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Der Biertraditionalist

Prinz Luitpold von Bayern übernahm in jungen Jahren die kriselnde Schloßbrauerei in Kaltenberg – und setzte auf eine Sorte, die längst vergessen schien. Heute experimentiert er mit Lebensmitteln. Nur das Reinheitsgebot bleibt für ihn unantastbar.

Manchmal entscheiden Zufälle darüber, ob sich ein Produkt auf dem Markt etabliert. In den 1970er-Jahren guckten Millionen von Fernsehzuschauern die Serie Königlich Bayerisches Amtsgericht. Im Vorspann wurde die „gute, alte Zeit vor anno 14“ gepriesen, als in Bayern noch Prinzregent Luitpold das Sagen hatte und das Bier „noch dunkel“ war. Die Zuschauer bekamen Lust, mal wieder ein Dunkles zu trinken. Eine Sorte, die zur damaligen Zeit ziemlich out war. Einer der wenigen Anbieter war die König Ludwig Brauerei aus Kaltenberg. „Wir hatten uns bewusst entschieden, diese Nische wieder zu besetzen“, sagt Luitpold Prinz von Bayern, ein Ururenkel des Prinzregenten. „Und wir hatten Glück damit.“

Zwei Wittelsbacher erfanden das Reinheitsgebot

Es war auch das Glück des Tüchtigen. Denn mit Bier hat Prinz Luitpold schon fast sein ganzes Leben lang zu tun. Bereits als Kind erbte er die Anteile seines Onkels an der familieneigenen Schloßbrauerei Kaltenberg. Dort, in der Gemeinde Geltendorf 45 Kilometer westlich von München, wird Schätzungen zufolge bereits seit dem 13. Jahrhundert Bier gebraut. Die Geschichte des Adelsgeschlechts Wittelsbacher ist eng mit dem Bier verwoben. Es waren Vorfahren von Prinz Luitpold, die Brüder Wilhelm IV. und Ludwig X., die im Jahr 1516 das Bayerische Reinheitsgebot zu Papier brachten und damit die deutsche Biertradition mit begründeten.

Als Prinz Luitpold die Brauerei 1976 mit Mitte zwanzig übernahm, war sie „ziemlich am Boden“, erinnert er sich heute. Das Unternehmen war auf die Gastronomie ausgerichtet und litt darunter, dass die Menschen ihr Bier zunehmend im Handel kauften. Der junge Unternehmer beschloss, neue Wege zu gehen. Er sicherte sich die Rechte an den Namen seiner königlichen Vorfahren und ließ in der Brauerei zunächst nur noch eine Biersorte herstellen: das König Ludwig Dunkel.

Prinz Luitpold von Bayern übernahm in jungen Jahren die kriselnde Schloßbrauerei in Kaltenberg – und setzte auf eine Sorte, die längst vergessen schien. Heute experimentiert er mit Lebensmitteln. Nur das Reinheitsgebot bleibt für ihn unantastbar.

Heute werden die Biere der König Ludwig Schloßbrauerei Kaltenberg an vier bayerischen Standorten gebraut. Das Dunkle und das Weißbier mit dem adeligen Attribut „von königlicher Hoheit“ stehen längst auch auf den Getränkekarten von Berliner Szene-Bars.

Prinz Luitpold von Bayern und das Oktoberfest

Nur an dem Ort, an dem man das Bier vielleicht am ehesten erwarten könnte, wird es nicht ausgeschenkt: auf dem Oktoberfest Es ist einer der kulturellen Widersprüche der Wiesn, schließlich waren auch hier die Wittelsbacher die Initiatoren. Das erste Oktoberfest diente als Rahmen für die Hochzeit von Kronprinz Ludwig und Prinzessin Therese im Jahr 1810. Weil gute Stimmung auf der Wiesn herrschte, entschieden sich die damals herrschenden Wittelsbacher, das Fest in den Folgejahren fortzuschreiben.

