DBAG: “Wir betreiben Demokratisierung des Private Equity-Markts“

Die Deutsche Beteiligungs AG (DBAG) investiert in gut positionierte mittelständische Unternehmen mit Entwicklungspotenzial. Als börsennotiertes Unternehmen bietet sie auch Kleinanlegern den Einstieg in den Private Equity-Markt. Die Unternehmeredition sprach mit Torsten Grede, Sprecher des Vorstands der DBAG, über aktuelle Herausforderungen. INTERVIEW ALEXANDER GÖRBING

Unternehmeredition: Wie meistern Sie und Ihr Team die Einschränkungen durch die Coronapandemie?
Torsten Grede: Die Situation war im Frühjahr anspruchsvoll und das ist sie auch weiterhin. In der ersten Hochphase der Pandemie haben wir die meisten Verhandlungen in Onlinemeetings oder per Telefon geführt. Viele interne Prozesse waren längst digitalisiert, sodass wir problemlos – auch im Sinne der Sicherheit unserer Mitarbeiter – und rasch auf Homeoffice umstellen konnten. Es gibt bei uns jetzt viele zusätzliche „Lessons Learned“, die wir für unsere Arbeit adaptieren werden. Insgesamt fühlen wir uns gut aufgestellt.

Im Sommer haben Sie binnen kürzester Zeit fünf Transaktionen unter Dach und Fach gebracht und zudem an Veräußerungen gearbeitet – wie ist Ihnen das gelungen?
Auch wenn direkte Begegnungen und Geschäftsreisen ein wenig eingeschränkt waren, so blieben unsere Deal Sourcing-Aktivitäten doch auf hohem Niveau. Das war im Frühjahr die Basis für die späteren erfolgreichen Abschlüsse durch unsere Investmentteams. Noch nie in der bisherigen Geschichte des Unternehmens wurden so viele Beteiligungen in einer kurzen Frist – und dies trotz der coronabedingten Einschränkungen – strukturiert. Mit den vier MBOs und einer langfristigen Beteiligung sind Eigenkapitalinvestitionen von 220 Mio. EUR verbunden; davon kommen rund 56 Mio. EUR von der DBAG. Wir profitieren dabei von unserem ausgedehnten Netzwerk und unserem guten Renommee bei Gesellschaftern von Familienunternehmen und Unternehmensgründern. Besonders erfreulich war für uns, dass wir mit der PM Plastic Materials erstmalig eine Beteiligung in Norditalien vornehmen konnten.

Wie schätzen Sie aktuell die Lage im deutschen M&A-Sektor ein?
In den Monaten März bis Mai gab es wegen der coronabedingten Beschränkungen in Deutschland einen kurzen Einbruch bei den Investmentmöglichkeiten. Im Sommer ging es aber wieder steil bergauf mit Angeboten für Unternehmensbeteiligungen – der Markt hat sich ganz offensichtlich erholt. Diesen Effekt spüren wir auch bei der DBAG, denn es gibt seit dem Sommer eine Vielzahl von interessanten Offerten. Gerade der Technologie-, Medien- und Telekom-(TMT-)Sektor ist bei vielen Investoren weiterhin sehr gefragt.

Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in der Zukunft beim Markt für Unternehmensbeteiligungen? Wird Private Equity auch in der Zukunft gut performen?
Gerade wurden zwei aktuelle Studien veröffentlicht, die eine überdurchschnittliche Performance von Unternehmensbeteiligungen belegen. Invest Europe hat ermittelt, dass seit Ende 2009 europäische Leverage Buy-out-Fonds im Schnitt eine jährliche Nettorendite von 15% erzielen. Damit schlagen diese Investments den MSCI Europe Index deutlich, denn dieser liegt bei knapp 6%. Die Zahlen decken sich auch mit der Untersuchung des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK). Laut der BVK-Studie plant zudem ein großer Teil der deutschen Investoren, das Engagement in Unternehmensbeteiligungen zukünftig weiter auszubauen. Dies unterstreicht die Attraktivität dieser Anlageklasse.

Wie beurteilen Sie die Performance der DBAG bei Ihren Beteiligungen?
Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Im Zeitraum von 2014 bis Ende 2019 ist der Nettovermögenswert des Portfolios der DBAG jährlich um rund 13% gestiegen, wenn man die ausgeschütteten Dividenden berücksichtigt. Nach dem pandemiebedingten Rücksetzer dieses Jahr haben wir uns vorgenommen, den Nettovermögenswert in den kommenden drei Geschäftsjahren jeweils um weitere 14% bis 18% zu steigern, also auf einen Wert zwischen 590 Mio. und 660 Mio. EUR.

