Kreditnachfrage von Großunternehmen bricht ein

Foto: © Miha Creative_AdobeStock
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Die wirtschaftliche Abkühlung der letzten Monate hat die Kreditnachfrage von Großunternehmen im dritten Quartal 2024 stark gedämpft. Während die Verhandlungen über Bankdarlehen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stabil blieben, sahen sich Großunternehmen mit immer restriktiveren Anforderungen konfrontiert. Dies sind die wesentlichen Ergebnisse der KfW-ifo Kredithürde für das vergangene Quartal.

Rückgang der Kreditverhandlungen

Die Unsicherheit über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung spiegelt sich in der stark gesunkenen Kreditnachfrage wider. Im dritten Quartal führten laut der Untersuchung nur noch 27,7% der Großunternehmen (GU) Verhandlungen über eine Kreditaufnahme. Damit endete die zuvor langsame Erholung der Kreditnachfrage abrupt. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen blieb die Kreditnachfrage seit 2021 auf niedrigem Niveau stabil und bewegte sich auch im dritten Quartal mit 20,3% in einem ähnlichen Korridor. Die wirtschaftliche Schwächephase und die pessimistische Zukunftserwartung wirken sich unmittelbar auf die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aus. Dies betrifft vor allem die Industrie, die durch schwache Nachfrage und Unsicherheit stark belastet wird.

Strengere Kreditvergabebedingungen

Neben der geringen Nachfrage verschärften auch die Banken ihre Anforderungen an Kreditnehmer. Laut der KfW-ifo-Kredithürde sahen sich 34,5 % der Großunternehmen mit besonders restriktiven Kreditbedingungen konfrontiert, was einem Anstieg von 8,7 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorquartal entspricht. Diese Entwicklung betrifft vor allem das Verarbeitende Gewerbe, das sich mit einer verschärften Prüfung von Kreditanfragen konfrontiert sieht. Die Kredithürde für diese Branche stieg im dritten Quartal um fast 20 Prozentpunkte.

Mittelstand weniger betroffen

Im Gegensatz zu den Großunternehmen blieb der Kreditzugang für den Mittelstand im dritten Quartal etwas stabiler. Dennoch stuften 31,5 % der KMU das Verhalten der Banken als restriktiv ein, was ebenfalls einen deutlichen Anstieg von 3,7 Prozentpunkten darstellt. Diese Werte nähern sich den Höchstständen der vergangenen Jahre an und spiegeln den insgesamt schwierigen Zugang zu Fremdkapital wider, der die Investitionsaktivitäten der Unternehmen bremst. Die anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere für die Industrie, werden weiterhin als Hauptursache für die restriktive Kreditvergabe der Banken gesehen. Vor allem die strukturellen Probleme in der deutschen Wirtschaft wie Fachkräftemangel und hohe Energiekosten belasten die Finanzierungsbereitschaft der Unternehmen.

Deutsche Wirtschaft zeigt leichte Erholung

Die Talfahrt der deutschen Wirtschaft hat sich im Oktober leicht verlangsamt, doch der Stellenabbau beschleunigt sich weiter. Trotz der Anzeichen einer Erholung bleibt der Druck auf Unternehmen hoch, vor allem in der Industrie. Laut dem HCOB Flash Deutschland Composite PMI stieg der Wert im Oktober auf 48,4 Punkte, nach 47,5 Punkten im September. Der PMI für den Servicesektor erreichte 51,4 Punkte, das höchste Niveau seit drei Monaten, während der Industrie-PMI mit 42,6 Punkten weiterhin eine rückläufige Produktion anzeigt. Auch die Produktionsrückgänge in der Industrie fielen etwas moderater aus als in den Vormonaten.

Beschäftigung sinkt weiter

Trotz der leicht verbesserten wirtschaftlichen Lage beschleunigte sich der Stellenabbau im Oktober. Es war der stärkste Rückgang seit viereinhalb Jahren. Der fünfte monatliche Stellenabbau in Folge ist vor allem auf die schwache Nachfrage zurückzuführen, die besonders die Industrie belastet. Die Auftragseingänge gingen im Oktober das fünfte Mal in Folge zurück, vor allem aufgrund der Unsicherheiten im Automobilsektor und der geringeren Konsumbereitschaft der Kunden.

Verkaufspreise bleiben stabil

Während die Verkaufspreise im Servicesektor nur geringfügig anstiegen, fielen sie in der Industrie so stark wie seit 2009 nicht mehr. Dies ist auf den zunehmenden Wettbewerbsdruck und die schwache Nachfrage zurückzuführen. Die Einkaufspreise stiegen im Servicesektor langsamer als in den Vormonaten, während sie in der Industrie erneut fielen. Die gesamtwirtschaftlichen Prognosen bleiben verhalten, doch Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, sieht Potenzial für ein leichtes Wachstum im vierten Quartal, getragen durch den Servicesektor: “Der Start ins letzte Quartal des Jahres ist besser als erwartet. Da der Dienstleistungssektor schneller gewachsen ist und die Produktion im Verarbeitenden Gewerbe nicht so stark geschrumpft ist wie im Vormonat, ist ein positives Wirtschaftswachstum im vierten Quartal durchaus möglich.”

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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