Mit neuen Produkten gegen die Krisen

Das Familienunternehmen Palmberg stellt sich mit der nächsten Generation zukunftsfähig auf

Firmensitz Palmberg in Schönberg/Mecklenburg; Foto: © Palmberg Büroeinrichtungen + Service GmbH

Vor Hundert Jahren begann auf dem Palmberg nahe Wismar die Möbelproduktion. Mit der Besinnung auf alte Werte soll eine neue Generation den Familienbetrieb Palmberg Büroeinrichtungen + Service in die Zukunft führen.

Mit dem Ausbruch der Coronapandemie erhielten die Gewerbetreibenden der kleinen Gemeinde Schönberg in Nordwestmecklenburg rigide Hygieneauflagen. So sollten an Verkaufstresen durchsichtige Wände die Virusübertragung verhindern. Kurzerhand erfragte man beim größten Arbeitgeber der Region, dem Büromöbelhersteller Palmberg, ob sie so etwas fertigen könnten. Gleichzeitig riefen die bundesweit 600 Fachhändler des Unternehmens an – mit demselben Anliegen. „Kurzerhand haben wir eine solche Hygieneschutzwand selbst entwickelt und bekamen die erforderlichen Zertifikate“, erinnert sich Marketingchef Christoffer Süß zurück. Die Hygieneschutzwand wurde zehntausendfach verkauft.

Es war nur ein unscheinbares Produkt, aber eines, das dem Unternehmen mit aus der Krise half und zur Beendigung der Kurzarbeit führte. Überhaupt mag Geschäftsführerin Nicole Eggert das Wort Krise nicht: „Gemeinsam im Team entwickelten wir kreative und nachhaltige Lösungen, um das Unternehmen zukunftsfähig zu machen. So entstand auch unser neues Produkt Clamp, welches die Abtrennung und Zonierung von Großraumbüros ermöglicht.“

Auch ein Bürobett kann gefertigt werden

Produktion bei Palmberg; Foto: © Palmberg Büroeinrichtungen + Service GmbH

1922 baute der Mecklenburger Unternehmer Hans Bockwoldt auf dem Palmberg, einer kleinen Erhebung nahe dem Ostseebad Wismar, eine Möbelfabrik. Die Wirtschaftswunderzeiten und die aufkommende Bäderkultur an der Ostsee verlangten nach furnierten Wohnzimmermöbeln. Doch 1951 wurde die Möbelfabrik verstaatlicht, in den 1970er- und 1980er-Jahren prägten Schlafraummöbel das Produktportfolio. Ein Großteil davon wurde in die damalige Sowjetunion exportiert. 1990, zwei Monate nach der Währungsunion, wurde Uwe Blaumann Geschäftsführer. Gemeinsam mit Torsten Utz übernahmen die beiden nach einem Jahr das Werk im Rahmen eines Management-Buy-outs von der damaligen Treuhandanstalt. Perspektivisch wurde das Werk auf die Entwicklung und Produktion von Büromöbeln ausgerichtet. „Ein Produkt haben wir noch, das beides miteinander verbindet: das Bürobett, das in einem Schrank integriert und herausgeklappt werden kann“, erzählt Eggert schmunzelnd. „Das wird ab und an auch mal nachgefragt, vor allem von Menschen, die in ständiger Bereitschaft sind.“ Heute liefert Palmberg seine gesamte Produktpalette nach Deutschland, in die Schweiz, nach Österreich und in die Beneluxstaaten, die Büromöbel aus Mecklenburg finden sich auf der Zugspitze oder auch in der Zentrale der Sächsischen Aufbaubank.

Fahrer für ökonomische Fahrweise honoriert

Moderne Bürowelten mit Clamp; Foto: © Palmberg Büroeinrichtungen + Service GmbH

Auch die gerade rapide steigenden Energiekosten sind nicht ganz ohne. Der Strom kann nur am Spotmarkt bezogen werden und ist damit von den allgemeinen Preisen abhängig. „Der Strompreis steigt um 400.000 EUR, der Dieselpreis für unsere 42 Zugmaschinen um 600.000 EUR in diesem Jahr. Zum Glück sind wir vom Gaspreis unabhängig, da wir unsere Holzreste aus der Produktion für die komplette Wärmeversorgung des Unternehmens nutzen“, so Eggert. Um die werkseigenen Fahrer für umweltschonende Fahrweise und die hohen Spritkosten zu sensibilisieren, lobt die Geschäftsführung Prämien für besonders energiefreundliche Fahrweise aus: 1.000 EUR bekommt der beste Fahrer zusätzlich zum Lohn, 600 respektive 400 EUR der Zweit- beziehungsweise Drittplatzierte.

