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Investoren auf Einkaufstour

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.


“Familienunternehmen verkaufen oft, weil die Nachfolge nicht glückt.”

Karl Maier, Geschäftsführer, Werkzeug- und Formenbau Willy Sutter GmbH

 


Die Suche dauerte mehrere Jahre. Doch als das richtige Unternehmen gefunden war, ging alles ganz schnell. Im April 2016 war der Deal perfekt. „Wir hatten uns schon lange nach einem geeigneten Unternehmen umgesehen, das wir kaufen könnten“, sagt Karl Maier, Geschäftsführer der Werkzeug- und Formenbau Willy Sutter GmbH mit Sitz im baden-württembergischen Steinen. Die Geschäfte des Mittelständlers, der seit über 30 Jahren hochpräzise Werkzeuge für die Spritzgusstechnik entwickelt und baut, liefen gut. So gut, dass die Produktionskapazitäten des Unternehmens mit 17 Mitarbeitern und einem Umsatz von rund drei Mio. Euro pro Jahr langsam an ihre Grenze stießen. „Aus diesem Grund wollten wir erweitern“, berichtet Maier.

Über eine Beratungsgesellschaft suchte die Willy Sutter GmbH daher nach interessanten Übernahmekandidaten, bis sie Anfang dieses Jahres fündig wurde: Die KS Werkzeugbau GmbH & Co. KG aus Kronach in Franken stand zum Verkauf, der Beratungsverbund ABG-Partner suchte mit Hochdruck nach einem strategischen Investor. Der Grund: Nachdem ein Großkunde abgesprungen war, musste es im Dezember 2015 Insolvenz anmelden. „Als wir von der KS Werkzeugbau erfuhren, waren wir bereits in Gesprächen mit einem anderen Betrieb“, erzählt Maier. Doch das Gesamtpaket aus Fachkompetenz, technischer Ausstattung und Kundenstruktur passte so perfekt, dass die Willy Sutter GmbH zuschlug. Bis zur Übernahme vergingen nur noch drei Monate.

Problem Nachfolge

Da der Geschäftsbetrieb der KS Werkzeugbau bereits eingestellt war, holte Maier einen Teil der Belegschaft zurück, reaktivierte ehemalige Kunden und Geschäftspartner. Für die Zukunft peilt er einen Umsatz von sieben Mio. Euro an. „Die Ursache dafür, dass mittelständische Familienunternehmen verkaufen, ist oft eine Nachfolge, die nicht glückt“, vermutet Maier. So sei es auch im Falle der KS Werkzeugbau gewesen. „Die Tochter des Unternehmers hatte die Firma übernommen, aber das ging nur ein Jahr gut.“

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.

In der Tat sind missglückte Nachfolgen ein Grund für den Verkauf von mittelständischen Familienunternehmen in Deutschland. Eine andere Ursache besteht darin, dass die Alteigentümer erst gar keinen geeigneten Nachfolger finden. Doch nicht allein der verfehlte Übergang eines Unternehmens von einer Generation auf die nächste treibt Firmenchefs zum Verkauf. Die Konsolidierung in vielen Branchen stellt so manchen Unternehmer vor die Wahl: Allein untergehen oder verkaufen und Arbeitsplätze sichern? Die Industrie 4.0 etwa, also die Umstellung von Geschäftsmodellen auf autonome, sich selbst steuernde und wissensbasierte Produktions- und Vermarktungssysteme, bringt Herausforderungen mit sich, denen sich so mancher kleinere Mittelständler nicht gewachsen fühlt. Und nicht zuletzt ist es auch nicht mehr der Wunsch eines jeden Firmenlenkers, sein Unternehmen bis zur Rente zu führen.

Viele Interessenten

Die gute Nachricht für potenzielle Unternehmensverkäufer: Interessenten finden sich am Markt derzeit mehr als genug, trotz hoher Unternehmensbewertungen. Private-Equity-Gesellschaften sind nach wie vor auf der Suche nach größeren Mittelständlern als renditeträchtige Investitionsobjekte. Family Offices, die das Vermögen großer Unternehmerfamilien verwalten, müssen zu Zeiten eines dauerhaft niedrigen Zinsniveaus lohnende Anlagemöglichkeiten finden. Strategen aus Asien und Nordamerika wollen sich den Zugang zu deutschem Know-how und begehrten Kunden sichern. Deutsche Unternehmen kaufen zu, um ihr Geschäftsfeld zu erweitern oder im Zuge einer Konsolidierung Wettbewerber vom Markt zu nehmen. Und in der Schweiz entscheiden sich Firmenchefs dafür, in Deutschland zu produzieren, um Kosten zu senken. All das treibt die Preise, die Mittelständler am deutschen Markt für Fusionen und Übernahmen (Mergers and Acquisitions, kurz: M&A) aktuell erzielen können. Wer verkaufen möchte, sollte daher nicht mehr zu lange warten.

