Finanzschulden bei M&A

Die echte Verschuldung eines Unternehmens spielt bei einer Übernahme regelmäßig eine große Rolle. Die Kenntnis auch versteckter Finanzschuldposten bringt bei Verhandlungen bares Geld, weil der Kaufpreis dann im eigenen Interesse beeinflusst werden kann.

 Kaufpreise für Unternehmen werden meist auf der Basis von EBIT oder EBITDA abgeleitet. Die Netto-Finanzverschuldung (Net Debt) wird davon abgezogen. Net Debt ist mehr als nur Bankschulden und liquide Mittel. Über den Abzug von Bankschulden besteht in der Regel Einigkeit. Beim hinzuzurechnenden Cash wird bereits über Trapped Cash (kann aufgrund rechtlicher Restriktionen nicht entnommen werden) und Minimum Cash (für das laufende Geschäft benötigte Liquidität und daher Working Capital) diskutiert.

Gesellschafter- und Konzernposten genau analysieren

Soweit die Posten aus konzerninternen Liefer- und Leistungsbeziehungen herrühren, sind sie Working Capital. Nicht jedoch, wenn ungewöhnliche Zahlungsziele oder eine zweifelhafte Werthaltigkeit vorliegen. Net Debt kann auch aus Verpflichtungen aus Ausschüttungsbeschlüssen und Ergebnisabführungsverträgen nach einem Closing entstehen.

Pensionsverpflichtungen meist falsch bewertet

Pensionsverpflichtungen sind eine Finanzierung durch die Arbeitnehmer. Bei einem Eigentümerwechsel stehen den zukünftigen Liquiditätsabflüssen keine Arbeitsleistungen mehr gegenüber, da diese bereits dem Vorbesitzer zugutekamen. Das deutsche HGB bewertet die tatsächlichen Zahlungsverpflichtungen gemessen an dem aktuellen Zinsniveau regelmäßig zu niedrig. Die Lösung ist eine leicht zu berechnende „Fair-Value“-Bewertung nach dem IFRS Standard IAS 19. Dies gilt analog für Jubiläen und Altersteilzeit. Soweit Pensionszusagen Direktversicherungen, Unterstützungskassen oder Pensionsfonds betreffen, sind diese nicht in der Bilanz zu finden. Es besteht häufig eine subsidiäre Haftung des Zielunternehmens. In erster Linie ist dies dann ein Anwendungsfall für eine kaufvertragliche Garantie oder Freistellung. Soweit jedoch im Zeitpunkt des Übergangs eine Unterdeckung besteht, liegt ein versteckter Schuldposten vor. Sollte eine langfristige Garantie oder Freistellung nicht möglich sein, ist der Abzug beim Kaufpreis die logische Folge.

Was passiert mit Steuerschulden?

Ertragsteuerschulden auf vergangene Perioden fallen in die Sphäre des Verkäufers und sind Net Debt. Bei den laufenden Ertragsteuern kommt es darauf an, wem das laufende Periodenergebnis zusteht, derjenige trägt auch die Steuer. Passive latente Steuern werden gebildet, wenn der aus der Steuerbilanz abgeleitete Gewinn und damit die tatsächliche Steuerlast kleiner ist als der Gewinn und die (fiktive) Steuerlast, die sich aus der Handelsbilanz ergeben würde. Da sich diese Differenz im Zeitablauf wieder umkehrt, würde der Erwerber eine im Vergleich zum erwirtschafteten Gewinn unverhältnismäßig große Steuerlast zu tragen haben. Das Gleiche gilt in umgekehrter Logik für aktive latente Steuern.

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