Unternehmensinsolvenzen verharren weiter auf niedrigem Niveau

Im Zuge der Covid-19-Pandemie ist der Begriff Distressed M&A verstärkt in den Fokus gerückt. Eine Insolvenzwelle droht vorerst nicht.
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Die Zahl der Unternehmensinsolvenzen befindet sich im Zeitraum von Januar bis September 2021 immer noch deutlich unter der des Vorjahreswertes. Die Insolvenzwelle ist nach Ansicht von Wirtschaftsforschungsinstituten bisher ausgeblieben. Nach historischen Tiefstständen sei die Anzahl der Insolvenzen von Personen- und Kapitalgesellschaften in den vergangenen Monaten leicht gestiegen. Dieser Trend hat sich im November fortgesetzt. Die Zahl der betroffenen Jobs verharrt jedoch auf niedrigem Niveau.

Der Berufsverband der Insolvenzverwalter und Sachwalter (VID) erwartet aber zukünftig einen schleichenden Anstieg von Marktaustritten. Das Statistische Bundesamt vermeldete diese Woche bei den Unternehmensinsolvenzen für die ersten drei Quartale des Jahres 2021 einen Rückgang von 14,5% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. „Die Unternehmensinsolvenzen befinden sich trotz der Corona-Pandemie mit ihren zahlreichen Einschränkungen nach wie vor auf einem niedrigen Niveau. Die staatlichen Hilfen zeigen bisher noch ihre Wirkung, doch die tatsächliche Belastungsprobe dieser Hilfen kommt erst noch“, erläutert Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des VID.

Insolvenzen dürften nur leicht steigen

UnternehmensinsolvenzenDas sieht das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ähnlich. Für die kommenden Monate geht Dr. Steffen Müller, der am IWH die Abteilung Strukturwandel und Produktivität und die dort angesiedelte Insolvenzforschung leitet, von einer Fortsetzung des Trends aus. „Wir rechnen für die nächsten beiden Monate mit einer weiter leicht steigenden Zahl an Insolvenzen bei Personen- und Kapitalgesellschaften“, so Müller. Damit würden die Insolvenzzahlen weiterhin auf ungewöhnlich niedrigem Niveau bleiben. „Durch die anhaltend geringen Insolvenz- zahlen steigt derzeit jeden Monat die Zahl der Unternehmen, die nur durch staatliche Unterstützungsprogramme im Markt bleiben können“ fährt Müller fort. Für das IWH spricht sich Müller dafür aus, dass weitere Hilfsprogramm nicht über März 2022 hinaus verlängert werden sollten. Denn der fehlende Wettbewerb wäre ein „falsches Signal“.

Das dicke Ende kommt noch

Der VID macht darauf aufmerksam, dass die finanziellen Hilfen, die an die Unternehmen im Rahmen der Pandemie ausgezahlt wurden, überwiegend unter dem Vorbehalt der Überprüfung in einer Schlussabrechnung stehen. Für einige Unternehmen könnte die teilweise oder sogar vollständige Rückzahlung dieser Gelder zu einer untragbaren Belastung werden. „Die Überbrückungshilfen wurden zwar noch einmal bis in den Sommer des nächsten Jahres verlängert, aber in der Zwischenzeit hat sich in vielen Branchen das Geschäft verändert. Irgendwann werden sich diese Unternehmen den neuen Marktbedingungen stellen und ihr Geschäftsmodell überdenken müssen: Hotellerie und Gastronomie kämpfen mit fehlenden Mitarbeitern, der Einzelhandel mit dem allzeit verfügbaren Angebot des Online-Handels“, so der VID-Vorsitzende.

Der VID rechnet auch für das kommende Jahr nicht mit einem Anstieg der Unternehmensinsolvenzen, der das Niveau der Zeit vor der Corona-Pandemie deutlich übersteigt. Angesichts der sich verändernden Marktbedingungen erwartet der Berufsverband eher einen Anstieg bei den Marktaustritten außerhalb der Insolvenz.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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