Rekorde bei EBIT-Multiples

„Der deutsche M&-Markt ist sehr stabil“, sagt Hans Bethge, Geschäftsführender Partner bei Angermann M&A International in Hamburg. Sowohl die Anzahl der Transaktionen als auch die Bewertungen hätten sich in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres gegenüber dem zweiten Halbjahr 2015 noch einmal erhöht. „Und diesen Zeitraum hatten wir ja schon als ‘All-Time-High’ eingeschätzt“, erklärt der Experte. Hohe Preise können keineswegs nur Großunternehmen erzielen. „Je nach Branche belaufen sich auch die Kaufsummen für kleinere Firmen auf ein EBIT-Multiple von bis zu zehn“, sagt Bethge. Das bedeutet: Käufer sind bereit, im besten Fall das Zehnfache des Geschäftsergebnisses vor Zinsen und Steuern zu zahlen. Damit erreichen die Bewertungen ein Niveau wie zuletzt unmittelbar vor Ausbruch der Finanzkrise.

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.


„Betrachtet man die strategischen Firmenkäufer, so fallen zuerst chinesische Unternehmen ins Auge.“

Martin Schwarzer, Partner Mergers &  Acquisitions, PwC Deutschland

 


Ähnlich wie damals tummeln sich auch heute wieder zahlreiche Investoren am deutschen M&A-Markt. Sie richten ihr Augenmerk nicht nur auf große Unternehmen, sondern ebenso auf Mittelständler. „Finanzinvestoren sind natürlich immer noch dabei“, sagt Martin Schwarzer, Partner Merger & Acquisitions bei PwC Deutschland. Allerdings liegt der Anteil der Übernahmen deutscher Familienunternehmen durch diese Investorengruppe nur noch bei etwa 20 Prozent. Der geringe Prozentsatz erklärt sich vor allem daraus, dass Mittelständler, die ihre Firma veräußern wollen oder müssen, eher nach strategischen Investoren, nach anderen Unternehmen also, suchen. Auch Family Offices gewähren sie daher meist nur eine Minderheitsbeteiligung an der eigenen Firma, selten aber die Übernahme von 100 Prozent der Anteile.

Chinesen auf dem Vormarsch

„Betrachtet man die strategischen Firmenkäufer, so fallen zuerst chinesische Unternehmen ins Auge“, sagt Schwarzer. Zahlen belegen es. So zeigt eine Analyse von PwC, dass chinesische Unternehmen zwischen Januar und Mai 2016 30 deutsche Firmen erworben haben, das Transaktionsvolumen belief sich auf 3,4 Mrd. Euro. Im Gesamtjahr 2015 waren es 17 Transaktionen mit einem Volumen von zusammen 500 Mio. Euro. „Nach aktuellen Schätzungen werden wir im laufenden Jahr etwa 60 Übernahmen durch chinesische Unternehmen sehen“, vermutet Schwarzer. Strategische Investoren aus dem Reich der Mitte hätten, ebenso wie auch nordamerikanische Unternehmen, sehr hohe Budgets für anorganisches Wachstum. „Was hiesige Mittelständler für diese Investoren interessant macht, sind im Zuge der fortschreitenden Globalisierung das technische Know-how und ihr Zugang zu wichtigen europäischen Kunden“, erläutert Schwarzer. Zudem schätzen sie die wirtschaftliche und politische Stabilität in Deutschland.

(Quelle: PwC)

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.

„In vielen Branchen, so etwa in der Automobilzulieferindustrie, findet derzeit eine Konsolidierung statt“, sagt Schwarzer. So bekommen chinesische Unternehmen Aufträge von Konzernen nur noch, wenn sie diese mit ihren Produkten nicht nur an Standorten in China, sondern auch in Europa und den NAFTA-Ländern bedienen können. „Da liegt es nahe, ein deutsches Unternehmen zu kaufen“, sagt Schwarzer. Deutsche Firmen bekommen dadurch Wettbewerber, die sie früher nicht hatten. Damit steigt der Konsolidierungsdruck, dem deutsche Mittelständler ausgesetzt sind, und der sie dazu treibt, selbst zu kaufen – oder zu verkaufen.

