Kapitalspritze für schnelleres Wachstum

Bessere Bedingungen durch Eigenkapitalfinanzierungen der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften

Erfolgreiche Unternehmen aus verschiedenen Branchen berichten über ihre Entwicklung, Investitionen und Beteiligungsgesellschaften.
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Wachstum braucht Einsatz, aber auch Kapital. Mit Eigenkapitalfinanzierungen von
Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften können die Voraussetzungen verbessert
werden. Wir stellen vier aktuelle und erfolgreiche Beispiele vor. 

Die Gollmann Kommissioniersysteme GmbH entwickelt produziert und vertreibt vollautomatische Kommissionier-Systeme für Medikamente. Das Unternehmen wurde 2006 in Halle an der Saale gegründet und ist mittlerweile einer der größten Anbieter in Deutschland. Im Gegensatz zu allen anderen Wettbewerbern nutzt Gollmann selbst entwickelte Systeme mit automatisierten Rollschrankanlagen. Diese patentierte Technik ermöglicht eine weitaus platzeffizientere Lagerung von

Daniel Gollmann
Foto: © Gollmann Kommissioniersysteme GmbH

Medikamenten und damit bis zu 50% mehr Produkte auf gleicher Grundfläche in der Apotheke. Gollmann bietet dieses System Apotheken wie auch Krankenhäusern und Großhändlern an. Nach der Gründung vor beinahe 20 Jahren erfolgte bereits 2008 die Expansion ins Ausland – unter anderem nach Frankreich und Australien. 2010 wurde Gollmann für den deutschen Gründerpreis nominiert – vier Jahre später folgte die Auszeichnung „Apothekenpartner des Jahres“.

Gollmann verkaufte 3.000 Systeme

Mittlerweile wurden 3.000 Systeme verkauft und der Umsatz hat sich in den vergangenen drei Jahren annähernd verdoppelt auf rund 60 Mio. EUR. Rund 400 Mitarbeitende sorgen dafür, dass wöchentlich bis zu elf neue Anlagen ausgeliefert werden können. 2023 wurde stark in den Maschinenpark investiert und zudem auch die Produktionsfläche und der Maschinenpark deutlich erweitert. „Das Wachstum ist erst einmal geschafft. Jetzt muss alles harmonisch zum Laufen gebracht werden.“, erklärt Geschäftsführer Daniel Gollmann. Möglich wurden diese wichtigen Investitionen unter anderem durch eine stille Beteiligung der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH (MBG). Durch das eigenkapitalersetzende und langfristige Darlehen der MBG wurden die weiteren Gespräche mit den finanzierenden Banken erleichtert.

© Gollmann Kommissioniersysteme GmbH
© Gollmann Kommissioniersysteme GmbH

Die technische Entwicklung wird bei Gollmann weiter vorangetrieben. In diesem Jahr wurde unter anderem das neue „Sytem42“ der Öffentlichkeit präsentiert, das für hochfrequente Auslagerungen konzipiert wurde. Außerdem bietet das Unternehmen nun auch einen Rund-um-die-Uhr geöffneten Abholterminal an, damit vorbestellte Medikamente auch außerhalb der Öffnungszeiten abgeholt werden können. Neu ist seit diesem Jahr auch ein  Erstinformationssystem für Apothekenbesucher, die sich erste Auskünfte über bestimmte Medikamente einholen wollen. Dies sind beste Voraussetzungen für eine weitere erfolgreiche Entwicklung bei Gollmann.

deviceTRUST: Sicherheit – unabhängig von Ort und Device

Jens Schmidt
Foto: © deviceTRUST

Nicht erst seit den Änderungen in der Arbeitswelt durch die Auswirkungen der weltweiten Coronapandemie hat das Thema IT-Sicherheit an Bedeutung gewonnen. Wenn Mitarbeitende mehr oder weniger das komplette Know-How der Firma auf dem Laptop oder dem Handy mit sich tragen, dann drohen im Falle von Verlust oder Diebstahl große Probleme. Aber auch ein sehr neugieriger Sitznachbar im Flugzeug oder in der Bahn kann ungewollt Geschäftsgeheimnisse erspähen. Eine mögliche Lösung des Problems sind IT-Systeme, die je nach der Umgebung des Nutzers nur bestimmte Anwendungen und Daten der Firma freigeben. Fachleute nennen das „Kontextbasierte Sicherheit“.

