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Slyrs: Whisky-Boom aus Bayern

Aus einer Schnapsidee entstand die bekannteste Whisky-Marke Deutschlands. Mit ihrem „Bavarian Way of Whisky“ gelang Slyrs ein Marken-Coup. Mittlerweile besichtigen 50.000 Menschen im Jahr die Destillerie am Schliersee. 

Apple-Feeling in Oberbayern: Zwar war die Schlange am Pfingstsonntag vergangenes Jahr nicht ganz so lang wie zu den besten Zeiten vor den Apple-Stores bei der Ausgabe eines neuen iPhones. Dennoch reisten schon am Tag vor dem Verkauf Whisky-Fans aus ganz Deutschland an den Schliersee, um einen zwölf Jahre alten Single Malt von Slyrs zu ergattern. Lediglich 2.000 Flaschen hatte die Slyrs Destillerie GmbH & Co. KG im Angebot. 1.000 gingen an diesem Tag über die Theke. In wenigen Stunden waren sie weg. „Es ist der erste deutsche zwölfjährige Whisky überhaupt“, sagt Geschäftsführer Anton Stetter nicht ohne Stolz. Seiner Meinung nach hätte man die Flasche anstatt für 200 auch für 2.000 Euro verkaufen können. Selbstbewusst lässt die Firma auf ihrer Seite wissen: „Ausverkauft – wegen des

Ein Mann und sein Whisky: Anton Stetter verantwortet heute die Geschäfte bei Slyrs. (© Slyrs Whisky KG/Lantenhammer GmbH)

großen Erfolgs.“ Die nächste Tranche kommt im Mai dieses Jahres. Und auch dann wird es am Schliersee wieder rundgehen.

Gemälzte Gerste statt Obst

Brennen hat hier Tradition. Der Großvater, Josef Lantenhammer, gründete 1928 das Unternehmen. Er produzierte klassische Obstbrände wie Enzian und Wachholdergeist. Schwiegersohn Siegfried Stetter baute die Firma aus und versorgte die gehobene Gastronomie mit Obstbränden. Auf die Idee mit dem Whisky kam schließlich Sohn Florian während einer Weiterbildungsreise in Schottland. Für ihn lag es nahe, und es klang auch simpel: Anstatt Obst nimmt man gemälzte Gerste, Fässer aus weißer Eiche aus den USA und Quellwasser aus der Umgebung. Vorteil des Getränks: Seine Bezeichnung ist nicht geschützt – anders etwa als Sherry oder Champagner. Whisky muss lediglich drei Jahre lang in Holzfässern lagern, aus Getreide gebrannt sein und mindestens 40 Prozent Alkohol enthalten. Warum sollte es also nicht funktionieren?

Gesagt getan: Mit der Idee, bayrischen Whisky zu produzieren, ging Stetter hoffnungsfroh zur Bank. Doch ganz so einfach, wie er sich das vorstellte, war es dann doch nicht: „Die fanden die Idee nicht ganz so gut wie wir.“ Grund für die Absage eines Kredits: Bayern würde für fast alles stehen, aber sicherlich nicht für Whisky. Für eine eigene Destillerie bekamen die Stetters die Finanzierung nicht gestemmt. Also wurde erst mal auf Sparflamme produziert. Ihnen war klar, dass sie eine Marke und natürlich einen Namen brauchten. Fündig wurden sie vor der Haustüre: Im Jahr 779 gründeten fünf Mönche ein Kloster in der Einöde von Schliersee und nannten es Slyrs. Später wurde auch die Gegend Slyrs genannt, das gälische Wort für Schliersee. Der Name war gefunden.Aus einer Schnapsidee entstand die bekannteste Whisky-Marke Deutschlands. Mit ihrem „Bavarian Way of Whisky“ gelang Slyrs ein Marken-Coup. Mittlerweile besichtigen 50.000 Menschen im Jahr die Destillerie am Schliersee. 

Mit eigener Note

Im Jahr 2002 füllten die Bayern die ersten Flaschen ab. Sämtliche 1.600 Flaschen waren innerhalb von zwei Wochen weg. „Jeder Großkunde, der einen Schnaps von uns kaufte, sollte auch einen Whisky abnehmen“, sagt Anton Stetter und grinst. Bei den Kunden kam das Getränk gut an. „Es war der Bavarian Way of Single Malt, der wohl viele überzeugte.“ Für den klassischen, drei Jahre alten Single Malt verwendet Slyrs, anders als viele Wettbewerber, neue anstatt alte Eichenfässer. Die Klimaschwankungen in Oberbayern, im Sommer sehr heiß, im Winter extrem kalt, sollten dem Whisky eine ganz eigene Note geben. „Wir wollten kein Me-too-Produkt“, sagt Stetter. Und damit traf Slyrs den Geschmack der Kunden.

