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Wie die Staffelübergabe gelingt

In Familienunternehmen ist kaum ein Vorgang emotional so stark besetzt wie der Generationenübergang. Rechtzeitige Planung und ein Verständnis interner und externer Einflussfaktoren hilft, die Nachfolge erfolgreich zu gestalten.

Der Begriff „Unternehmensnachfolge“ bedarf zunächst einer Präzisierung. Denn er hat zweierlei Bedeutung: Er bezeichnet die Nachfolge von Familienmitgliedern in der Geschäftsführung eines Familienunternehmens als auch die Fortführung der Beteiligung, also des Eigentums am Unternehmen, in den Händen der jungen Generation. Weil über die Voraussetzung der Nachfolge in die Geschäftsführung allgemein Einigkeit dahingehend besteht, dass hierfür nur in Betracht kommt, wer fachlich und charakterlich zumindest einem qualifizierten Fremdmanager ebenbürtig ist, wird die Problematik andererseits auf die überwiegend emotionale Sicht verengt. Etwaige – hierbei zwischen mehreren Familien oder einzelnen Familienmitgliedern auftretende – Meinungsverschiedenheiten über die tatsächliche Qualifikation eines Kandidaten lassen sich aber wissenschaftlich kaum beurteilen. Für die Unternehmensnachfolge im Sinne einer Fortführung des Anteilsbesitzes durch die Familie gilt dies allerdings nicht. Hier hat die Wissenschaft Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt, die – frei von individuellen Eigenheiten – auf jede Familiensituation zutreffen.

Wer patzt, fällt zurück

Der Übergang des Unternehmens auf die nächste Generation bereitet vielen deutschen Inhaberfamilien große Sorgen. In Deutschland stehen allein in den kommenden vier Jahren rund 135.000 Unternehmensübergaben an, davon sind es laut Statistik jährlich etwa 20.000 Betriebe, die diesen Schritt nicht bewältigen. Und bei der Unternehmensnachfolge ist es wie im Sport: Wer bei der 400-Meter-Staffel die Stabübergabe verpatzt, der fällt zurück auf einen der hinteren Plätze, und nicht selten kann sich das Unternehmen von einem solchen Rückschlag nicht mehr erholen.

Nachstehend sollen daher einige persönliche Empfehlungen aus der Erfahrung einer über mehrere Jahrzehnte währenden Praxis gegeben werden – sie sollen der Unternehmerfamilie helfen, Fehler bei der Nachfolge zu vermeiden und eine Weiterführung des Unternehmens in kommenden Generationen zu gewährleisten.In Familienunternehmen ist kaum ein Vorgang emotional so stark besetzt wie der Generationenübergang. Rechtzeitige Planung und ein Verständnis interner und externer Einflussfaktoren hilft, die Nachfolge erfolgreich zu gestalten.

Tipps für die Übergabe

1. Die Nachfolgeplanung muss stets fester Bestandteil der Unternehmensstrategie sein. Sie ist kein abgeschlossener, sondern ein ständig fortlaufender, sich permanent erneuernder Prozess. Wie jede Planung muss sie auch eine verbindliche Zeitachse aufweisen.

2. Steuerrecht und Gesellschaftsrecht haben für die Nachfolge lediglich eine Hilfsfunktion. Was nützt ein ausgeklügeltes Steuermodell, wenn der Junior fachlich oder persönlich ungeeignet ist?

3. Die Nachfolgeplanung muss jederzeit verfügbar sein, denn nicht umsonst heißt es im Volksmund: „mors certa, hora incerta“ (Der Tod ist gewiss, der Zeitpunkt jedoch ist ungewiss).

4. Die Nachfolge regeln heißt richtig verstanden: Das gesamte Unternehmen muss auf den Prüfstand gestellt werden. Nachfolger oder Nachfolgerin müssen mit einem auf sie persönlich zugeschnittenen Konzept an den Start gehen können. Der bloße Wechsel des Direktorensessels vom Junior auf den Senior genügt nicht.

5. Die Nachfolgeplanung muss gemeinsam mit den wichtigsten Leistungsträgern des Unternehmens erstellt werden. Vor einsamen Entscheidungen zwischen dem Senior und seinen Beratern ist dringend zu warnen.

6. Nachfolger müssen mindestens dieselbe fachliche und persönliche Eignung aufweisen wie qualifizierte Dritte. Jeder Kompromiss in puncto Qualität führt auf Dauer zur Wertevernichtung, schließlich geht es nicht um Beschäftigungstherapie für die Kinder, sondern um den Vermögenserhalt für die Familie.

7. Das Wohlergehen und der Vermögenserhalt der Familie hat Vorrang vor dem Bestand des Unternehmens und der Weiterführung durch einen Familienangehörigen.

8. Die Einrichtung eines Kontrollgremiums (Beirat) kann sehr wertvoll sein. Entscheidend für dessen Effizienz ist vor allem die richtige Besetzung. Unabdingbar ist ein Vorsitzender mit Leitungserfahrung.

9. Der Übergang der Macht muss nahtlos und konsequent erfolgen. Ein kluger Senior wird sich von vornherein der Gefahr von Einflüsterungen von Mitarbeitern entziehen. Vielleicht wird er sich sogar – für eine Übergangszeit – ganz aus dem Unternehmen verabschieden.

10. Und nicht zuletzt: Nachfolgeplanung heißt für den Senior: Rechtzeitig private Lebensplanung für die Zeit „danach“ betreiben. Ansonsten droht der Verlust des Lebensglücks. Golfspielen und Reisen kann zwar für eine Zeit lang, niemals aber auf Dauer die erforderliche Befriedigung bringen.

11. Kaum ein Unternehmer denkt an eine oft jahrelange Handlungsunfähigkeit vor dem Tode. Hier gilt es unbedingt, eine umfassende Vorsorge für Familie und Unternehmen zu treffen.

Und schließlich: Das größte – häufig unbeachtete – Risiko ist das sogenannte „Veränderungsrisiko“. Das bedeutet: Jede Nachfolgeregelung muss für Alternativen offen bleiben, wenn die dem Konzept zugrunde liegenden Verhältnisse sich verändern. Um hierfür Vorsorge zu treffen, bedarf es eines ausgewogenen, gut durchdachten Nachfolgekonzepts, dessen Ausarbeitung frühzeitig und in Ruhe angegangen werden sollte.


Zur Person

Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Brun-Hagen Hennerkes ist Vorsitzender des Vorstands der Stiftung Familienunternehmen, die er 2002 gegründet hat. Die Stiftung ist die führende Vertretung der größten deutschen Unternehmen im Familienbesitz und der bedeutendste Förderer wissenschaftlicher Forschung auf diesem Feld. Sie wird von rund 400 Firmen aus dem Kreis der größten deutschen Familienunternehmen getragen. www.familienunternehmen.de

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