„Wer Wachstum sucht, kommt an Asien nicht vorbei“

Interview mit Robert Massing, Vorstand, Solutio AG

Foto: © elbert_AdobeStock

Die internationalen Kapitalmärkte sind von Unsicherheit geprägt – Inflation, geopolitische Spannungen und schwankende Prognosen belasten klassische Investments. Alternative Anlagen wie Private Equity eröffnen jedoch weiterhin Chancen, wenn Diversifikation und Managerqualität im Fokus stehen. Besonders der Secondary-Markt und der Aufstieg Asiens als Wachstumstreiber bieten attraktive Möglichkeiten. Robert Massing, Vorstand der Solutio AG, erklärt im Interview, wie Investoren diese Trends nutzen können.

Unternehmeredition: Herr Massing, wie beurteilen Sie die aktuelle Entwicklung an den internationalen Kapitalmärkten – insbesondere mit Blick auf alternative Investments?

Robert Massing: Das makroökonomische Umfeld ist aktuell von Inflationserwartungen, den geopolitischen Spannungen aufgrund diverser bestehender und drohender Konflikte (Ukraine, US-Zollandrohungen, Naher Osten et cetera) geprägt, welche mit deutlichen Marktschwankungen und schwer vorhersehbaren Wachstumsprognosen weltweit einhergehen.

Im Bereich Private Equity wird mit den folgenden Strategien dem vorherrschenden, schwierigen Marktumfeld zu begegnen versucht. Hier steht, neben einem integrierten Risikomanagement und angemessener Diversifikation, wieder einmal die Qualität der Manager im Vordergrund. Wir investieren mit unserem Partner seit Jahrzehnten mit den Top-Private-Equity-Managern weltweit.

Zudem fokussieren wir uns seit mehreren Produktgenerationen auf ausgewählte, eher defensive, Sektoren – unter anderem dem Gesundheitssektor, Dienstleistungen, aber auch IT- und Softwarelösungen sowie Business Services; untergewichtet werden Automotive und Rohstoffe. Insgesamt sind die globalen Unternehmensverkäufe zurückgegangen und damit auf dem niedrigsten Stand seit der globalen Finanzkrise, was zu einer Erhöhung der Haltedauer der Unternehmen führt und Druck auf die Fondsmanager bei der Auflage neuer Fonds aufbaut. Bei unseren bestehenden Portfolios haben die Verkäufe Ende 2024 und im laufenden Jahr 2025 bereits gegen den Trend angezogen.

In den vergangenen Jahren haben Sie wiederholt auf Chancen im Secondary-Bereich hingewiesen. Welche Rolle spielt dieses Segment heute im Vergleich zu anderen Anlageklassen?

Im Vergleich zum vorher besprochenen Private-Equity-Primärmarkt boomt der Sekundärmarkt, welcher erneut neue Höchststände beim eingeworbenen Kapital verzeichnen konnte. Trotz dieses Kapitalüberhangs wird die Attraktivität des Sekundärmarkts aktuell als gut eingestuft und es sind reichlich Opportunitäten vorhanden. Ein Grund hierfür ist der bereits erwähnte Exitdruck für bestehende Fonds. Derzeit werden Sekundärtransaktionen im Markt mit Abschlägen von circa 10 % realisiert. Wir gehen davon aus, dass wir mit unserem aktuell im Fundraising befindlichen Anlageprogramm von diesen günstigen Einstiegspreisen profitieren können.

Bisher standen Europa und die USA im Zentrum institutioneller Allokationen. Nun wächst das Interesse an Asien. Was sind die zentralen Treiber dieser Entwicklung?

Die Frage zu Investitionen in Asien ist nicht mehr „Warum jetzt investieren?“, sondern vielmehr „Wie richtig investieren?“. Asien entwickelt sich zum größten Verbrauchermarkt der Welt. Ergänzend übertrifft Asiens Wirtschaftswachstum das der Industrieländer − aber um daran zu partizipieren, muss man alternative Wege gehen. Durch Investitionen in Private-Market-Assets in Asien kann im Vergleich zu Aktienmärkten ein komplementärer Zugang zu Wachstumstreibern wie dem Gesundheitssektor oder Telekommunikation und Konsumgüter erschlossen werden.

Viele Unternehmer verbinden Asien nach wie vor mit geopolitischen Spannungen und regulatorischer Unsicherheit. Welche Risiken sind tatsächlich relevant – und wie lassen sie sich managen?

Das gilt für einzelne Regionen und Länder in Asien, aber nicht für den ganzen Kontinent. Wesentlich ist, dass es in Asien, neben den aufstrebenden Volkswirtschaften mit einem stabilen Rechtsrahmen wie Indien, vor allem auch etablierte gibt. Denken Sie hier an Japan, Südkorea, Australien und Neuseeland. Durch eine Portfoliokonstruktion mit einem rigorosen dahinter liegenden Auswahlprozess lässt sich das Risiko hier reduzieren, wie in anderen Regionen auch.

