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Mit Kindermode zu neuer Kraft

Für das royale Paar Kate und William sollte es etwas Besonderes sein, und Steiff war auf alles vorbereitet: Zur Geburt schickten die Schwaben dem Kronprinzenpaar einen „Royal Baby Bear“. Da damals noch nicht abzusehen war, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird, schickten sie einen Teddy mit einer blauen und einen mit einer rosa Schleife. Der Dank aus England blieb zwar aus, doch zumindest bei Sammlern kommen die Bären gut an
„Wir haben Aufträge zwischen 4.500 und 6.500 Stück. Mehr könnten wir auch nicht produzieren“, sagt Geschäftsführer Martin Hampe. Doch gerade die Sammler bereiten den Schwaben Bauchschmerzen: „Der Markt verändert sich, es gibt immer weniger“, so Hampe. Vorbei sind die Zeiten, in denen Steiff die Plüschtiere einfach verschickte und die Liebhaber Schlange standen, um die neuesten Tiere zu ergattern. Vor rund zehn Jahren machte der Anteil der Sammler noch 80% des Umsatzes aus. Heute ist er auf 30% geschrumpft. Als Hampe 2009 als Geschäftsführer einstieg, hatte Steiff rund 1.000 Tiere im Sortiment. „Das war eindeutig zu viel.“ Und vor allem zu aufwändig zu produzieren, da viele Tiere aus zig Teilen bestanden. Mittlerweile hat Steiff die Anzahl stark reduziert.

