Kosten angepasst und Markenportfolio aufgebaut

Vertikalisierung im Textilmarkt

Die Idee, die Fähigkeiten eines Herstellers alter Schule mit neuen Businessmodellen zu verbinden, entstand angesichts der Vertikalisierung am Textilmarkt. Immer mehr Anbieter hatten sich entschlossen, die Wertschöpfung von der Herstellung bis zum Absatz vollständig bei sich zu behalten. Als sich dieser Trend auf dem Markt für Kinderbekleidung fortsetzte, stand auch die Josef Kanz GmbH & Co. KG, das Kernunternehmen der heutigen Kids Fashion Group (KFG), vor neuen Herausforderungen. “Viele langjährige Großkunden waren plötzlich nicht mehr auf einen Markenlieferanten angewiesen und die Auftragslage geriet unter Druck”, berichtet Harald Hepperle, einer der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer der KFG. Der damalige Eigentümer Markus Kanz reagierte. Er schloss im Jahr 2004 mit der Familie Bender, mit der er bereits ein Joint Venture für die Produktion in der Türkei gegründet hatte, eine Partnerschaft und holte die gemeinsame türkische Firma sowie Özgür Kemal Bender als geschäftsführenden Gesellschafter in den neuen Unternehmensverbund. Während der ersten Phase der Restrukturierung wurden die Kosten angepasst und der Vertrieb auf Partnerschaften mit dem Einzelhandel im Rahmen eines Soft-Franchisings umgestellt. Auch dank der starken Entwicklung im Exportgeschäft hatte sich das Unternehmen bis zum Jahr 2009 stabilisiert, als Kanz es im Zuge des Generationswechsels vollständig an Bender übergab.

Neuausrichtung mit Multi-Brand-Strategie
Bender setzte nun auf die Erweiterung des Sortiments, eine stärkere Markendifferenzierung und die Nutzung von Skaleneffekten. Erster Schritt der Multi-Brand-Strategie mit heute sieben Marken war der Erwerb der Lizenz für den Textilbereich von Margarete Steiff aus der Insolvenz des vorherigen Lizenznehmers. Es hat sich für alle gelohnt. Die Steiff Bekleidung wächst seit der Übernahme mit jährlich prozentual zweistelligen Raten. Als zweiter Schritt folgte die im Januar 2011 abgeschlossene Übernahme der Leonhard Döll GmbH & Co. KG, eines führenden Anbieters von Mützen und Accessoires für Kinder. Die Vorbereitungen dafür hatten bereits im Jahr davor mit der Restrukturierung der Produktion von Döll begonnen. Im Zuge der Übernahme gab Kanz dann zudem seinen bisherigen Standort in Neufra auf und verlagerte die gesamte Logistik auf den Döll-Standort Lauterbach. Neuer Sitz für das Headquarter wurde Pliezhausen nahe dem Stuttgarter Flughafen. Bereits im April 2011 folgte mit dem Erwerb von Assets aus der Insolvenz von Pampolina Europa der weitere Ausbau der Marktposition. Pampolina steht für ausgefallene Mädchenmode und KFG übernahm neben den Markenrechten auch Einzelhandelsgeschäfte, Waren- und Auftragsbestände, langjährige Kundenbeziehungen sowie Mitarbeiter im Design und in der Produktentwicklung.

Wachstumsfinanzierung durch stille Beteiligungen
Mit der MBG Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Baden Württemberg GmbH fand das Unternehmen neben den Banken einen weiteren wichtigen Kapitalgeber. Die MBG engagierte sich mit zwei stillen Beteiligungen bei der KFG, um deren Wachstum sowie insbesondere die Übernahmen von Döll und – einhergehend mit der Einlage neuen Eigenkapitals durch die Gesellschafter – von Pampolina zu finanzieren. “Die gelungene Erweiterung des Markenspektrums und das Plattformkonzept haben uns ebenso überzeugt wie das professionelle Management”, sagt Oliver Trautmann, Leiter Mezzanine/Strukturierte Finanzierungen der MBG. Bender habe die ersten Schritte der Restrukturierung erfolgreich umgesetzt und mit Hepperle, den die Bürgschaftsbank Baden-Württemberg im Jahr 2010 beim Erwerb von Anteilen des Unternehmens mit einer Bürgschaft unterstützt hat, einen ihn gut ergänzenden Partner an der Seite.

Ausblick
Die Unternehmensgruppe hat den Umsatz in den vergangenen sechs Jahren bei kontinuierlichem Wachstum verdoppelt und gleichzeitig eine deutliche Verbesserung der Ertragssituation erreicht. Aus Sicht des Managements ist dieser Prozess noch nicht abgeschlossen. “Wir sehen innerhalb unseres Kerngeschäfts weiterhin Wachstumsmöglichkeiten, die wir sowohl organisch wie auch durch Zukäufe nutzen wollen”, sagt Hepperle.

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