Chart DBAG

Nach allgemeiner Einschätzung sind Private Equity-Investitionen nur etwas für den großen Geldbeutel – oder stimmt das nicht?
Börsennotierte Private Equity-Gesellschaften (Liquid Private Equity; LPE) wie die DBAG ermöglichen den Einstieg in den Markt für Unternehmensbeteiligungen auch für den kleineren Geldbeutel. Üblicherweise erwarten geschlossene Fonds ein Mindestanlagevolumen in siebenstelliger Höhe und eine langfristige Kapitalbindung. Das ist bei LPE-Unternehmen anders, denn hier kann der Anleger Aktien erwerben und zu einem beliebigen Zeitpunkt auch wiederverkaufen. Auf diese Weise bekommt auch ein Kleinanleger einen Zugang zum attraktiven Markt der Unternehmensbeteiligungen – ohne sich langfristig binden zu müssen. Sprichwörtlich könnte man LPE als die „Demokratisierung des Private Equity-Markts“ bezeichnen. Der Erfolg dieses Anlagemodells zeigt sich unter anderem daran, dass sich das Marktvolumen der LPE-Gesellschaften im vergangenen Jahrzehnt in Europa auf mehr als 140 Mrd. EUR verdreifacht hat.

Was raten Sie einem Anleger, damit er in diesem Markt den Überblick behalten kann?
Wie bei jedem Investment ist es wichtig, sich im Vorfeld intensiv zu informieren. Börsennotierte Private Equity-Gesellschaften – davon gibt es weltweit mehr als 250 – haben zum größten Teil eine spezielle Ausrichtung auf ein Marktsegment oder bestimmte Unternehmensstrukturen. Bei der DBAG liegt der Fokus auf mittelständischen Unternehmen und Familienbetrieben aus der DACH-Region und Norditalien. Wir haben als Pionier im deutschen Beteiligungsmarkt in den vergangenen 20 Jahren inzwischen 65 Management-Buy-outs und langfristige Beteiligungen strukturiert. Für Gesellschafter von Familienunternehmen und Unternehmensgründer sind wir aufgrund unserer Erfahrung der Ansprechpartner der Wahl.

Welche Branchen und Sektoren werden sich aus Ihrer Sicht positiv weiterentwickeln und wie reagiert die DBAG darauf?
In der durch die Coronapandemie aktuell unsicheren Situation ist eine zuverlässige Prognose nur schwer möglich. Wir haben aber nach der ersten Welle erkannt, dass der TMT-Sektor die Krise bisher weitgehend unbeschadet überstanden hat – teilweise gibt es sogar „Krisengewinner“. Wir werden unseren Weg fortsetzen, den Investitionsschwerpunkt im industriellen Sektor beizubehalten – aber zugleich Unternehmen zu akquirieren, die im digitalen und technologischen Umfeld eine wichtige Unterstützung für die Industrie sein können. Die klassischen Stichworte sind hier die Bereiche Industrie 4.0 und Internet of Things (IoT). Ein aktuelles Beispiel ist die congatec Holding AG, ein stark wachsendes Technologieunternehmen im Bereich Embedded Computing mit Fokus auf leistungsstarken „Computer-on-Modulen“ und industriellen Single-Board-Computern. Weiterhin setzen wir unsere Investments im stark wachsenden Sektor Breitbandtelekommunikation fort.

Vielen Dank, Herr Grede, für diese interessanten Einblicke.


ZUR PERSON

Torsten Grede ist seit 2013 Sprecher des Vorstands der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG) und in dieser Funktion aktiv eingebunden in die Identifikation von Beteiligungsmöglichkeiten sowie in die Begleitung und Veräußerung von Portfoliounternehmen.

 

 

 


Zur Aktie:

Deutsche Beteiligungs AG

Börse Frankfurt:                                                   DBAN

Segment:                                                                Prime Standard

Marktkapitalisierung:                                           519,02 Mio. EUR (07.01.)

Dividende (GJ 2019/20):                                     0,80 EUR (Vj. 1,50 EUR)

Nächste Hauptversammlung:                                25.02.2021

 

Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition 4/2020 erschienen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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