„2021 war ein sehr aktives Jahr für M&A-Transaktionen“

Interview mit Dr. Sven Oleownik und Dr. Christian Näther, Emeram Capital Partners

2021 inklusive dem ersten Quartal 2022 ist für Emeram ein sehr aktives Jahr für M&A-Transaktionen gewesen.
Foto: © Choat_AdobeStock

Nach sieben Jahren als Head of Germany beim belgischen Finanzinvestor Gimv wechselte Private-Equity-Manager Sven Oleownik als Partner zum Private-Equity-Haus Emeram. Anlass genug, uns mit ihm und mit Emeram-Mitgründer Christian Näther über aktuelle Herausforderungen und Entwicklungen bei dem mittelständischen Beteiligungsunternehmen zu unterhalten.

Unternehmeredition: Herr Oleownik, nach sieben Jahren als Head of Germany beim belgischen Finanzinvestor Gimv wechselten Sie Anfang dieses Jahres zum Private-Equity-Haus Emeram. Was waren Ihre Beweggründe?

Sven Oleownik: Ich blicke dankbar auf eine erfolgreiche und auch schöne Zeit bei Gimv zurück. In diesen sieben Jahren wurde mir viel Vertrauen geschenkt, so dass ich dort als Head of Germany das deutsche Büro nach innen wie nach außen aufgebaut, das Team rekrutiert, den kompletten Markt erschlossen und dafür Gimv als Growth Buy-Out Investor neu positioniert habe. Mit diesem neuen Team haben wir zahlreiche interessante neue Investments sowie erfolgreiche Exits realisiert. Natürlich hätte ich das auch gerne weiter machen können. Aber die Gelegenheit, bei Emeram einsteigen zu können, war für mich aus verschiedenen Gründen ein persönlicher unternehmerischer Meilenstein.

Ich kenne die Gründer von Emeram sehr gut. So haben Gimv und Emeram im letzten Jahr mit dem Erwerb der digitalen Lernplattform Sofatutor auch einen gemeinsamen Deal abgeschlossen. Wir führen seit vielen Jahren eine sehr vertrauensvolle Beziehung, privat wie auch arbeitsseitig.

Zwei Punkte sind mir bei diesem Wechsel besonders wichtig: Zum einen ist bei Emeram als lokalem Player die Nähe zu den deutschen Portfoliounternehmen viel größer. Es liegt natürlich ein Vorteil darin, mit den Unternehmern in ihrer eigenen Kultur und Sprache reden zu können. Gimv ist außerdem eine börsengelistete Gesellschaft, Emeram ist hingegen eine unternehmerische Partnerschaft ohne weitere Gesellschafter. Somit ist der Ansatz hier viel unternehmerischer, was mir mehr liegt und besser zu meinen Erfahrungen und Zielen passt.

Welchen Herausforderungen möchten Sie sich nun bei Emeram stellen?

Oleownik: Meine Erfahrungen im Deal Doing und im Aufbau externer Netzwerke möchte ich hier gerne einbringen, um den nächsten Wachstumsschub für Emeram zu begleiten. Ich werde bei einem Teil des bestehenden Portfolios die Wertsteigerung begleiten, aber auch neue Transaktionen finden und begleiten und dazu beitragen, die Unternehmen weiterzuentwickeln.

Sie haben es schon erwähnt: Beide Private-Equity-Häuser haben in der Vergangenheit bei einem Deal zusammengearbeitet: Im März 2021 hat ein Investorenkonsortium um Emeram und Gimv die digitale Lernplattform Sofatutor übernommen. Was war für Sie das Besondere an dieser Transaktion?

Oleownik: Das war eine verhältnismäßig große Transaktion. Für Gimv war klar, dass man diesen Deal nicht allein realisieren will, sondern sich gern mit einem Partner wie Emeram zusammenschließt, der einen direkten Zugang und Know-how im Kernmarkt von Sofatutor hat. Emeram war damals bereits im Lead und die beschriebene vertrauensvolle, langjährige Beziehung zwischen uns war ein entscheidender Erfolgsfaktor um in einem sehr kompetitiven Prozess schnell und pragmatisch handlungsfähig zu werden und so gemeinsam das Rennen zu gewinnen.

Wird sich eine solche Kooperation in Zukunft wiederholen?

Oleownik: So eine Zusammenarbeit macht immer dann Sinn, wenn die Partner ihre Kompetenzen sinnvoll erweitern oder ergänzen und gemeinsam einen wichtigen Beitrag leisten können, um das Unternehmen weiterzuentwickeln. Wir stellen dem Unternehmen ja nicht einfach nur Kapital zur Seite. Emeram als Business Development Partner hilft dabei, Unternehmen auf das nächste Level zu heben.