Das System erkennt automatisch, welches Gerät für den Zugriff benutzt wird – also Büroarbeitsplatz, Laptop auf Reisen oder Handy – und gibt je nach Umgebung oder weiteren individuellen Parametern entsprechende Informationen frei. „Wer im Zug sitzt zwischen Mannheim und München in einem offenen WLAN, der sollte nicht unbedingt vertrauliche Informationen auf dem Bildschirm haben wie zum Beispiel aktuelle Verkaufs- oder Fusionsplanungen“, erklärt Jens Schmidt, CSO von der deviceTRUST GmbH. Das Darmstädter Unternehmen wurde 2016 gegründet mit der Idee, das hybride Arbeiten für Unternehmen und Beschäftigte sicherer zu machen. Bereits ein Jahr später erfolgte eine Seed-Finanzierung unter anderem durch den HTGF High-Tech-Gründerfonds. 2018 kam dann das erste patentierte Produkt auf den Markt und stieß schnell auf großes Interesse.

Schnelles Wachstum dank Eigenkapital

Ein wichtiges Argument bei den Gesprächen mit potenziellen Kunden war, dass deviceTRUST eine IT-Sicherheit „made in Germany“ anbietet. „Die Technologie wurde in Deutschland entwickelt und erfüllt entsprechend die DSGVO Anforderungen. Das ist für viele Unternehmer ein wichtiges Argument“, fährt Jens Schmidt fort. Zu den Kunden gehören inzwischen unter anderem große Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder die KKH Kaufmännische Krankenkasse. Nach der ersten Seed-Runde gab es 2019 eine größere Venture Capital-Finanzierungsrunde, an der sich dann auch der Technologiefonds der bmh Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH beteiligte. Der erste Kontakt kam dabei durch die IHK Darmstadt zustande. Um das weitere Wachstum von deviceTRUST zu ermöglichen, hat sich die BMH nun auch mit einer stillen Beteiligung engagiert, um dem Unternehmen weiteres Eigenkapital zur Verfügung zu stellen. Das frische Kapital für weiteres Wachstum wird in die Erweiterung des Personals sowie neue Technologien investiert.

Frerotec: „Wo andere abwinken, fangen wir an“

Claudius Borgmann
Foto: © Frerotec KG

Fräsen, Drehen, Schleifen und Erodieren sind die Kernkompetenzen der FREROtec KG – und das nun schon seit mehr als 30 Jahren. „Wir sind ein klassischer Lohnfertiger, vermarkten keine eigenen Produkte, verstehen unsere Rolle eher als unbekannter Spezialist im Hintergrund“, erklärt Geschäftsführer Claudius Borgmann zur Strategie seines Unternehmens aus Quedlinburg im Harz. Gefertigt werden in dem Betrieb Prototypen, Einzelstücke und Kleinserien. Betreut werden unter anderem die Branchen Bahntechnik, Chemie, Kraftfahrzeugbau, Metallurgie, Schiffsausrüstung, Sondermaschinenbau. „Zu unseren Kunden zählen unter anderem namhafte Großkonzerne und ´Hidden-Champions´ des deutschen Mittelstands – wo andere abwinken, da fangen wir erst an“, fährt Borgmann selbstbewusst fort. Die Geschichte des Unternehmens begann im Jahr 1993 und bereits knapp zehn Jahre später war die Firma ein erfolgreicher Lohnfertiger. In den Folgejahren wurde durch den Unternehmensgründer der Maschinenpark kontinuierlich erweitert, um auf diese Weise weitere Produkte anbieten zu können. Ein wichtiger Schritt dabei war nach 2010 die Investition in moderne CNC-Bearbeitungszentren.