Auf der anderen Seite gelten Asienmärkte als dynamisch und innovationsgetrieben. Welche Chancen bieten sich hier gerade für langfristig orientierte Investoren?

Durch eine themenbasierte Auswahl in der Portfoliokonstruktion können Investoren von säkularen Trends profitieren. Dies sind in Indien zum Beispiel IT-Dienstleistungen, die sich durch die Auslagerung aus westlichen Ländern weiter auf Wachstumskurs befinden. In Australien sind die Treiber die Inlandsnachfrage und Nachfolgelösungen für den Mittelstand, genauso wie in Europa oder den USA. Mit Blick auf Japan können Sie von der bisher geringen Marktdurchdringung durch Private Equity und von zahlreichen Möglichkeiten für Ausgliederungen aus den großen Industriekonzernen profitieren.

Wenn Sie Asien mit Europa und den USA vergleichen: Wo liegen die größten Unterschiede im Investitionsumfeld?

Während der Anteil von Venture Capital (VC) in den USA und der EU gering ist, spielt VC in der asiatischen Private-Equity-Landschaft eine entscheidende Rolle mit dem dreifachen Marktanteil der EU und dem zweifachen Marktanteil der USA. Ferner sind deutlich weniger Sekundärtransaktionen verfügbar. Daher wird mehr auf Co-Investments mit Top-Tier-Managern gesetzt. Selbstverständlich setzen wir auch hier mit der oben genannten themenbasierten Auswahl einen wesentlichen Fokus auf Primaries.

Wie können mittelständische Unternehmer mit ihrem Privatvermögen oder Family Offices konkret von diesem Trend profitieren?

Indem sie mit genau dem unternehmerischen Weitblick jetzt in die asiatischen Märkte investieren, wie jeder Unternehmer dies in seiner eigenen Branche und Unternehmen täglich umsetzt. Wir bereiten gerade ein entsprechendes Offering mit der skizzierten Strategie vor. Das wäre eine naheliegende Möglichkeit.

Zurück zum globalen Blickwinkel: Welche Rolle spielen Megatrends wie Dekarbonisierung, Digitalisierung, Demografie und Deglobalisierung für eine langfristige Investmentstrategie?

Die staatliche Politik mit Zuckerbrot und Peitsche treibt die Anpassung bei der Dekarbonisierung voran. Das exponentielle Wachstum der Datenmenge, insbesondere durch die Einführung von KI und anderen Technologien, benötigt zwingend ein weltweites und zuverlässiges Netzwerk. Staatliche Maßnahmen beschleunigen das Onshoring und lokale Investitionen. Gleichzeitig treibt die Deglobalisierung auch die Nachfrage nach Dekarbonisierung und Digitalisierung in den lokalen Märkten an. Aufgrund der Verschlechterung der öffentlichen Finanzen und der Alterung der Bevölkerung wird es voraussichtlich eine weitere Konzentration auf die Gesundheitsversorgung geben. Bei all diesen Themenfeldern wird es ohne private Mittel nicht funktionieren. Daher sehen wir hier große Möglichkeiten, langfristig von den Entwicklungen zu profitieren – sowohl durch Private-Equity-Investments als auch durch Investitionen in Infrastruktur Assets.

Zum Abschluss: Welche Grundhaltung sollten Unternehmer heute bei ihren Anlageentscheidungen einnehmen – eher vorsichtig, eher mutig, oder eine Balance aus beidem?

Wie immer im Leben: Der goldene Mittelweg wird es wohl sein. Nicht alle Eier in einen Korb. Risiken mit Augenmaß eingehen und sich der Downsides bewusst sein, um gleichzeitig die Chancen der globalen Entwicklungen nutzen zu können.

Herr Massing, wir danken Ihnen für das aufschlussreiche Gespräch!

Das Interview führte Eva Rathgeber.

👉 Dieser Beitrag erscheint auch in der nächsten Magazinausgabe der Unternehmeredition 3/2025 (Erscheinungstermin: 22. September 2025).


ZUM INTERVIEWPARTNER

Foto: © Solutio

Robert Massing ist als Vorstand der Solutio AG in Grünwald für die Ressorts Investor Relations, Business Development, Marketing, Presse und Personal zuständig. Das 1998 gegründete Unternehmen entwickelt Anlagekonzepte für institutionelle Anleger im Bereich alternative Assets und verwaltet derzeit rund 6,8 Mrd. EUR in den Assetklassen Private Equity, Infrastruktur, Private Debt und Immobilien.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen.

Vorheriger Artikel„Die Zeit des schnellen Dealmakings ist vorbei“
Nächster ArtikelVenator Germany GmbH stellt Antrag auf Insolvenzverfahren