Gibt es einen Trend zu mehr Partnerschaften unter Private-Equity-Gesellschaften?

Dr. Christian Näther:  Bei großen Transaktionen reichen die Volumina einzelner Private Equity-Häuser oft nicht aus. Ganz große Buy-out-Häuser haben das schon öfter gemacht. In Zukunft liegt ein gewisser Charme darin, wenn ein Local Player mit einem Global Player zusammenarbeitet. Auf diese Weise verbindet sich Nähe mit der globalen Sektorperspektive in dem jeweiligen Industriesegment. Daraus ergibt sich eine Win-win-Situation.

Emeram hat 2021 eine Reihe neuer Deals getätigt. Was waren das für Transaktionen und wie entwickelt sich derzeit Ihr Geschäft?

Näther: 2021 inklusive dem ersten Quartal 2022 ist für unsere Partnerschaft mit 20 Mitarbeitern ein sehr aktives Jahr gewesen, gerade auch im Vergleich zu den Vorjahren. Natürlich hat Covid dabei eine besondere Rolle gespielt. Wir haben die Plattformtransaktion mit Sofatutor sowie neun Add-ons für bestehende Portfoliounternehmen, davon fünf für Officium und jeweils eine für diva-e, Boards & More, Matrix42 und für Frostkrone, abgeschlossen. Außerdem konnten wir vier Unternehmen verkaufen, namentlich Boards & More, welches wir gleichzeitig in ein Continuation Vehicle überführen konnten, Matrix42 und Meona, und darüber hinaus einen Teilverkauf der Anteile bei der init AG umsetzen. Insofern war das hinsichtlich der M&A-Aktivität mit 13 umgesetzten Transaktionen für uns ein sehr geschäftiges Jahr. In Summe kommen wir für unseren Fund 1 auf insgesamt zehn Plattforminvestitionen und 28 Anschlussinvestitionen.

Waren die Rahmenbedingungen für diese Entwicklung förderlich?

Näther: Ich glaube, der Erfolg ist auf unsere ganz spezielle Portfoliokonstellation zurückzuführen. Die vier verkauften Portfoliounternehmen haben sich sehr gut und genau nach Plan entwickelt, sodass der richtige Zeitpunkt für eine Veräußerung gekommen war. Wir haben darüber hinaus sehr viel Wert auf die Fortentwicklung der anderen Portfoliounternehmen gelegt. Mit Sofatutor haben wir die Mehrheit an einem stark wachsenden Unternehmen mit einer führenden Position im deutschen Education-Markt erworben.

Mit unserem Fokus auf den drei Sektoren Technology/Software, Value-added Services und New Consumer Staples konzentrieren wir uns offensichtlich auf die richtigen Segmente. Ganz besonders die beiden Themen Technologie/Software und Value-added Services haben über die letzten vier bis fünf Jahre an Attraktivität für Investoren gewonnen. Insofern hat sich bei unseren Verkäufen sicherlich positiv ausgewirkt, dass diese alle in Segmenten stattfanden, die im Augenblick sehr hohes Interesse erfahren.

Wie sind hier Ihre weiteren Wachstumserwartungen?

Näther: Wir haben diese drei Sektoren ausgewählt, weil wir dort spezielle Wachstumstrends sehen, die über das normale Wirtschaftswachstum hinausgehen können. Im Bereich Technologie/Software sind vermutlich 80% der Unternehmen per se wachsend. Im Bereich Consumer sind es sicherlich eher Themen, die sich auch im digitalen Umfeld bewegen, also Techenabled Consumer, während in den anderen Consumer-Bereichen der Wachstumsanteil sicher etwas geringer ausfällt. Im Bereich Value-added Services unterliegen besonders die Themen im B2B-Servicebereich einer starken Wachstumsdynamik.

Wir sind überzeugt, dass diese Wachstumstrends anhalten werden. Was die Verfügbarkeit von Transaktionen angeht, haben wir derzeit eine sehr volle Pipeline an attraktiven, möglichen Investments. Und ich bin mir sicher, dass sich diese auch über das Jahr noch weiter füllen wird. Deshalb fällt unser Ausblick auf das Jahr 2022 sehr positiv aus.

Welche Auswirkungen hat die aktuelle Kriegs- und Krisensituation auf die Marktentwicklung?

