Mitarbeiterbeteiligung: Ist die neue Förderung nur vorteilhaft für Besserverdiener?

Im Gegenteil: Beteiligungsprogramme erhöhen Chancen auf Vermögensbildung für alle Beschäftigten

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In der Anhörung im Finanzausschuss des Deutschen Bundestags am 11. Oktober 2023 wurden gegen die Erhöhung des Freibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG auf 5.000 EUR Bedenken erhoben: Die Förderung käme in erster Linie Beschäftigten mit höherem Einkommen zugute und sei sozial unausgewogen und verteilungspolitisch bedenklich. Diese Einwände sind nicht neu – und sie sind vor allem nicht stichhaltig. 

Die Mitarbeiterkapitalbeteiligung wertet die Stellung der Beschäftigten im Unternehmen auf und ermöglicht über Lohn und Gehalt hinaus eine finanzielle Beteiligung an den Erfolgen und an der Wertsteigerung des arbeitgebenden Unternehmens. Die Unternehmen leisten mit ihren Beteiligungsprogrammen einen unverzichtbaren Beitrag zur Verbesserung der Vermögenssituation breiter Teile der Bevölkerung, insbesondere auch der Geringverdiener.

Wenn ein Unternehmen ein derartiges Programm anbietet, müssen alle Arbeitnehmer, die mehr als ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, einbezogen werden. Es gibt also keine Bevorzugung bestimmter Berufs- oder Einkommensgruppen.

Natürlich haben die Beschäftigten mit höherem Einkommen mehr finanziellen Spielraum für ein Investment und durch den Steuerfreibetrag einen größeren Vorteil. Dies ist aber beispielsweise auch bei der betrieblichen Altersversorgung der Fall und kein Argument gegen die Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Im Verhältnis zum Einkommen aber profitieren die Beschäftigten mit niedrigem Gehalt von den Zuwendungen des Arbeitgebers überproportional. Die Beteiligungsprogramme der Unternehmen sind in vielen Fällen die einzige Form der Vermögensbildung für die unteren Einkommensgruppen.

Auch der Einwand des Bundesrats, der hohe Freibetrag von 5.000 EUR sei „überschießend“, greift angesichts der Förderung der betrieblichen Altersversorgung (nachgelagerte Besteuerung) in Höhe von bis zu 7.008 EUR nicht.

Wiederbelebung der vermögenswirksamen Leistungen überfällig

Sehr bedauerlich ist, dass der ursprünglich im Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes (ZuFinG) vorgesehene Wegfall der Verdienstgrenzen bei den vermögenswirksamen Leistungen und die Erhöhung der Arbeitnehmersparzulage im Regierungsentwurf nicht mehr zu finden sind. Dies hätte der Vermögensbildung einen neuen Schub gegeben, was insbesondere Beschäftigte mit geringerem Einkommen begünstigt hätte.

„Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand“, eines der großen sozialpolitischen Projekte der 1970er-Jahre, findet heute fast nicht mehr statt. Durch die jahrelang versäumte Anpassung der Einkommensgrenzen für die Arbeitnehmersparzulage ist das Vermögensbildungsgesetz zu einer bloßen Hülle geworden.

Dabei zielte das Gesetz nicht allein auf die Förderung der Vermögensbildung der Gering- und Durchschnittsverdiener, es bot zudem breit gefächerte und zum Teil hochrentierliche Anlageformen für die Einlagen der Sparer: vom Bausparvertrag über den Aktiensparplan bis hin zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung.

Anhebung statt Aufhebung der Einkommensgrenzen

Bundesfinanzminister Lindner hatte die vollständige Aufhebung der Einkommensgrenzen für die vermögenswirksamen Leistungen sowie die Anhebung des Höchstbetrags von 400 auf 1.200 EUR per annum und eine maximale Arbeitnehmersparzulage von 240 EUR vorgeschlagen. Dieses Vorhaben wurde aber im Bundeskabinett gestoppt. Möglicherweise wäre es politisch klüger gewesen, nicht die Aufhebung, sondern die Anhebung der Einkommensgrenze für vermögenswirksame Leistungen von derzeit 20.000 auf 40.000 EUR zu versteuerndem Einkommen zu fordern.

Fazit

Der Einwand, die Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung begünstige nur die Besserverdiener, greift zu kurz. Ein hoher Freibetrag ist für alle Beschäftigten von Vorteil, insbesondere auch für die unteren Einkommensgruppen. Eine aktive Vermögensbildungspolitik, die insbesondere die Förderung kapitalmarktbasierter Anlageformen umfasst, bleibt eine politische Gestaltungsaufgabe.

Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2023 erschienen. Zum E-Paper geht es hier.

Autorenprofil
Dr. Heinrich Beyer

Dr. Heinrich Beyer ist seit 2006 Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP in Kassel. Er ist zusammen mit Hans-Jörg Naumer Herausgeber des Bandes „CSR und Mitarbeiterbeteiligung“.

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