Von Hause aus Bio

Das Familienunternehmen Voelkel aus dem Wendland ist Qualitätsführer bei Bio-Säften. Die Nachfolge haben der Vater und seine vier Söhne vorausschauend geklärt. Dadurch kann sich die Familie dem widmen, was ihr Spaß macht: andauernd neue Kreationen entwickeln.

Das alles passiert am Produktionsstandort in Pevestorf, einem Ortsteil der Gemeinde Höhbeck im strukturschwachen Landkreis Lüchow-Danneberg, wo Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nah, die nächste Großstadt und die Autobahn aber weit entfernt liegen. Doch bei aller Provinzialität fühlt sich das Unternehmen hier fest verwurzelt: „Es würde nicht zu unserer Philosophie passen, wenn der Standort gefährdet wäre und die Mitarbeiter hier womöglich ihre Stelle verlieren würden“, sagt Boris Voelkel.

Flops sind einkalkuliert

In der Produktentwicklung verarbeiten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon mal 20 Kilogramm Schwarzmöhre. Sie dürfen mischen und panschen, bis sie mit dem Ergebnis zufrieden sind. Diese Experimentierfreude, die man gerne Start-ups zuschreibt, die Bereitschaft, beim Ausprobieren auch mal danebenzugreifen, wollen die Voelkels fördern. Sie kalkulieren ein, dass nicht jede neue Kreation gut bei den Kunden ankommt. Der Johannisbeersaft aus der Reihe Margret und Karl, die eine Hommage an die Firmengründer war, schmeckte der breiten Masse zu sauer. Einen Coup landete Voelkel hingegen mit den Biozisch-Limonaden, die den Trend zu fairen, nicht allzu süßen Limos aufgriffen. „Gerade Rhabarber ging schnell ab wie Schmidts Katze“, sagt Boris Voelkel flapsig.

Bio-Tomatensaft vom Fließband: Voelkel profitiert vom Hype der vergangenen Jahre.
Bio-Tomatensaft vom Fließband: Voelkel profitiert vom Hype der vergangenen Jahre.

Den Spagat zwischen kommerziell erfolgreichen Produkten und dem Bekenntnis zur Natur scheint Volkel gerne zu machen. Dem Safthersteller gelinge es, durch Kreationen wie Biozisch mit dem Zeitgeist zu gehen und sich trotzdem auf die ureigenen Stärken zu besinnen, findet Andreas Pogoda, Gesellschafter der Brandmeyer Markenberatung aus Hamburg. „Voelkel verhält sich selbstähnlich“, sagt Pogoda – und meint damit: Das Unternehmen gibt nicht vor zu sein, was es nicht ist. Coolere Flaschen mit lustigeren Sprüchen und ausgefalleneren Designs findet man bei den Wettbewerbern. Deshalb überzeuge Voelkel vor allem durch eins: seine „überlegene Produktqualität“, sagt Markenexperte Pogoda.

 

Voelkel ist Teil der Bio-Szene

Voelkel war schon da, bevor die Hipstercafés von Berlin bis München bunte Bio-Brausen ausschenkten. „Wir können unseren Urgroßeltern für ihren guten Riecher danken“, sagt der älteste der vier Brüder. Er sei froh darüber, dass Bio im Alltag vieler Menschen angekommen und aus der Nische verschwunden ist. „Am liebsten wäre uns, alles wäre bio“, sagt Boris Voelkel.

Damit die Maschinen in Pevestorf ausgelastet sind, füllt Voelkel vier von zehn Säften für Handelsmarken von Bio-Fachmärkten ab. Den Rest verkauft das Unternehmen unter der eigenen Marke. Mehr als 30.000 Tonnen an Rohwaren ordert der Safthersteller jedes Jahr bei seinen Lieferanten. Viele der heimischen Früchte stammen aus Niedersachsen, die Mangos, Maracujas oder Açai-Früchte von Bio- oder Demeterbauern aus aller Welt. 98 Prozent seiner Partner kennt Voelkel seit vielen Jahren, man pflege ein enges Verhältnis, betont Boris Voelkel. Er puhlt schon mal gemeinsam mit den Landwirten Schafgarbenblüten und vergräbt die biodynamischen Präparate mit ihnen im Boden.

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