Näther: Diese Krisen haben natürlich insgesamt große Auswirkungen auf die Wirtschaft. Die Auswirkungen sehen wir vor allem bei Unternehmen, die sehr stark von einer Supply Chain und Zuliefererthemen abhängen, aber weniger in Bereichen, die da keinen oder nur einen marginalen Einfluss spüren. Natürlich ist der Bereich Software und Services weitgehend frei von dieser Thematik. Das Thema Covid spielt hier auch eine Rolle, aber es handelt sich um Industrien, die auch sehr gut im Hybridoffice funktionieren. Von daher war der Einfluss in diesen beiden Sektoren eher marginal und teilweise sogar positiv. Nehmen wir Init: Als Marktführer im Bereich Digitalisierungsprojekte im öffentlichen Bereich profitiert das Unternehmen von der dortigen Sonderkonjunktur. Betrachten wir den Bereich Consumer: Bei Boards & More stieg die Nachfrage im letzten Jahr, weil die Leute weniger gereist sind und stärker in Sport investiert haben. Im Food/Lebensmittelbereich gab es natürlich Auswirkungen. Da haben sich die Einflüsse mehr oder weniger aufgewogen. Unser Portfoliounternehmen Frostkrone beliefert ja auch Systemgastronomie. Was wir dort verloren haben, haben wir im Lebensmitteleinzelhandel hinzugewonnen.

Wie unterstützen Sie als Investitionsgesellschaft das Wachstum Ihrer Portfoliounternehmen?

Oleownik: Wir haben sechs Säulen definiert, von denen wir meinen, dass sie für die weitere Wertentwicklung einer Portfoliogesellschaft kritisch sind:

  • Wachstumsstrategie: Strategiedefinition und Umsetzung sowie Umsatzwachstumssteigerung bei laufender Verbesserung der Wettbewerbsposition
  • Organisationsstruktur: Aufbau-, Ablauforganisation, Produktion, Logistik etc.: wie nehmen das geplante Wachstum organisatorisch vorweg
  • Schaffung von Transparenz und CFO-Office: die richtigen KPIs, Steuerungs- und Reportingparameter
  • Führungsorganisation und Human Resources im „War for Talent“
  • ESG als ein zentraler Faktor der Wertsteigerung
  • Digitalisierung aller Prozesse nach innen und außen

Für diese sechs Säulen haben wir Playbooks entwickelt. Diese enthalten quasi ein großes Menü an erprobten Vorgehensweisen, aus denen wir individuell auswählen, um unsere Portfoliounternehmen zu unterstützen. Das jeweilige Management ist dabei gefordert. Es definiert gemeinsam mit uns weiße Flecken und wählt quasi aus einer Menükarte aus. Wir möchten uns konstruktiv mit dem Management der Herausforderung stellen, wo wir die Hebel noch schneller und besser in Bewegung setzen können. Dafür haben wir einige erfolgreiche Beispiele.

Wo lagen für Sie zuletzt inhaltliche Schwerpunkte im Wachstumsmanagement Ihrer Portfoliounternehmen?

Näther: Ein Schwerpunkt liegt im Bereich Human Resources. Unsere Portfoliounternehmen haben eine jährliche Wachstumsrate bei Mitarbeitern von durchschnittlich 41% − und gleichzeitig hatte nur eines unserer Unternehmen eine voll verantwortliche HR-Funktion. Dann liegt es auf der Hand, wie notwendig es in den anderen Fällen war, dedizierte HR-Positionen zu schaffen. Init und Diva-e müssen beispielsweise pro Jahr mehrere Hundert Mitarbeiter rekrutieren. In diesen Sektoren ist der Wettbewerb um Talente größer. Dabei ist es wichtig, die vorhandene Unternehmenskultur weiter zu entwickeln.

Ein anderer wichtiger Bereich ist die Digitalisierung: Nehmen wir das Beispiel Boards & More, Weltmarktführer in Action Water Sport. Wir haben den Kontakt zum Endkunden deutlich erhöht. Dazu haben wir zum einen Onlineshops und zum anderen eine Schulungsapp für Kite Surfing eingeführt. Durch digitalisierte Prozesse ist es uns also gelungen, die Community der Kunden und Markenanhänger zu stärken.