Trotz gestiegener Energiepreise kann das Unternehmen die Preissteigerungen noch mittels der über Jahre hinweg aufgebauten Eigenkapitaldecke kompensieren. „Auch unsere Lieferketten bewegen sich noch in einem relativ sicheren Fahrwasser. Wir legen Wert auf eine langfristige Partnerschaft mit unseren Lieferanten. Das bedeutet, dass wir bei einer Preiserhöhung nicht gleich den Lieferanten wechseln. Darüber hinaus bemühen wir uns, nicht jede Preiserhöhung sofort an den Endkunden weiterzugeben.“

Das Rezept in unruhigen Zeiten: gemeinsam mit den Fachhändlern, der Belegschaft und den Kunden neue Produkte zu entwickeln, etwa für das Homeoffice, wo vieles individuell angepasst werden muss. Auch das Thema Holz und Energie sowie die stärkere Einbindung regionaler Partner sollen in unruhigen Zeiten in naher Zukunft noch mehr Beachtung finden. Dazu lässt man den Ideen jeglichen Freiraum. Auf diese Weise entstand die Vision für ein Tischmodell namens „Gräta“, für das nur einheimische Hölzer verarbeitet werden, die hinterher wieder aufgeforstet werden und möglichst viel CO2 binden. Die Kunststoffe für die Büromöbel stammen zu 100% aus recycelbaren Materialien, darunter aus Müll, der aus der Ostsee gefischt wurde. Darüber hinaus sollen lokale Unternehmen den benötigten Stahl aufarbeiten. „Noch ist Gräta nur eine Vision – aber schon jetzt zeigt das Feedback zu unserer Idee, dass ein Schreibtisch, der der Umwelt mehr gibt, als er ihr nimmt, das Zeug hat, die Möbelwelt im wahrsten Sinne nachhaltig zu verändern“, so Marketingleiter Süß.

redaktion@unternehmeredition.de


„Wir wollen gesund weiter wachsen“

Interview mit Nicole Eggert, Geschäftsführerin, Palmberg Büroeinrichtungen + Service GmbH

Unternehmeredition: Frau Eggert, im kommenden Jahr werden Sie mit Ihrer Kollegin Julianne Utz-Preußing das Unternehmen übernehmen – aktuell sind Sie aber allein vor Ort.

Nicole Eggert: Das liegt an dem sehr schönen Umstand, dass meine Mitstreiterin in Elternzeit ist. Aber wir stehen in Kontakt und tauschen uns regelmäßig aus.

Nicole Eggert; Foto: © Palmberg

Sie sind beide Töchter der Nachwende-Neugründer. War Ihnen das Unternehmertum in die Wiege gelegt?

Eigentlich nicht. Ich arbeite seit 25 Jahren im Unternehmen, habe eine kaufmännische Ausbildung gemacht und zuletzt die Planungsabteilung geleitet. 2016 gab es jedoch viele Überlegungen im Unternehmen, wie es mit Palmberg weitergehen soll. Es gab auch Verkaufsgespräche mit externen Interessenten. Schlussendlich kamen wir aber zu dem Entschluss, das Unternehmen nicht in fremde Hände zu geben.

Wie erfolgt die Übergabe und wohin geht es in der Zukunft?

Die Übergabe erfolgte bereits und in Zukunft wollen wir weiter gesund wachsen, um alle fast 600 Arbeitsplätze zu erhalten. Wir werden auch zukünftig alte Werte und Traditionen wahren und gleichzeitig neue Impulse setzen.

Vielen Dank für das Gespräch.


KURZPROFIL Palmberg Büroeinrichtungen + Service GmbH

Gründungsjahr: 1990

Firmensitz: Schönberg (Mecklenburg)

Branche: Büromöbelhersteller

Mitarbeiter: 597

Umsatz 2021: 116 Mio. EUR

www.palmberg.de


Dieser Artikel ist in der Unternehmeredition 2/2022 erschienen.

Autorenprofil
Torsten Holler

Der Wirtschaftsjournalist Torsten Holler schreibt seit 1987 regelmäßig für renommierte Wirtschaftsmedien über verschiedenste Themen.

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