stellen anhand von Fragen zum Anlageverhalten eines Kunden das passende Portfolio zusammen, Online-Broker übernehmen den Handel mit Wertpapieren. Insurtechs verkaufen Versicherungsverträge. Neue Banking-Apps erlauben Bankgeschäfte per Handy. In der Sparte Capital Markets finden sich Finanzierungsplattformen, auf denen Privatpersonen und Unternehmen online Kredite oder Eigenkapital bekommen. Der Fintech-Markt wächst stark. Ein Grund ist neben den Effizienzvorteilen, dass die Branche nicht so stark reguliert ist wie der Bankensektor.


Natürlich bekommen Unternehmer auch bei Banken oder den mittelständischen Beteiligungsgesellschaften Mezzanine-Kapital. In diesen Fällen liegen die Zinsen aber schnell bei sechs bis zwölf Prozent. Bei einer Finanzierung im Schwarm hingegen fallen zwischen 4,5 und sieben Prozent an. Da Mezzanine-Mittel zudem die Eigenkapitalquote und damit das Rating eines Unternehmens verbessern können, werden zudem leichter zusätzliche Bankkredite möglich – ein Vorteil, wenn das gesamte Finanzierungsvolumen hoch ist.

„Kreditinstitute haben in der Regel auch nichts dagegen, wenn Firmenkunden Crowdsourcing nutzen“, sagt Michael Gebert vom Deutschen Crowdsourcing-Verband e.V. Da sie selbst durch die strengen Kreditvergaberichtlinien, die Basel III vorsieht, bei der Bereitstellung von Fremdkapital eingeschränkt sind, machen sie zuweilen selbst auf diese Möglichkeit aufmerksam. Die Commerzbank hat Mitte 2016 mit Main Funders als erste deutsche Großbank eine eigene Crowdlending-Plattform gestartet.

Privates Kapital im Kommen

Beläuft sich ein Investitionsbedarf auf Summen ab einer zweistelligen Millionenhöhe, feiert nach Angaben der Bundesbank derzeit ein althergebrachtes Finanzierungsinstrument sein Comeback: das Schuldscheindarlehen. Dabei werden hohe Fremdkapitalbeträge ähnlich wie bei einer Anleihe eingesammelt, allerdings nicht über den öffentlichen Kapitalmarkt, sondern im privaten Rahmen. Wem diese Form des Private Debt zu teuer ist, hat seit einiger Zeit auch die Möglichkeit, spezialisierte Investmentfonds an Bord zu holen.

1
2
3
4
5
6
Vorheriger ArtikelVermögensreporting – wertvolles Instrument für Unternehmensverkäufer
Nächster ArtikelVom CFO zum CEO?