Durchstarten mit neuem Inhaber

Im Zuge einer Nachfolgeregelung hat Borgmann das Unternehmen im Jahr 2022 übernommen. Begleitet wurde dieser Übergang durch eine Eigenkapitalunterstützung der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH. „Die IHK Magdeburg hat mir den Tipp gegeben, vor weiteren Bankengesprächen zur Finanzierung der Unternehmensnachfolge mit der MBG den Einstieg in Form einer stillen Beteiligung zu prüfen. Bei der anschließenden Präsentation konnte dann sofort sowohl das strategische Konzept als auch die Fremdkapitalstruktur überzeugen“, erinnert sich Borgmann. Ohne die Beteiligung der MBG wäre die Transaktion so nicht möglich gewesen. Inzwischen wurde weiter in moderne CNC-Anlagen investiert und für die Zukunft ist ein Ausbau des Seriengeschäfts geplant. Ein wichtiger Schritt war zudem die Investition in eine Photovoltaik-Anlage für die eigene Stromversorgung. Um für die Zukunft gewappnet zu sein, wird inzwischen in der Firma auch die Ausbildung zum Zerspanungsmechaniker angeboten. Inzwischen hat die FREROtec KG 20 Mitarbeiter und die Aussichten für eine erfolgreiche Zukunft sind gut.

ck-Modelcars: Erfolgreich mit detailgetreuen Modellen

Christoph Krombach
Foto: © ck-modlecars

Die gute alte Carrerabahn kennen noch viele aus ihrer Kindheit. Rennwagen sausen um die Kurve und es werden spannende Rennen ausgetragen. Die kleinen Flitzer sehen ihren großen Vorbildern auf den internationalen Rennstrecken entfernt ähnlich – ein wenig Fantasie gehört dazu. Darüber kann Christoph Krombach nur müde lächeln. Seine erfolgreiche Firma ck-modelcars aus Asslar-Werdorf bei Wetzlar stellt hochwertige Modellautos und das passende Zubehör her. „Wir verkaufen hochwertige Sammlerprodukte und keine Spielwaren. Die Details sind für unsere Kunden entscheidend und so gut wie möglich die Realität in Miniatur nachzubilden“, erklärt er zu seinem Geschäftskonzept. Seine Kunden sind in der Regel Sammler, die genau wissen, was sie kaufen wollen, und entsprechende Ansprüche haben. Es gäbe aber auch Interessenten, die Geschenke und Präsente suchen wie zum Beispiel „Opas Auto“ oder das möglichst originaltreue Modell des eigenen Autos aus der Garage.

Von eBay zu drei Niederlassungen

Begonnen hat Christoph Krombach sein Geschäft vor 20 Jahren – damals noch im Nebenerwerb. Die anspruchsvollen Modellautos verkaufte er in einem ersten Schritt über die eBay-Plattform. Knapp zehn Jahre später baute er dann einen eigenen Webshop auf, über den inzwischen rund 90% des Umsatzes laufen. „Mein Ziel war es dabei auch von den Plattformen unabhängig zu werden und mein Schicksal damit in die eigene Hand zu nehmen“, fährt Krombach fort. 2015 ging es noch einen Schritt weiter, indem ck-modelcars unter einer Eigenmarke selbst die Modellautos vertreibt. Ziel war es, limitierte Exklusivmodellen zu realisieren oder auch die Umsetzung eigener Ideen für Fahrzeuge. Inzwischen hat das Unternehmen rund 50 Beschäftigte und betreibt drei Verkaufsstellen in Frankfurt, Berlin und Adenau am Nürburgring.

Um den Wachstumskurs fortsetzen und die Aktivitäten im Bereich der eigenen Modellentwicklung zu verstärken, waren zusätzliche Finanzmittel erforderlich. Über die Hausbank Volksbank Mittelhessen kam es dann zum Kontakt mit der bmh Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH wegen einer Mezzanine-Finanzierung. „Es geht bei der Finanzierung in erster Linie um neue Werkzeuge für unsere Modelle – und hier standen größere und langfristige Investitionen an, die zu finanzieren waren“, sagt Krombach. Nun kann es mit dem Wachstum des Unternehmens weitergehen.


