„Als Frau führt man anders, als wir es gewohnt sind“

Carolin Kutzera: Sie führt seit einem knappen halben Jahr zusammen mit ihrem Onkel Norbert Bretz die Polstermöbelmarke.

Carolin Kutzera ist seit wenigen Monaten Co-Geschäftsführerin beim Polstermöbelhersteller Bretz. Im Interview spricht sie über die NextGen und ihre Vorbildfunktion als weibliche Führungskraft. Außerdem  erklärt sie, wie sie den Ruf der Marke, Regeln kreativ zu brechen, weiter mit Leben füllen will.

Unternehmeredition: Frau Kutzera, Sie sind seit wenigen Monaten Geschäftsführerin. In Ihrem jungen Alter können das nicht viele von sich behaupten. Überwiegt eher das Verantwortungsgefühl oder die Euphorie?

Carolin Kutzera: Ich bin zwar schon seit zehn Jahren im Unternehmen und habe mich in den vergangenen Jahren mit einem MBA auf die Rolle vorbereitet, aber an Tag eins habe ich schon eine ungewöhnliche Nervosität verspürt. Das lag tatsächlich an dem neuen Verantwortungsbewusstsein. Es fühlte sich wie Lampenfieber an. Vorher hatte ich immer noch die Möglichkeit, mich in Reihe zwei zu stellen. Aber dann war die neue Rolle halt da. Seitdem die ersten Tage vorbei sind, überwiegt deutlich die Euphorie.

War es denn der feste Plan Ihres Vaters und Onkels, dass Sie im vierten Quartal 2018 in die Geschäftsführung aufsteigen, oder wurden Sie ins kalte Wasser geschmissen?

Ins kalte Wasser wurde ich nicht geschmissen. Zwar war der Zeitpunkt nicht genau geplant, an dem sich mein Vater zurückzieht. Aber es war ziemlich klar, dass ich nach meinem MBA, den ich im Juni beendet habe, in die Geschäftsführung aufsteige.

Das heißt, Ihr Vater hat sich bei der Nachfolge an Ihrem Werdegang orientiert statt umgekehrt?

Modell Napali von Bretz: Inspiriert wurde das Sofa von der Napali-Küste auf Hawai und entworfen von den selbst ernannten Bretz Brothers.
Modell Napali von Bretz: Inspiriert wurde das Sofa von der Napali-Küste auf Hawai und entworfen von den selbst ernannten Bretz Brothers.

Es hat sich im vergangenen Jahr herauskristallisiert, dass er in nächster Zeit aufhört. Gleichzeitig habe ich signalisiert, dass ich irgendwann einsteigen möchte. Das war ein fließender Wechsel ohne jeden Druck von beiden Seiten. Die Dinge haben sich einfach so gefügt.

Ihr Vater hat in sehr schwierigen Zeiten für Bretz als Quereinsteiger die Nachfolge angetreten, die Bindung der Familie zum Unternehmen ist traditionell stark. War für Sie immer klar, dass Sie mal Geschäftsführerin werden?

Überhaupt nicht. Nach dem Studium wollte ich unbedingt ins Ausland, Sprachen lernen und Designerin werden. Nach fünf Jahren im Ausland wollte ich dann wieder zurück in die Heimat, aber ohne genauen Plan. Es ergab sich die Gelegenheit, bei einer neuen Kollektion im Familienunternehmen mitzuarbeiten. Außerdem konnte ich nach Indien reisen und eine neue Teppichkollektion auf die Beine stellen. Das war alles sehr spannend, ich hatte viele Freiheiten, mir wurde der Job des Creative Manager angeboten. Es hat dann einfach gepasst.

Viele aus Ihrer Generation haben diese Lebensläufe – erst in die Welt hinaus beziehungsweise in die Metropolen, um dann zurückzukommen zum Familienunternehmen, das oft eben nicht in der Millionenstadt liegt. Beschreiben Sie mal diesen Sog.

Zuerst wollte ich einfach raus und die weite Welt kennenlernen. Dann bin ich zurückgekommen und habe gesehen, dass wir als Familie etwas ganz Tolles haben. Ich hatte einfach Lust, dieses Potenzial weiter auszuschöpfen. Warum soll ich mir etwas Anderes suchen, wenn so etwas schon hier ist? Die vielseitigen Eindrücke aus der Welt kann ich nun einbringen und weiter Inspiration sammeln, indem ich viel reise.

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