Unternehmensverkauf als Chance

Vielfältige Möglichkeiten zur Skalierung und Expansion bei ungelösten Nachfolgen

Ein Unternehmensverkauf zur Nachfolge wird oft als Notlösung angesehen. Dieser Beitrag soll aufzeigen, dass diese Sichtweise zu kurz greift.
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Ein Unternehmensverkauf zur Nachfolge wird oft als Notlösung angesehen. Dieser Beitrag soll aufzeigen, dass diese Sichtweise zu kurz greift und der Verkauf des Unternehmens vielfältige Chancen birgt.

Eine aktuelle Studie des ifo Instituts zeigt, dass in den kommenden Jahren bei mehr als 40% der Familienunternehmen – oft altersbedingt – eine Unternehmens- und Anteilsübertragung anstünde, vielfach aber noch keine Nachfolger für die Geschäftsübernahme und Leitung identifiziert wurden. Für Unternehmer ist die Regelung der Unternehmensnachfolge häufig mit der Übergabe des eigenen Lebenswerks verbunden. Umso verständlicher ist der Wunsch, die Nachfolge in den richtigen Händen zu wissen. Steht wie so häufig kein geeigneter Nachfolger beziehungsweise keine geeignete Nachfolgerin aus der eigenen Familie zur Verfügung, wird die erforderliche Unternehmensübergabe auf die nächste Unternehmergeneration aufgeschoben. Dies birgt Risiken.

Chancen eines Verkaufs für das Unternehmen

Der Verkauf des Unternehmens an einen strategischen Investor oder Kapitalgeber eröffnet verschiedene Möglichkeiten. Zu nennen sind hier unter anderem die Skalierbarkeit und Möglichkeiten der Expansion des Unternehmens. Konzentrationsprozesse stärken einerseits die Positionierung im Markt und tragen damit zur Resilienz des Unternehmens bei. Andererseits geht durch die damit verbundene Bündelung von Kapazitäten auch eine Innovationskraft einher, was in Zeiten technischen Wandels und künstlicher Intelligenz als bedeutender Vorteil zu werten ist. Der Verkauf kann ein Schritt zur Erhaltung des Lebenswerks und der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens sein, der folglich auch bestehende Arbeitsplätze sichert oder neu entstehen lässt.

Chancen eines Verkaufs für die Mitarbeiter

Auch für Mitarbeiter können sich durch einen Verkauf neue Möglichkeiten ergeben, wenn sie bereit sind, neue Rollen auszufüllen. Durch die Übergabe von Führungsverantwortung oder Definition einer klaren Entwicklungsperspektive können Schlüsselmitarbeiter an das Unternehmen gebundenen werden. Ebenso wird durch einen Verkauf häufig die Einheit von Eigentum und Führung, die regelmäßig aus Gründungszeiten herrührt, aufgebrochen werden. Diese Trennung bringt Flexibilität. Auch für Mitarbeiter die weniger an einer Karriereentwicklung interessiert sind, ergeben sich durch neue Anteilseigner Möglichkeiten. Strategische Investoren in Form von größeren Unternehmen verfügten vielfach über Weiterbildungsprogramme und Schulungsmöglichkeiten, wodurch Mitarbeiter ihre Fähigkeiten und Qualifikation ausbauen können.

Chancen eines Verkaufs für den Verkäufer

Zuletzt ergeben sich auch für den veräußernden Unternehmer Chancen. Neben der Vergütung des aufgebauten Lebenswerks besteht die Möglichkeit, mit einem Lebensabschnitt abzuschließen. Ist ein ratierlicher Rückzug gewünscht, um diesem persönlichen Prozess Zeit zu geben, so besteht häufig auch die Möglichkeit, den Erwerber zu begleiten – sei es über eine freiberufliche Mitarbeit oder die Implementierung und entsprechende Besetzung eines Beirats. Hierdurch kann auch nach Verkauf des Unternehmens ein eventuell notwendiger oder gewünschter begrenzter Einfluss des bisherigen Unternehmers auf das Unternehmen aufrechterhalten werden. Für die neuen Anteilseigner kann dies Entlastung und die Sicherung von Know-how der bisherigen Inhaber bedeuten.

