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Mit Moospflanzen gegen Krankheiten

Die gentechnische Veränderung von Moospflanzen mit dem Ziel der Produktion pharmazeutischer Proteine ist das Geschäftsfeld von greenovation. Bis 2008 wurde zunächst versucht, Moospflanzen genetisch zu manipulieren. Zwar wurden erste Ergebnisse in der Entwicklung von Antikörpern, Enzymen oder Molekülen erzielt. Trotzdem konnte die Technologie nicht erfolgreich kommerzialisiert werden. Wenig später stand die Firma kurz vor dem Aus.

Ein Grund für den ausbleibenden Geschäftserfolg war die Zurückhaltung potenzieller Industriekunden, die Plattform-Technologie von greenovation zu übernehmen. Das System sei nicht hochskalierbar und in der Folge für eine massenhafte Anwendung nicht geeignet. Zudem war die sogenannte GMP-Fähigkeit (Good Manufacturing Practice), also die Herstellung innerhalb besonderer Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe, nicht gewährleistet.

Potenzial erkannt

Nach Intervention des Hauptanteilseigners Zukunftsfonds Heilbronn wurde im September 2008 zunächst ein neuer Geschäftsführer bestellt – die Gründer hatten greenovation verlassen. In der Folge begann das Unternehmen, erste Schritte hin zum Beginn eines tatsächlichen Produktionsprozesses zu entwickeln. Trotz erster Erfolge konnte eine GMP-Fähigkeit jedoch nicht erzielt werden. Im Januar 2011 fand dann ein erneuter Wechsel in der Geschäftsführung statt: Thomas Frischmuth, bisher im Beirat der greenovation vertreten, stand nun an der Spitze des Unternehmens. Seine Hauptaufgabe bestand zunächst darin, die weiteren strategischen Optionen der greenovation zu eruieren. Unter bestimmten Voraussetzungen, so Frischmuth, wäre es durchaus möglich, die greenovation-Plattformtechnologie oder gar ein über diese Technologie entwickeltes Produkt erfolgreich am Markt zu platzieren. „Langfristig sollte so der Wechsel vom forschungsorientierten zum gewinnorientierten Wirtschaftsunternehmen vollzogen werden“, erinnert sich Thomas Frischmuth heute.Die gentechnische Veränderung von Moospflanzen mit dem Ziel der Produktion pharmazeutischer Proteine ist das Geschäftsfeld von greenovation. Bis 2008 wurde zunächst versucht, Moospflanzen genetisch zu manipulieren. Zwar wurden erste Ergebnisse in der Entwicklung von Antikörpern, Enzymen oder Molekülen erzielt. Trotzdem konnte die Technologie nicht erfolgreich kommerzialisiert werden. Wenig später stand die Firma kurz vor dem Aus.

Konzentration auf seltene Krankheiten

Eine wichtige strategische Entscheidung bestand zunächst darin, sich nicht weiter auf Antikörper zu fokussieren. Deren Entwicklung wäre aufgrund der dafür notwendigen hohen Dosierungen mit dem bestehenden System auch gar nicht möglich gewesen und hätte zudem umfangreiche klinische Studien mit mehreren Hundert Patienten benötigt. Auch hätten die dafür notwendigen finanziellen Aufwendungen das verträgliche Maß von greenovation und seiner Investoren überschritten. „Die Lösung lag in der Entwicklung von Wirkstoffen gegen seltene Krankheiten“, unterstreicht Frischmuth. „Forschung, Entwicklung und Zulassung von Wirkstoffen gegen seltene Krankheiten sind weniger aufwendig, vor allem im Bereich klinischer Studien, und profitieren von verkürzten Zulassungsverfahren“, erklärt der greenovation-Geschäftsführer.

Neue industrielle Expertise

Schlussendlich kristallisierte sich das Enzym Alpha-Galactosidase als Lead-Kandidat heraus. Die Aktivität dieses Enzyms ist bei Menschen mit der Stoffwechselkrankheit Morbus Fabry stark eingeschränkt. Die Betroffenen leiden unter Schmerzen bis hin zu Organversagen. Ihnen muss in regelmäßigen Abständen ein Ersatz-Enzym verabreicht werden.