Heute dürfen laut der Stadtverwaltung nur Brauereien ihr Bier auf der Wiesn verkaufen, die auch in München produzieren. Da die König Ludwig Brauerei im Umland sitzt, wird sie von den Festivitäten ausgeschlossen. Prinz Luitpold bemühte sich lange vergeblich um eine Lizenz.

Inzwischen hat er aufgegeben – und verbirgt nicht seinen Groll gegen die Stadt München: „Meiner Ansicht nach ist das kartellrechtlich hoch bedenklich, was die Stadt in ihren Betriebsvorschriften für die Wiesn festgelegt hat“, sagt Prinz Luitpold. Denn wegen zahlreicher Übernahmen und Fusionen schenken mit der niederländischen Brauerei Heineken und dem weltweit größten Brauerei-Konzern „Anheuser-Busch InBev“ heute auch zwei internationale Großbetriebe ihr Bier auf dem Oktoberfest aus. Juristisch ist der Fall erledigt, das Landgericht München hat schon in den 90er-Jahren im Sinne der Stadtverwaltung entschieden.

Bayerische Tradition: Die Marke mit den zwei Löwen setzt auf das Reinheitsgebot.

50 Prozent gehören Warsteiner

Die Schloßbrauerei Kaltenberg sitzt bis heute, wie der Name sagt, im Schloss Kaltenberg westlich von München. Mit seinen verzierten Giebeln, Türmchen und Erkern und den umgebenden Fachwerkhäusern dient es als historische Kulisse für das Kaltenberger Ritterturnier, das Prinz Luitpold hier seit 1979 jedes Jahr im Juli veranstaltet. Die herrschaftlich-adlige Atmosphäre passt zu einem Unternehmen, das stolz auf seine Herkunft ist und das königlich-bayerische Wappen auf dem Etikett trägt.

So ganz in bayerischer Hand ist die Marke König Ludwig allerdings nicht mehr. Bereits im Jahr 2001 ging Prinz Luitpold eine Partnerschaft mit dem Familienunternehmen Warsteiner aus Westfalen ein.

Fernsehbiere erhöhten Konkurrenzdruck

Damals, um die Jahrtausendwende, konzentrierte sich der Biermarkt zunehmend. Die ersten Großkonzerne aus dem Ausland stiegen bei deutschen Brauereien ein, gleichzeitig setzten viele aus der Fernsehwerbung bekannten Anbieter nicht mehr nur auf Pils, sondern legten sich ein Vollsortiment zu. Auf diese Weise wollten sie ihre Vertragsgaststätten komplett an sich binden. Da wäre es „für uns eng mit Distributionskanälen geworden“, weiß Prinz Luitpold. Also kooperierte man mit Warsteiner und baute zusammen ein Markenportfolio auf, mit dem die Zehntausenden an Warsteiner gebundenen Gaststätten bedient wurden. „Mit so einem Partner kann man eigentlich nichts falsch machen“, begründet Prinz Luitpold den Schritt.

Prinz Luitpold von Bayern übernahm in jungen Jahren die kriselnde Schloßbrauerei in Kaltenberg – und setzte auf eine Sorte, die längst vergessen schien. Heute experimentiert er mit Lebensmitteln. Nur das Reinheitsgebot bleibt für ihn unantastbar.

Über Zahlen spricht der Unternehmer nicht, weshalb sich kaum nachvollziehen lässt, ob sich die Zusammenarbeit mit der zuletzt kriselnden Brauerei Warsteiner lohnt. Doch was ihre Position auf dem Markt betrifft, konnten sich die König-Ludwig-Biere etablieren. Beim dunklen Bier sieht sich König Ludwig als Marktführer, beim Weißbier rangiere man „ungefähr auf Platz fünf oder sechs“, sagt Prinz Luitpold.