Ein weiterer erfolgskritischer Bereich ist die Organisation: Unsere Plattforminvestments haben 28 Anschlussakquisitionen getätigt. Eine erfolgreiche Integration (Post Merger Integration) ist entscheidend, um die Früchte der Akquisition ernten zu können. Bei Frostkrone starteten wir mit Frozen Fingerfood, heute hingegen ist das Unternehmen global und in vier Kategorien unterwegs. Das Wachstum erfolgte hier nicht nur organisch, sondern auch durch fünf Zukäufe, davon zwei in England, zwei in Frankreich und einer in den USA. Die Frostkrone hat ihr Headquarter in Rietberg in Deutschland. Die anderen fünf Unternehmen mussten integriert werden, und das nicht nur gesellschaftsrechtlich. Es ging um eine gemeinsame Corporate Identity, ein gemeinsames Sortiment, standardisiertes Reporting, eine gemeinsame Qualitätskontrolle und einen gemeinsamen Einkauf.

Welche Rolle spielt ESG? Und wie groß ist hier bereits das Bewusstsein im Mittelstand?

Oleownik: ESG spielt eine sehr wichtige Rolle, nicht nur in moralisch-ethischer Hinsicht, sondern auch als wertsteigernder Faktor. Wir besprechen ESG-KPIs, halten diese nach und haben einen eigenen ESG-Report für die drei Kategorien Environmental, Social, Governance. Was wir häufig feststellen: Viele Unternehmen haben ein gewisses Bewusstsein, aber wenn sie das strukturiert umsetzen und tatsächlich messbar machen möchten, sind sie für Unterstützung offen. Viele sind überrascht, wie schnell es gehen kann, Fortschritte zu operationalisieren und auf die Zeitschiene zu legen. Wir legen klare KPIs auf, die wir diskutieren und in Programme gießen. Wir helfen sowohl bei der Bewusstseinsbildung als auch bei der Strukturierung und bei der Operationalisierung. Hierfür haben wir dann auch ein eigenes ESG-Reporting aufgelegt.

Näther: Es gibt Studien, die belegen, dass Firmen die eine sehr starke ESG-Policy haben, innerhalb der gleichen Industrien besser laufen als Firmen, die eine solche Policy nicht haben.

Man muss zwischen den drei Kategorien unterscheiden. In unserem Portfolio gibt es in der Regel wenig Governance-Themen, da wir einerseits überwiegend im Dienstleistungs- und Digitalbereich tätig sind. Andererseits gibt es in Europa zahlreiche gesetzliche Vorgaben, durch deren Einhaltung man die wesentlichen Kriterien bereits erfüllt.

Wenn es um Environmental-Themen geht, dann reduzieren sich beispielsweise beim Thema CO2-Ausstoß die Stellhebel in den Sektoren Tech, Software und VAS auf Themen wie weniger Fliegen und mehr Bahnfahren sowie mehr Homeoffice. Die in anderen Industrien existierenden Hebel in der Beschaffung oder Produktion existieren hier naturgemäß nicht.

Beim Thema Social besteht für unsere Portfoliounternehmen eine der größten Herausforderungen darin, unseren Anteil an Frauen in Führungspositionen zu erhöhen. Für gut ausgebildete Frauen stehen unsere mittelständischen Portfoliounternehmen meist im Wettbewerb zu Groß-Unternehmen mit Topangeboten.

Oleownik: Es gibt natürlich auch Interdependenzen. Wenn Sie sich dem Thema Homeoffice öffnen, haben Sie auch eine höhere Chance, einen diverseren Mitarbeiterstamm zu bekommen. Zugleich  können Sie sehr qualifizierte Mitarbeiter auch für Standorte gewinnen, die an sich nicht so attraktiv sind.

Wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!

redaktion@unternehmeredition.de


ZU DEN PERSONEN

Sven Oloeownik; Foto: © Emeram Capital Partners

Dr. Sven Oleownik war die letzten sieben Jahre Partner und Head of Germany bei der Beteiligungsgesellschaft Gimv und baute in München das heutige Team auf. Zuvor hat er als Managing Partner bei Deloitte im Bereich Corporate Finance Advisory Beteiligungsgesellschaften und Unternehmen beraten. Oleownik hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München studiert und in Wirtschaftswissenschaften promoviert.

 

 

Christian Näther; Foto: © Emeram Capital Partners

Dr. Christian Näther ist Gründungspartner von Emeram Capital Partners und besitzt umfangreiche Erfahrung sowohl in der Management-Beratung als auch im Beteiligungsgeschäft. Nach acht Jahren bei McKinsey & Company wechselte er zu Apax Partners, dem damals größten europäischen Private Equity Fund. Christian Näther ist Diplomkaufmann und hat an der Ludwig-Maximilians-Universität in München promoviert.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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