„Ich werde nie aufhören, Vermögende zu nerven“

Alexander Brochier gründete vor über zwanzig Jahren das Haus des Stiftens in München. Er gilt als Berater und Botschafter für Unternehmer, die mit ihrem Vermögen einen guten Zweck fördern wollen. Im Interview spricht er über sein schlechtes Gewissen und warum eine Stiftung auch die eigene Eitelkeit bedient.

 Unternehmeredition: Welche Bedeutung hat Vermögen für Sie – Chance oder Belastung?

Brochier: Das ist bivalent. Es ist belastend, Vermögen zu haben oder es vererbt zu bekommen, weil man ja danach trachtet, es zu erhalten und zu vermehren. Aber es ist natürlich eine angenehme Chance, Dinge machen zu können.

Wie mit Ihrer Stiftung. Warum haben Sie sich 1992 entschieden, sie zu gründen?

Ich hatte schon als Student SOS-Patenschaften, wollte ein SOS-Kinderdorf betreiben. Und dann sollte ich auf einem Manager-Seminar meine eigene Grabrede schreiben. Im ersten Entwurf war mir noch alles wurscht, Hauptsache, mir geht es gut. Das konnte ich so nicht stehen lassen. Von Entwurf zu Entwurf wurde ich dann immer edler. Du kannst nur gelten, wenn Du was für andere tust. Daraus ist dann die Idee entstanden, eine Stiftung zu gründen. Nach einem Verkauf von Unternehmensanteilen hatte ich das Geld dafür.

Sie hätten das Geld auch ins Unternehmen stecken und von dort Projekte unterstützen können. Warum das Ganze in eine Stiftung ausgliedern?

Ich war misstrauisch, dass wir immer eine Geschäftsführung haben werden, die meine Ziele umsetzt. Auch Großorganisationen habe ich nicht getraut, wollte das lieber selbst in der Hand haben. Außerdem ist ein Unternehmen immer stark risikobehaftet. Dann war Eitelkeit dabei, in meiner Grabrede hatte ich mir ein Denkmal auf dem Hans-Sachs-Platz in Nürnberg gesetzt. (lacht) Und ich hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich zur richtigen Zeit gesund von den richtigen Eltern auf der richtigen Seite geboren wurde. Wer in Indien oder Afrika auf die Welt kommt, lebt vielleicht auf einem Müllberg, wird Straßenkind. Ich sah die Verpflichtung, etwas zurückzugeben, und hatte mir die Messlatte gesetzt, zehn Prozent meines Einkommens und Vermögens in gemeinnützige Dinge zu stecken.

Sie haben nicht nur eine Stiftung, sondern 1995 ein ganzes Haus des Stiftens gegründet. Warum?

Die ersten Erfahrungen mit der Stiftungsgründung waren mühsam, mit Satzungen und Gesetzen, mit denen ich noch nichts zu tun hatte. Und es ist schön, wenn ich einen Euro spende, aber schöner, wenn andere das auch täten. Denen wollte ich es leichter machen, also ein Modell entwickeln, in dem wir die Arbeit machen und Spender sich nur auf ihr Projekt konzentrieren. Inzwischen betreuen wir rund 1.400 Stiftungen.

Was sind denn die größten Hemmnisse bei der Gründung einer Stiftung?

Die Verwaltung ist aufwendig und der Markt groß. Sie müssen lernen, was das Beste für Sie ist. Ist es besser, zu spenden, weil es ja jedes Jahr anders laufen kann mit dem Einkommen oder Vermögen? Mache ich eine Treuhandstiftung oder eine gemeinnützige GmbH oder einen Verein? Da braucht man Beratung, das muss mit dem persönlichen Lebensplan übereinstimmen. Bei einer Stiftung muss man wissen, dass das nie zu Ende geht, über Generationen hinweg. Die Kinder müssen im besten Fall bereit sein, später mal in den Vorstand zu gehen. Bei uns ist das so, mein ältester Sohn konnte sich von Anfang an für gute Zwecke begeistern.

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