Bier wird immer vor Ort gebraut

Auch in Großbritannien, Schweden, Russland und zwölf anderen Ländern finden Biertrinker die Marke mit den zwei Löwen und der Krone im Handel – dort vor allem unter dem Namen Kaltenberg. In den Auslandsmärkten werden die Biere bei dort ansässigen Brauereien unter einer Lizenz hergestellt. „Bier ist ein Frischeprodukt“, begründet Prinz Luitpold seine Auslandsstrategie. Es lasse sich nicht kontrollieren, wie stark es unterwegs geschüttelt wird oder wie hoch die Temperaturen in den Containern sind, wenn es auf hoher See transportiert wird. „Deshalb suchen wir uns Partner vor Ort, machen klare Qualitätsvorgaben und nehmen regelmäßig Kontrollen vor.“


„Ich bin der Meinung, dass man das Cocktailmixen den Wirten überlassen sollte.“

Prinz Luitpold von Bayern, Inhaber König Ludwig Schlossbrauerei Kaltenberg


In einigen Ländern im arabischen Raum stellen die Lizenznehmer malzbasierte, alkoholfreie Getränke her, die den Halal-Vorschriften entsprechen. Abgesehen davon gilt für Prinz Luitpold: „Eine Biermarke sollte eine Biermarke bleiben und nicht für andere Produkte stehen.“ Ein Radler oder andere Biermischgetränke hat der Unternehmer daher nicht im Sortiment. „Ich bin der Meinung, dass man das Cocktailmixen den Wirten überlassen sollte“, stellt er klar.

Prinz Luitpold von Bayern übernahm in jungen Jahren die kriselnde Schloßbrauerei in Kaltenberg – und setzte auf eine Sorte, die längst vergessen schien. Heute experimentiert er mit Lebensmitteln. Nur das Reinheitsgebot bleibt für ihn unantastbar.

Reinheitsgebot als Urvertrauen

Auch bei Derivaten von Bier ist der Prinz prinzipienfest. Dabei fühlt er sich vor allem an die Brautradition seiner Familie gebunden. „Damit gehen Verpflichtungen einher.“ Damit meint er vor allem, das Reinheitsgebot zu verteidigen. Deshalb positioniert er sich als erklärter Gegner davon, Bier mit anderen Zutaten als Hopfen, Malz, Wasser und Hefe herzustellen. Immerhin gebe es allein 100 verschiedene Hopfensorten, die reichlich Platz zum Ausprobieren bieten. Wenn hippe Craft-Brauereien glaubten, sie müssten das Bier mit neuen Rohstoffen brauen, „dann dürfen sie es halt nicht als Bier bezeichnen“, findet Prinz Luitpold. „Das Urvertrauen in den Begriff Bier muss erhalten bleiben.“

Das Vertrauen, das die Kunden seiner königlichen Marke entgegenbringen, versucht der Unternehmer auf verschiedene Produkte auszuweiten. Von lizenzierten Partnern lässt er inzwischen auch Brot, Käse oder Fruchtaufstriche unter dem Namen König Ludwig herstellen – und möchte damit die gleiche Zielgruppe erreichen, die auch zu den Bieren greift. Auf jeden Cent dürfen die Kunden dabei nicht schauen – denn die Produkte von König Ludwig sind nicht ganz billig. Wie genau diese Zielgruppe aussieht, verrät der Prinz nicht. Doch in Marktanalysen habe man sie genau erfasst, sagt er. Auch wenn der Zufall ihm schon einmal half – immer möchte er ihm nicht die Zukunft seines Unternehmens überlassen.


Zur Person:

Prinz Luitpold von Bayern, geboren 1951, ist der Urenkel des letzten Bayernkönigs Ludwig III. Nach seinem Jurastudium übernahm er im Alter von 25 Jahren die Brauerei auf Schloss Kaltenberg. Zu ihr gehören neben König Ludwig und Kaltenberg auch einige regionale Marken. An der König Ludwig GmbH & Co. KG Schloßbrauerei Kaltenberg hält Prinz Luitpold 50 Prozent, die andere Hälfte der Anteile liegt bei Warsteiner. Neben der Brauerei ist Prinz Luitpold auch für die Porzellanmanufaktur Nymphenburg verantwortlich.

www.koenig-ludwig-brauerei.com

 

 

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