KURZPROFIL ck-modelcars

Gründungsjahr: 2003

Branche: Modellfahrzeuge

Firmensitz: Asslar

Mitarbeiter: 50

Umsatz: keine Angaben

www.ck-modelcars.de


KURZPROFIL Gollmann Kommissioniersysteme GmbH

Gründungsjahr: 2006

Branche: Apothekensysteme

Firmensitz: Halle an der Saale

Mitarbeiter: 400

Umsatz 2022: 60 Mio. EUR

www.gollmann.com


KURZPROFIL deviceTRUST

Gründungsjahr: 2016

Branche: IT-Security

Firmensitz: Darmstadt

Mitarbeiter: 10

Umsatz: keine Angaben

www.devicetrust.com


KURZPROFIL Frerotec KG

Gründungsjahr: 1993

Branche: CNC-Fertigung

Firmensitz: Quedlinburg

Mitarbeiter: 20

Umsatz 2022: 1,76 Mio. EUR

www.frerotec.de


„Die Aussichten sind wichtig“

Interview mit Dr. Steffen Huth, Geschäftsführer, bmh Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH, und Gunnar Giese, Geschäftsführer, Mittelständische Beteiligungsgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH

Unternehmeredition: Wie kam der Kontakt zu den Unternehmen zustande?

Dr. Steffen Huth
Foto: © BMH

Dr. Steffen Huth: Die Kontaktaufnahme erfolgte auf unterschiedlichem Wege. Bei ck-modelcars hat uns die Hausbank angesprochen und bei deviceTRUST ging der Kontakt direkt vom Unternehmen aus. Grundsätzlich sind für uns die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Aussichten des Unternehmens wichtig. Natürlich geht es auch immer um das geplante Wachstum oder Investitionsvorhaben. Auch das schauen wir uns sorgfältig an.

 

 

Gunnar Giese
Foto: © BMH

Gunnar Giese: Herrn Gollmann kennen wir seit Bestehen des Unternehmens durch gelegentliche Kontakte auf verschiedenen Veranstaltungen und Vor-Ort-Besuchen. Generell arbeiten wir aber sehr eng mit den Hausbanken, den Kammern und Verbänden sowie Steuer- und Unternehmensberatern in Sachsen-Anhalt zusammen, sodass auch hier regelmäßig Kundenkontakte entstehen. Zudem bieten wir eine Reihe von Veranstaltungen an, über die wir unser Kontaktnetzwerk auch ständig ausbauen.

Nach welchen Kriterien richten Sie Ihre Entscheidung aus?

Dr. Huth: Professionelles und überzeugendes Management und Innovationskraft im Unternehmen sind die wichtigsten Kriterien. Darüber hinaus freuen wir uns über Nachfolgevorhaben genauso wie über frische Ideen in Sachen Unternehmensgründung.

In welchen Branchen sehen Sie gerade besonderen Handlungsbedarf?

Giese: Handlungsbedarf sehen wir in allen energieintensiven Unternehmen, in von der Transformation besonders betroffenen Unternehmen sowie in der altersbedingten Unternehmensnachfolge in Sachsen-Anhalt. Hier haben wir vor allem das verarbeitende Gewerbe und die wichtige Handwerkerschaft im Fokus.

Dr. Huth: Grundsätzlich gilt: Je geringer die Anlageintensität des Unternehmens einer Branche ist, desto weniger Kapital wird benötigt. Der Handlungsbedarf einer Eigenkapitalbeteiligung durch eine MBG ist bei anlageintensiven Branchen dementsprechend höher. Und der Effekt eines höheren Eigenkapitals ist ein positives Signal an mögliche Fremdkapitalgeber.

Vielen Dank Ihnen, für das interessante Gespräch!

Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 4/2023 mit Schwerpunkt “Unternehmervermögen erschienen. Zum E-Paper geht es hier. 

Autorenprofil
Alexander Görbing

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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