„Gerade Familienunternehmen, die nur mit knapper Not durch die Finanz- und Wirtschaftskrise gekommen sind, entscheiden sich dann zunehmend für einen Verkauf“, erklärt Schwarzer. Aktuelle politische und wirtschaftliche Unsicherheiten, wie sie der Ausgang des Referendums in Großbritannien oder die Lage in der Türkei hervorrufen, forcierten eine solche Entscheidung häufig. Allerdings schauen sich verkaufswillige Lenker mittelständischer Familienunternehmen eher in Deutschland oder zumindest im deutschsprachigen Raum nach geeigneten Käufern um.

Die Firma in gute Hände geben

„Sie möchten sicher sein, die Firma in gute Hände zu geben“, sagt Norbert Schulte, Managing Partner der Kanzlei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP in Düsseldorf, die Unternehmen bei Fusionen und Übernahmen berät. Viele Firmenverkäufe gingen daher „off market“ über die Bühne, ohne öffentliches Auktionsverfahren also. „Finanzinvestoren und Strategen aus dem fernen Ausland treiben insgesamt zwar die Preise nach oben, Asiaten sind sogar bereit, in Umsatz- statt in EBIT-Multiples zu rechnen“, erklärt Schulte. Vor allem an kleinere deutsche Mittelständler kämen sie aber oft gar nicht erst heran. „Firmen mit Jahresumsätzen zwischen zehn und 30 Mio. Euro suchen in der Regel nach inländischen Strategen, wenn sie verkaufen wollen“, weiß auch Sebastian Göring von der Unternehmensberatung Euroconsil aus Stuttgart.

Für Finanzinvestoren kämen ohnehin erst Mittelständler mit einem Umsatz oberhalb der 30 Mio. Euro infrage, darunter lohnt sich für diese Gesellschaft das Geschäft nicht.

Ein Finanzinvestor schied für die Sahlberg GmbH & Co. KG ohnehin von Anfang an aus. Das Unternehmen mit Sitz in Feldkirchen bei München ist ein technischer Händler und Spezialist für Arbeitsschutz, Gummi und Kunststofferzeugnisse. Rund 200.000 Artikel hat Sahlberg im Sortiment, darunter Arbeitsschutzprodukte, Schmierstoffe, Dichtungs- und Klebetechnik, Schlauch- und Armaturentechnik und vieles mehr. Zusätzlich bietet das Unternehmen, das mit 210 Mitarbeitern für 2016 einen Umsatz von 50 Mio. Euro anpeilt, seinen Kunden auch Beratung und maßgeschneiderte Individualprodukte an.

 Markt im Umbruch

„In Deutschland sind im technischen Handel einige regionale Schwerpunkthändler entstanden“, sagt Bernd Quade, der bei Sahlberg 2014 als externer Geschäftsführer die Firmenleitung von der Unternehmerfamilie übernommen hat.

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.


„Da muss man sich überlegen, ob man mit der Zeit zu einem kleinen Fisch werden möchte oder Größe zeigen muss.“

Bernd Quade, Geschäftsführer, Sahlberg GmbH & Co. KG

 


„Wir sind Markführer in Bayern und bedienen von hier aus ganz Deutschland“, erklärt er. Das Unternehmen sei entsprechend gut aufgestellt. „Der deutsche Markt für technische Händler befindet sich aber im Umbruch“, sagt Quade. Der Grund dafür: Wettbewerber aus anderen europäischen Ländern drängen auf den deutschen Markt, da der technische Handel hier sehr gut läuft. Daher versuchen einige Unternehmen aus dem europäischen Ausland, sich über Unternehmenskäufe in Deutschland zu etablieren. Geld ist genug vorhanden.

„Das führt dazu, dass sich immer größere Handelsstrukturen bilden, die eine hohe Finanz- und Schlagkraft haben“, sagt Quade. „Da muss man sich überlegen, ob man mit der Zeit zu einem kleinen Fisch werden möchte oder Größe zeigen muss“, erläutert der Geschäftsführer. Für ihn war die Antwort klar: Sahlberg hat nur in einem größeren Verbund eine gute Zukunft.

Einen geeigneten Käufer fand das Unternehmen in Österreich. Die Haberkorn Gruppe, die ihre Hauptsitze in Wolfurt im Bundesland Vorarlberg und in Wien hat, ist in Österreich der führende Anbieter im technischen Handel. Zudem in Osteuropa sehr aktiv. „Haberkorn suchte eine Gelegenheit, auch in Deutschland tätig zu werden“, sagt der Sahlberg-Geschäftsführer. Jetzt wollen die beiden Unternehmen zusammen den deutschen Markt von Süden her aufrollen. „Wir profitieren auch davon, dass wir unter dem Dach von Haberkorn eine Größe haben, die es uns erlaubt, unsere Verkaufsstrukturen verstärkt zu digitalisieren“, sagt Quade. Darum käme ein technischer Händler im Zuge der Industrie 4.0 auf die Dauer nicht herum. „Die notwendigen Investitionen können kleinere Unternehmen allein einfach nicht stemmen.“

Digitalisierung als Kaufgelegenheit

„Tatsächlich ist die Industrie 4.0 ein Treiber für Unternehmenskäufe und -verkäufe im deutschen Mittelstand“, sagt Patrick Schmidl, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Deutsche Mittelstandsfinanz GmbH in Frankfurt.

