Finanzschulden bei M&A

Die echte Verschuldung eines Unternehmens spielt bei einer Übernahme regelmäßig eine große Rolle. Die Kenntnis auch versteckter Finanzschuldposten bringt bei Verhandlungen bares Geld, weil der Kaufpreis dann im eigenen Interesse beeinflusst werden kann.

Verschobene Investitionen

Da ein Verkäufer Anreize hat, Investitionen auf den Zeitpunkt nach dem wirtschaftlichen Übergang zu verschieben, ohne den zugrunde liegenden operativen Businessplan anzupassen, sollte die sogenannte CAPEX im Detail analysiert werden. Investitionen, die nicht im vorgesehenen oder notwendigen Zeitraum durchgeführt oder bezahlt worden sind, sind Net Debt Like Items, weil bei ordnungsgemäßer Investition eine entsprechende Finanzierung existieren würde bzw. der Käufer die Investition nachholen muss.

Urlaubs- und Überstundenkonten

Für Urlaub, Überstunden, Urlaubs- oder Weihnachtsgeld bzw. zusätzliche Gehälter werden Verpflichtungen des Arbeitgebers erfasst, die zu einem späteren Zeitpunkt auszahlbar sind und denen keine künftige Arbeitsleistung mehr gegenübersteht. Insofern wäre eine Berücksichtigung im Net Debt angebracht. Dagegen wird argumentiert, dass es sich um Working Capital handele, da die Posten kontinuierlich und betrieblich veranlasst sind. Als Kompromiss wird häufig ein langfristiger oder ein außergewöhnlich hoher Stand der Verbindlichkeit beim Net Debt zum Abzug gebracht, während das wiederkehrende Niveau als Teil des Working Capital klassifiziert wird.

Weitere Korrekturposten

Nicht betriebsnotwendiges Vermögen: Soweit die Erträge hieraus nicht in der Bewertung über das zugrunde gelegte Ergebnis enthalten sind, ist die Gegenrechnung zum Net Debt konsistent.

Finanzderivate sind Swaps, Futures, Forwards und Optionen. Soweit die Bewertung des Derivates out of the money ist, liegt faktisch eine Finanzschuld vor. Umgekehrt werden realisierbare In-the-money-Bewertungen dem Kaufpreis hinzugerechnet.

Fazit

Net-Debt-Komponenten können vielfältig sein und hängen teils von der Interpretation der jeweiligen Verbindlichkeit ab. Sie sollten daher bei jeder Transaktion spezifisch beleuchtet werden. Eine möglichst präzise Definition im Kaufvertrag hilft von vornherein, das Streitpotenzial zu minimieren.


Zu den Personen

Peter Längle ist Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Wirtschaftsmediator bei der Beratungskanzlei Rödl & Partner und leitet an den Standorten München und Stuttgart den Bereich Transaction & Valuation Services. Er berät mittelständische Private-Equity-Häuser, Family Offices und strategische Investoren.

Matthias Zahn ist Associate Partner im Bereich Transaction & Valuation Services der Beratungskanzlei Rödl & Partner am Standort München.

www.roedl.de

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