Den Unternehmensverkauf angehen – doch wie?

Bei all den Optionen der Unternehmensnachfolge gilt es für den Unternehmer zunächst, Klarheit darüber zu erlangen, welche Möglichkeit den eigenen Vorstellungen und Wünschen entspricht und ob eine Nachfolge im Familienkreis gelöst werden kann oder eine externe Fortführung des Unternehmens angezeigt ist.

Ist dies definiert, so empfiehlt sich die Entwicklung einer „Roadmap“, das heißt einer konkreten Strategie und Planung zur Umsetzung der eigenen Unternehmensnachfolge.

Ist die Entscheidung gefallen, das eigene Unternehmen zu verkaufen, so sollte eine frühzeitige Kontaktaufnahme und Einbindung von erfahrenen Beratern erfolgen. Einen Verkaufsprozess professionell zu strukturieren ist regelmäßig unerlässlich. Zum einen verfügen professionelle Berater über ein entsprechendes Netzwerk. Zum anderen ist auch die Definition der Wertvorstellungen und der konkreten Unternehmensbewertung sowie der Darstellung des Unternehmens „im richtigen Licht“ erforderlich. Hinter jedem Unternehmen steckt eine Geschichte, die erzählt werden muss. Dieser Prozess braucht Vorbereitung und Zeit.

Von besonderer Bedeutung ist die Aufbereitung von finanzwirtschaftlichen Gegebenheiten im Format eines sogenannten Financial Fact Book. Dieses bietet die Möglichkeit, die Geschichte des eigenen Lebenswerks zu erzählen, und sorgt regelmäßig dafür, dass der Unternehmer auch die gewünschte Vergütung in dem Verkaufsprozess erzielt.

Sinnvollerweise kann bei Bedarf gleichzeitig proaktiv die Post-Merger Integration, das heißt der Zusammenschluss mit einer anderen Unternehmensgruppe vorbereitet werden, indem Eigenheiten oder auch Herausforderungen des Unternehmens aufgedeckt und bearbeitet werden.

Abschließend sei empfohlen, Schlüsselmitarbeiter rechtzeitig in einen solchen Verkaufsprozess und die eigenen Überlegungen einzubinden. Ungewissheit darüber, wie es mit dem Unternehmen beziehungsweise Arbeitgeber weitergeht, bringt Verunsicherung oder gar Zweifel, ob man noch am richtigen Arbeitsplatz beschäftigt ist. Dies muss vermieden werden.

Fazit

Wie aufgezeigt muss der Verkauf des eigenen Unternehmens keine Notlösung sein. Ein Verkauf bietet häufig Chancen und Möglichkeiten – für die Entwicklung des Unternehmens selbst, für die Mitarbeiter, aber auch den scheidenden Unternehmer. Grundlage für die erfolgreiche Übergabe des eigenen Lebenswerks ist häufig, eine Entscheidung für den Verkauf zu treffen und diesen sorgfältig und strukturiert zu planen.

👉 Dieser Beitrag erscheint in der aktuellen Magazinausgabe der Unternehmeredition 1/2024 mit Schwerpunkt “Unternehmensnachfolge”.

Autorenprofil
Esmir Salcinovic

Esmir Salcinovic ist Partner bei der Grant Thornton AG am Standort Stuttgart und Experte für die Financial Due Diligence. Er verfügt über Expertise in verschiedenen Branchen, unter anderem der Automobilindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, dem Beratungssektor, dem Einzelhandel sowie in Sachen Internetportale.

Autorenprofil
Simon Hart

Simon Hart ist bei Grant Thornton als Senior Manager tätig. Sein Fokus liegt in der Transaktionsberatung von mittelständischen Unternehmen, bei denen er zahlreiche Financial-Due-Diligence-Projekte durchgeführt hat. Er verfügt über Expertise in verschiedenen Branchen, unter anderem der Automobilindustrie, dem Groß- und Einzelhandel, dem Dienstleistungssektor sowie der IT.

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