Whisky-Lager von Slyrs: 120.000 Flaschen verkaufen die Oberbayern heute jährlich. (© Slyrs Whiskey KG/Lantenhammer GmbH)
Whisky the Bavarian Way: Zehn verschiedene Sorten hat Slyrs mittlerweile im Angebot. (© Slyrs Whisky KG/Lantenhammer GmbH)

Drei Jahre nach der ersten Abfüllung bauten die Oberbayern dann eine eigene Destillerie. Um die Finanzierung zu stemmen, bedienten sie sich teilweise aus dem Cashflow von Lantenhammer. Auch Anton Stetter ging ins Risiko und belastete sein Privatvermögen, nachdem ihn sein Bruder „nachdrücklich“ gebeten hatte, dies zu tun. „In der neu gegründeten KG war ich der erste Zwangsgesellschafter.“ Weitere Teilhaber kamen dazu: Slyrs startete ein Family-&-Friends-Programm und machte Freunde, Bekannte und Verwandte zu Beteiligten. Damals bedurfte es einiger Überredungskunst. „Heute will die Anteile niemand mehr verkaufen“, sagt Stetter. Er ist Hauptgesellschafter und leitet mit Thomas Flothmann das Unternehmen. 2008 musste die Familie einen Schicksalsschlag hinnehmen, als Bruder Florian einen Schlaganfall erlitt.

Was für ein Whisky-Hype damals noch bevorstand, konnte auch am Schliersee niemand voraussehen. Heute gibt es mehr als 200 Destillerien hierzulande. Es gibt eigene Magazine, große Messen und Online-Plattformen, die boomen. Mehr als 40 Prozent des Umsatzes macht Slyrs mittlerweile über den Online-Handel. „Whisky ist ein sehr online-affines Produkt“, sagt Stetter. Doch egal wo man ihn kauft, der Preis für den Slyrs-Whisky ist überall derselbe. Das hat Vorteile für die Händler, aber auch für die geschäftstüchtigen Oberbayern: Zur Verkostung laden sie direkt nach Neuhaus, das zu Schliersee gehört. Hier gibt es Führungen durch die Destillerie, eine Besichtigung des Fasslagers mit anschließender Verkostung im ersten Stock und Blick auf die Idylle des bayrischen Oberlandes.Aus einer Schnapsidee entstand die bekannteste Whisky-Marke Deutschlands. Mit ihrem „Bavarian Way of Whisky“ gelang Slyrs ein Marken-Coup. Mittlerweile besichtigen 50.000 Menschen im Jahr die Destillerie am Schliersee. 

Gäste aus aller Welt

Heute stehen zwei Gäste aus Mexiko am Tresen. Viel haben sie schon gehört von diesem deutschen Whisky. Mitgeschäftsführer Flothmann reicht zwei Gedecke. Lecker und eigen befinden die Mexikaner. Sie sind auf einer Tour unterwegs durch Europa, um Brauereien und Destillerien zu besichtigen. Vor dem Stopp am Schliersee besuchten sie die Guinness-Brauerei in Dublin.

Ländliche Idylle: Mittlerweile besuchen 50.000 Gäste pro Jahr die Destillerie am Schliersee. (© Slyrs Whisky KG/Lantenhammer GmbH)

Längst ist die Marke Slyrs kein Geheimtipp mehr. 50.000 Menschen kommen mittlerweile aus aller Welt, um sich in der Destillerie den Bavarian Way of Whisky anzuschauen. Das Kombi-Ticket mit dem nahe liegenden Freilandmuseum von Ski-Legende Markus Wasmeier nutzten die Mexikaner nicht. Viele andere Besucher schon. Cross-Marketing nennt es Stetter. Für Fässer und Gäste solle es künftig noch mehr Platz geben. „Bislang werden hier 600 Fässer gelagert, noch einmal so viele kommen dann ab Mitte Juni dazu“, sagt Stetter. Zudem ein Bistro mit Speisen und unterschiedlichen Getränkevariationen. Nach dem Motto „Marke braucht Heimat“ sollen die Kunden nach Bayern kommen.

Mittlerweile verkauft Slyrs 120.000 Flaschen pro Jahr. Bei 200.000 sieht Stetter die Kapazitätsgrenze. Lieber wertet er das Sortiment auf. So gibt es heute schon einen Whisky, der drei Jahre lang in den eigenen Fässern lag und dann noch einmal über neun Monate in alten Sherryfässern nachreift. Oder Stetter schickt seine Fässer ins Höhenlager zum Skigebiet Spitzingsee. Dort sollen die edlen Tropfen auf 1.600 Metern einen besonders kernigen Geschmack bekommen. Stetter experimentiert zudem an einem Roggen-Whisky, und da sein Fasshersteller in Bourbon County sitzt, gibt es auch Überlegungen, einen Whisky auf Mais-Basis zu produzieren.

Zunächst einmal soll aber der Markt von Norden aus aufgerollt werden. Auf Sylt gründete er mit einem dortigen Weinhändler ein Joint Venture. Doch statt wie am Spitzingsee die Gerste über Buchenholz zu räuchern, wird diese, wie in Schottland, über Torf gemälzt. Sie kauften ein Schiff, auf dem der Whisky nun lagert. Das Sckaukeln auf dem Wasser soll ihm den besonderen Geschmack geben. Man wird sehen. Bislang gibt Stetter der Erfolg jedoch recht.


Zur Person

(© Slyrs Whisky KG/Lantenhammer GmbH)

Anton Stetter ist Geschäftsführender Gesellschafter der Slyrs KG und der Lantenhammer GmbH. Insgesamt beschäftigen die beiden Unternehmen rund 90 Mitarbeiter und erwirtschaften einen Umsatz im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Auf die Idee, in Oberbayern Whisky zu brennen, kam Bruder Florian. Mittlerweile sorgen dort acht Destillateure für den guten Geschmack. Weltweit holt sich Stetter seine Inspiration. Demnächst kommt der zweite zwölfjährige Single Malt von Slyrs auf den Markt. www.slyrs.de

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