Kraft der Marke nutzen
Stärker will der Geschäftsführer künftig eine jüngere Zielgruppe bedienen. Doch gerade bei dieser ist das Plüschgeschäft saisonal geprägt. An Weihnachten und zu Ostern haben die Kuscheltiere Hochsaison, dazwischen ist die Nachfrage nicht konstant. Zudem geht der Trend bei Kuscheltieren eher zur Massenware und der Produktion aus Fernost. Steiff hat damit schlechte Erfahrungen gemacht: Ab 2004 ließ das Unternehmen günstigere Produkte unter dem Namen „Cosy Friends“ in China produzieren.
Vier Jahre später stellten die Schwaben die Produktion dort wieder ein. Grund waren nicht etwa Giftstoffe im Spielzeug, vor denen sich viele Eltern fürchten. Vielmehr war das Unternehmen mit der Qualität der Tiere unzufrieden. Auch verging zu viel Zeit, bis bestellte Ware in Deutschland ankam. Teilweise konnten Trends deswegen nicht gefolgt werden. Zudem war die Fluktuation der Mitarbeiter hoch. „Zur Marke Steiff passt der Produktionsstandort China nicht“, sagt Hampe. Sie ist das Wichtigste, was das Unternehmen hat, und sie ist immer noch extrem wertvoll: Im Luxury Business Report von Ernst & Young aus dem Juni 2013 ist Steiff die Nummer fünf unter den deutschen Luxusmarken.Diese Markenbekanntheit will Hampe stärker nutzen und die Marke dehnen. Schon längst ist Steiff nicht mehr nur die Plüschtierproduktionsfirma. Hampe weiß genau, dass mit den Premium-Tieren kaum Wachstum zu erzielen ist. Besonders die Kinder- und Babymode steht deshalb momentan hoch im Kurs. Das Charmante daran ist vor allem, dass sich das Geschäft auf das ganze Jahr verteilt und der Markenartikler nicht mehr nur auf wenige verkaufsstarke Monate im Jahr angewiesen ist. Die Schwierigkeit liegt darin, mit dem Trend zu gehen und ganzjährig Neuheiten und ausgefallene Artikel zu liefern. Für den Mittelständler ändert sich damit die Taktung gewaltig. Über Lizenznehmer baut sich Steiff eine Kinderwelt auf. Für Babys und Kinder gibt es mittlerweile fast alles: Strampler, Schmusetücher, Greiflinge, Dreieckstücher, Mützen, Handschuhe, Schals, Jeans und mehr. Mittlerweile macht das Textilgeschäft rund 40% des Umsatzes von mehr als 30 Mio. EUR aus und wächst zweistellig. Für 2014 planen die Schwaben neue Produktgruppen wie Taschen, Rucksäcke, Schuhe und die Neuauflage alter Spielzeugklassiker wie Ruderrenner, Laufrad oder Roller.
„Wir denken auch über Schmuck, Möbel und Kosmetik nach“, sagt Hampe. Er will künftig eine Steiff-Welt aufbauen, die Emotionen weckt, und den Fokus stärker auf sogenannte Mono-Label-Stores legen. Derzeit führt Steiff zehn Läden in Eigenregie, 19 Geschäfte werden über Partnermodelle geführt. „Die Kraft dieser Stores ist uns sehr wichtig, um die Markenstärke richtig zum Ausdruck zu bringen. In Spielzeugläden geht diese etwas unter.“Als Premium-Marke etablieren
Auch ein Lifestyle-Segment will Steiff etablieren und die Exklusivität der Marke unterstreichen. Das sind etwa ausgefallene Bären, die mit Swarovski-Steinen bestückt oder mit Pailletten verziert sind. Hampe gibt allerdings zu, dass Steiff damit noch keine nennenswerten Umsätze erzielt. Die Strategie ist dennoch, sich eine moderne Erwachsenenzielgruppe zu erschließen.
Die Spreizung einer Marke birgt jedoch auch die große Gefahr, dass sie schneller beschädigt werden kann. Den hohen Anspruch, den Kunden an die Steiff-Bären haben, beziehen sie auch auf alle anderen Produkte des Hauses. Die Kontrolle darüber haben die Schwaben aber nur noch bedingt. „Das birgt natürlich trotz aller vertraglichen Absicherungen Risiken, diesen sind wir uns auch bewusst“, sagt Hampe. Doch eine andere Wahl hat er kaum.Voranbringen will Hampe die Marke auch im Internet: Über „Momente des Glücks“ sollen Kinder und Liebhaber ihre schönsten Erlebnisse mit den Tieren erzählen. „Wir arbeiten zudem an einer App, um Charaktere zum Leben zu erwecken.“ Immer öfter bespaßen elektronische Geräte die Kinder. Für Steiff ein Trend, der nicht unbedingt positiv ist, mit dem sich das Unternehmen allerdings auseinandersetzen muss. Doch Hampe ist sich sicher: „Jedes Kind braucht ein Kuscheltier.“

Kompromisslos will er künftig den Weg als Premiumanbieter am Markt auftreten, das Produktdesign überarbeiten und mit der Einführung von Möbelsystemen diesem Anspruch gerecht werden. Interessenten, die Steiff kaufen wollen, erteilt Hampe eine Absage: „Ich bin mir sicher, dass das in absehbarer Zeit nicht passieren wird.“ Noch immer ist das Unternehmen zu 100% in der Hand der Nachfahren von Margarete Steiff, die mit dem Nadelkissen „Elefäntle“ den Startschuss für die Ära Steiff gab.

tobias.schorr@unternehmeredition.de

Zur Person:
Martin Hampe ist seit 2009 alleiniger Geschäftsführer der Steiff Beteiligungsgesellschaft mbH, der Holding der Töchter Margarete Steiff GmbH, Alligator Ventilfabrik GmbH und Steiff Schulte Webmanufaktur GmbH. Seit Juli 2012 hat er außerdem die Aufgaben der Geschäftsführung der Margarete Steiff GmbH für die Bereiche Marketing und Vertrieb übernommen. Seine Laufbahn führte ihn vom Konzerncontrolling in verschiedene operative Führungsfunktionen der Henkel Gruppe. 2006 wurde er in die Geschäftsleitung der Werner & Mertz Gruppe berufen. www.steiff.com/de

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