Rudolf Behr, Vorstandsvorsitzender, Behr AG: "Der Genussschein soll eine weitere Finanzierungsquelle für uns werden" (Ausgabe 2/2009)

Interview mit Rudolf Behr, Vorstandsvorsitzender, Behr AG

Die Behr AG ist der größte Salatbauer Deutschlands – allein 70 Mio. Köpfe Eisbergsalat, 9 Mio. Stück Broccoli und viele andere feldfrische Gemüsesorten verkauft das Familienunternehmen im Jahr.

Die Behr AG ist der größte Salatbauer Deutschlands – allein 70 Mio. Köpfe Eisbergsalat, 9 Mio. Stück Broccoli und viele andere feldfrische Gemüsesorten verkauft das Familienunternehmen im Jahr. Behr beliefert bundesweit Lebensmittel-Einzelhandelsketten, darunter REWE, Edeka, Metro, Kaufland, Aldi-Süd und Plus oder Großkunden aus der Convenience-Industrie. Zur Finanzierung des weiteren Wachstums setzt der Spezialist für frisches Freilandgemüse auf Genussscheine. Im Interview spricht Rudolf Behr, Vorstandsvorsitzender der Behr AG, über das Finanzierungsinstrument Genussschein und seine Wachstumspläne im Geschäft mit Salat und Gemüse.

Unternehmeredition: Herr Behr, Ihre Familie nahm 1880 die landwirtschaftliche Arbeit auf, heute sind Sie der größte Salatbauer Deutschlands. Wie haben Sie das im Gegensatz zu Ihren zahlreichen Konkurrenten geschafft?
Behr: Der Aufbau des Unternehmens bestand im Wesentlichen aus harter Arbeit der Mitarbeiter und der Familie. Immer gehören auch Beharrlichkeit und das richtige Gespür, z. B. für neue Produkte, dazu. Groß geworden sind wir durch den Eisbergsalat, eine Salatsorte, die damals in Deutschland nahezu unbekannt war. Und wir haben diesen Salat mit aller Überzeugungskraft auf den Markt gebracht.

Unternehmeredition: Im November 2008 haben Sie einen Genussschein aufgelegt, mit einem geplanten Volumen von 10 Mio. Euro, einem jährlichen Basiszins von 8,5% und einer Laufzeit von 10 Jahren. Mit einer Stückelung von 1.000 Euro zielen Sie auf Privatanleger ab. Welche Vorteile sehen Sie im Finanzierungsinstrument Genussschein? Wie viel konnten Sie bereits einwerben?
Behr: Der Genussschein soll eine weitere Finanzierungsquelle für uns werden. Als wir uns zu der Emission eines Genussscheins entschieden, war schon absehbar, dass sich der Finanzmarkt verändern würde – natürlich nicht die Dimension der Änderung. So bietet der Genussschein die Investition in ein landwirtschaftliches Unternehmen, welches überwiegend Grundnahrungsmittel produziert – d. h. es ist eine Alternative für Anleger, die in die mittelständische Landwirtschaft investieren wollen. Wir sind mit dem Erfolg der Platzierung noch nicht zufrieden, haben jedoch noch bis in den Herbst hinein die Möglichkeit, die Genussscheine zu verkaufen. Aktuell prüfen maßgebliche Investoren ein Engagement.

Unternehmeredition: Wie entwickelten sich Ihr Umsatz und Gewinn in den letzten Jahren? Wie sind die Aussichten für die Zukunft? Wie viel Phantasie steckt noch in den Produkten rund um Salat und Gemüse?
Behr: In den letzten Jahren konnten wir unsere Leistung kontinuierlich ausbauen. 2008 ist im Vergleich zum Vorjahr der Umsatz um 5% auf rund 124 Mio. Euro angestiegen. Auch für 2009 rechnen wir mit einer positiven Entwicklung – auf Grundlage der neuen Produkte, die zurzeit in der Einführung sind, beispielsweise Mikrowellengemüse.

Unternehmeredition: Welche Finanzierungsstrategie sind Sie bisher gefahren? In welchen Bereichen konnten Sie bisher eine restriktivere Geldvergabepolitik feststellen?
Behr: Bisher haben wir unser Wachstum stark mit Hilfe unserer Hausbanken finanziert. Auch in Zukunft werden wir weiter wachsen, denn Ernährung ist ein Wachstumsmarkt. In der Finanzierung werden wir uns zukünftig wiederum auch nach weiteren Quellen, wie z. B. dem Genussschein, umsehen. Natürlich wird die Finanzierung durch die Banken schwieriger. Bedenken Sie, dass einige klassische Banken des Mittelstandes, wie HypoVereinsbank, IKB, Dresdner Bank u. a., anders am Markt agieren als zum Zeitpunkt ihrer Blüte.

Unternehmeredition: Zahlreiche Skandale haben in den letzten Jahren die deutsche Lebensmittelindustrie erschüttert – von BSE über Gammelfleisch bis hin zu überhöhtem Nitritgehalt in Kopfsalat. Wie versuchen Sie, entsprechende Risiken in Ihrem Unternehmen zu minimieren? Welche Rolle spielt für Sie der ökologische Anbau?
Behr: Unser Unternehmen verfolgt ein klares und zertifiziertes Qualitätssicherungskonzept nach IFS International Food Standard und QS, und dieses im Anbau und in der Logistik. Darüber hinaus lassen wir die zur Ernte anstehenden Salate von unabhängigen Laboren prüfen. Den ökologischen Anbau führen wir in einer eigenständigen Gesellschaft und Betriebsstätte in Mecklenburg-Vorpommern durch. Das heißt, wir nehmen diese Entwicklung, die ja nicht mehr neu ist, sehr ernst und messen ihr eine große Bedeutung zu. Ob sich der ökologische Anbau weiter erheblich in den nächsten Jahren steigern lässt, wird sich in Zukunft zeigen. Unsere Erfahrung zeigt dieses aktuell nicht.

Unternehmeredition: Herr Behr, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
hofelich@unternehmeredition.de

Zur Person: Rudolf Behr
Rudolf Behr (rudolf.behr@gemuese-garten.de) ist Vorstandsvorsitzender der Behr AG. Das Familienunternehmen bewirtschaftet über 4.000 Hektar Freiland in Deutschland, zusätzlich 1.200 Hektar in Spanien, Portugal, Polen und Rumänien. Die Lancierung des Genussscheines wurde von der Behr AG und von Dr. Martin Bouchon, Bouchon & Partner Rechtsanwälte (www.bouchon-partner.de; vormals bei Schalast & Partner), durchgeführt. www.salat-genuss.de

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