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.

Bereits in den vergangenen drei Jahren seien Fusionen und Übernahmen, die mit dem Thema Industrie 4.0 zusammenhängen, deutlich gestiegen. „Für die Zukunft ist davon auszugehen, dass eine große Anzahl mittelständischer Unternehmen die Geschwindigkeit und den technologischen Transformationsdruck, den die Industrie 4.0 erzeugt, nicht mehr mitgehen kann und will“, sagt Schmidl. Größere Unternehmen wie die Haberkorn Holding AG, die am Know-how oder am Marktzugang deutscher Unternehmen interessiert sind, sähen dann ihre Chance gekommen.

Kaum Käufer aus Österreich

Allerdings dürften sich unter den Käufern eher selten Firmen aus Österreich finden. „Transaktionen mit Beteiligung österreichischer Strategen sind am deutschen Markt eine Ausnahme“, sagt Norbert Schulte. Aber: Einer der seltenen Deals ist die Übernahme der PSG Plastic Service GmbH mit Hauptsitz in Mannheim durch die österreichische Meusburger Georg GmbH & Co. KG. Die Transaktion ist erst im Juli dieses Jahres abgeschlossen worden.„Sowohl PSG als auch Meusburger sind Familienunternehmen“, sagt Felix Hoch von der C-H-Reynolds Corporate Finance AG in Frankfurt, die die Transaktion begleitet hat.

(Quelle: MAJUNKE Consulting / Unternehmeredition)

Während das deutsche Unternehmen Heißkanal- und Regeltechnik für die Kunststoffindustrie anbietet, produziert Meusburger sogenannte Normalien, also standardisierte, nicht genormte Maschinenelemente. Zudem liefern die Österreicher Produkte für den Werkstattbedarf.

„Wir wollen von nun an unser Produkt- und Serviceangebot für den Werkzeug- und Formenbau immer weiter ausbauen“, sagt Guntram Meusburger, Geschäftsführender Gesellschafter der Meusburger Georg GmbH & Co. KG. Der Grund dafür, dass die Mannheimer PSG Plastic Service GmbH, die zuletzt einen Umsatz von 27 Mio. Euro schrieb und rund 200 Mitarbeiter beschäftigt, einen Käufer suchte, ist das geradezu klassische Thema der Firmennachfolge: 18 Familiengesellschafter sahen keine Chance, das Unternehmen weiterhin in der Familie zu halten.

 

Schweizer schielen auf Fusionen und Übernahmen bei deutschen Unternehmen

„Viel häufiger als österreichische Strategen schauen sich Schweizer Unternehmen am deutschen M&A-Markt um“, weiß Norbert Schulte, ein Experte für Fusionen und Übernahmen. Dies liege zum einen daran, dass der Schweizer Franken seit der Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, die Währung nicht mehr an einen Euro-Mindestkurs zu koppeln, stark aufgewertet hat. Das senkt die Erträge von Schweizer Export-Unternehmen. Viele verlagern ihre Produktion daher verstärkt in Länder der Eurozone. Standorte im Nachbarland Deutschland werden als Kaufziele somit attraktiv. „Zum anderen benötigt die starke Schweizer Pharmaindustrie Zulieferer, die sich in der Bundesrepublik gut finden lassen“, erklärt Schulte.

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„Der M&A-Markt in der Schweiz ist sehr aktiv, die Unternehmen haben gut gefüllte Kassen.”

Norbert Schulte, Managing Partner, McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP

 


Genau aus diesem Grund geht die Schweizer Siegfried AG, ein international tätiger Pharmakonzern mit Sitz in Zofingen, seit 2014 in Deutschland auf Einkaufstour. Im November dieses Jahres übernahm sie das Familienunternehmen Hameln Pharma, das auf die Herstellung steriler flüssiger Präparate für die pharmazeutische Industrie spezialisiert ist und 2014 rund 500 Mitarbeiter zählte. 2015 erwarb die Siegfried AG eine Produktionsstätte der BASF im niedersächsischen Minden.