Zur Produktion im Moossystem werden heute handelsübliche Fermenter verwendet, die aufwendige Entwicklung eigener Fermenter wurde hingegen eingestellt. Die Verantwortlichen sind bis heute bestrebt, möglichst nah am Markt zu wirken, inklusive der Akquisition handelsüblicher Produktionsgüter wie Lichtanlagen, Controller oder Software. Auf diese Weise soll zugleich der Weg für potenzielle spätere Auslizenzierungen geebnet werden.

Parallel wurden neue Mitarbeiter eingestellt. Vor allem Biotechnologen mit Erfahrung in der Arbeit mit Fermentoren. Auch Gründer Ralf Reski ist heute wieder im Beirat des Unternehmens. Insgesamt veränderte sich die Belegschaft von einer gewissen „Forschungslastigkeit“ hin zu einer klaren industriellen Expertise.

Moossysteme: Zur Bekämpfung von Krankheiten. (© greenovation)

„Wir haben bewusst aus Gründen der Kosten- und Zeitersparnis auf den Bau einer eigenen GMP-Anlage verzichtet“, so Frischmuth. Stattdessen arbeitet greenovation bis heute in Kooperationen mit externen Dienstleistern, die über Technik, Personal und entsprechendes Know-how für einen GMP-fähigen Produktionsprozess verfügen.

Zulassung 2020?

Aktuell befindet sich die greenovation Biotech GmbH in der klinischen Phase I/II a mit ihrem Lead-Kandidaten Alpha-Galactosidase. Das Verfahren ist patentiert und der Beginn der klinischen Phase-II/III-Studie ist bei entsprechend positiven Ergebnissen für 2017 geplant. Die Zulassung des Medikamenten-Wirkstoffes könnte ab dem Jahr 2020 erfolgen.

 

Kurzprofil greenovation Biotech GmbH

 Gründungsjahr 1999
 Branche Biotechnologie
 Unternehmenssitz  Freiburg
Umsatz 2015 k.A.
 Mitarbeiterzahl  21

www.greenovation.con

Die gentechnische Veränderung von Moospflanzen mit dem Ziel der Produktion pharmazeutischer Proteine ist das Geschäftsfeld von greenovation. Bis 2008 wurde zunächst versucht, Moospflanzen genetisch zu manipulieren. Zwar wurden erste Ergebnisse in der Entwicklung von Antikörpern, Enzymen oder Molekülen erzielt. Trotzdem konnte die Technologie nicht erfolgreich kommerzialisiert werden. Wenig später stand die Firma kurz vor dem Aus.

„Veränderungen müssen offen kommuniziert werden“

Interview mit Dr. Thomas Frischmuth, Geschäftsführer, greenovation Biotech GmbH

Dr. Thomas Frischmuth (© privat)

Unternehmeredition: Was war der Anlass für eine notwendige Restrukturierung?

Frischmuth: Dem Unternehmen war es nicht gelungen, die gentechnische Veränderung von Moospflanzen erfolgreich zu kommerzialisieren. Vor allem potenzielle Kunden aus der Industrie hatten moniert, dass das ursprüngliche, selbst entwickelte System zur Produktion pharmazeutischer Proteine nicht hoch genug skalierbar sei. Offensichtlich hatte man zu lange auf eine komplizierte Eigenentwicklung gesetzt.

Restrukturierung bedeutet in vielen Fällen auch die Trennung von Mitarbeitern. Auch bei Ihnen?

Natürlich ist die Trennung von Mitarbeitern ein sensibles Thema. Doch ist ein solcher Vorgang im Rahmen einer Restrukturierung häufig ein notwendiger Prozess. Verständlicherweise bleiben Enttäuschungen nicht aus. Umso wichtiger ist es, notwendige Veränderungen gegenüber der Belegschaft frühzeitig und offen zu kommunizieren.

Wie gelang es, während des gesamten Prozesses das Vertrauen von Investoren und Partnern beizubehalten?

Der Zukunftsfonds Heilbronn war von Beginn an in den Restrukturierungsplan eingebunden. So habe ich zu Beginn einen Businessplan entwickelt und den Gesellschaftern vorgetragen. Gemeinsam haben wir dann die weiteren Schritte beschlossen. Anders wäre die Restrukturierung auch nicht gelungen. Bis heute arbeiten wir mit dem Zukunftsfonds Heilbronn in der operativen und strategischen Entwicklung der greenovation eng zusammen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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