„Der M&A-Markt in der Schweiz ist sehr aktiv, die Unternehmen haben gut gefüllte Kassen und zahlen für Übernahmen hohe Preise“, sagt Norbert Schulte. Damit reihen sie sich ein in die große Gruppe der Investoren, die derzeit Interesse an deutschen Mittelständlern anmelden. Was auch immer die Gründe sind: Für Firmenlenker, die verkaufen möchten oder müssen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt. Und die Suche nach dem passenden Käufer wird sich vermutlich nicht über mehrere Jahre hinziehen – wie bei der Willy Sutter GmbH.

Auf der nächsten Seite erklären finden Sie eine Übersicht zu den Verkaufsgründen sowie den Kaufinteressenten für den Mittelstand.

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Warum deutsche Mittelständler verkaufen:

Kein geeigneter Nachfolger

Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) in Bonn stehen in Deutschland bis Ende 2018 jedes Jahr rund 27.000 Familienunternehmen vor einem Generationswechsel. Doch nur in 50 Prozent der Fälle wird ein Nachfolger in der Familie gefunden. Wollen die Kinder des Alteigentümers die Firma nicht übernehmen oder kann sich ein großer Gesellschafterkreis nicht einigen, bleibt meist nur der Unternehmensverkauf.

Marktkonsolidierung

Branchen wie die IT- und Telekommunikation, die Pharmaindustrie oder der Sektor der Automobilzulieferer stehen derzeit unter starkem Konsolidierungsdruck. Firmenlenker, die erkennen, dass sich ihr Unternehmen in immer größer werdenden Strukturen allein nicht halten kann, entscheiden sich oft für einen Verkauf.

Industrie 4.0

Die sogenannte Industrie 4.0, die Verzahnung der industriellen Produktion mit moderner Informations- und Kommunikationstechnik, stellt Unternehmen vor enorme Herausforderungen. Vor allem kleinere Mittelständler sehen sich nicht in der Lage, erforderliche technologische Veränderungen vorzunehmen. Dann liegt ein Verkauf nahe.

Neustart

Anders als der Generation ihrer Eltern ist es jüngeren Unternehmern oder Gründern von Start-ups zuweilen kein Anliegen, die Firma bis zum Ruhestand zu führen und sie dann innerhalb der Familie zu übergeben. Stattdessen verkaufen sie, um danach eventuell eine Idee für ein neues Unternehmen umzusetzen.

Insolvenz

Unternehmensverkäufe aus einer Insolvenz heraus nehmen derzeit ab. Der Grund: Das extrem niedrige Zinsniveau führt dazu, dass Banken eher bereit sind, in Not geratene Kredite umzuschulden oder Finanzierungen zu prolongieren.

 Und das sind die Kaufinteressenten…

 

Der deutsche Markt für Fusionen und Übernahmen ist in Bewegung. Finanzinvestoren und Strategen aus dem In- und Ausland sind nicht nur an Großunternehmen, sondern vor allem an mittelständischen Firmen interessiert. Woher die Käufer kommen – und was Mittelständler zum Verkauf treibt.

Private-Equity-Gesellschaften

Private-Equity-Häuser sind nach wie vor daran interessiert, in deutsche Familienunternehmen zu investieren. Das Niedrigzinsniveau verschafft ihnen einen günstigen Zugang zu Krediten, sodass Käufe mit einem hohen Leverage, über einen hohen Anteil an Fremdkapital also, finanziert werden können.

Family Offices

Die Vermögensverwaltungen reicher Unternehmerfamilien stehen aufgrund des dauerhaften Niedrigzinsniveaus und mangels attraktiver Anlagemöglichkeiten unter Investitionsdruck. Daher entdecken sie Familienunternehmen zunehmend als Objekte für eine renditeträchtige Kapitalanlage.

Strategen aus Asien und Nordamerika

Unternehmen aus Asien, vor allem aus China, sowie nordamerikanische Firmen treiben die Preise am deutschen Markt für Fusionen und Übernahmen. Mit dem Kauf deutscher Mittelständler sichern sie sich den Zugang zu Technologien „made in Germany“, zu Know-how und begehrten Kunden.

Unternehmen aus der Region D-A-CH

Deutsche Unternehmen kaufen zu, um ihr Geschäftsfeld und ihre Produktionskapazitäten zu erweitern, oder um im Zuge einer Marktkonsolidierung bestehen zu können. Übernahmen durch Unternehmen aus Österreich sind eher die Ausnahme. Firmen und Konzerne aus der Schweiz betreiben mit dem Kauf deutscher Unternehmen in erster Linie eine Kostenreduktion, zu der sie der starke Kurs des Schweizer Franken drängt. Schweizer Pharmaunternehmen suchen nach Zulieferern.

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