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Hefe, Hopfen und die Crowd

Erstmals seit vielen Jahrzehnten gelingt es einer jungen Brauerei in München, sich als Newcomer in der Stadt der Biere zu etablieren. Einen Teil zum Erfolg der Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH haben auch frische Ideen bei der Finanzierung beigetragen. 

Bayerische Brauer hatten in früheren Jahrhunderten ihre ganz eigenen Methoden, um die Qualität eines Bieres zu prüfen. Beispielsweise wurde der frische Gerstensaft auf Sitzflächen verteilt, auf denen die Tester Platz nahmen. Blieb die Bank nach einer Wartezeit beim Aufstehen an ihnen kleben, war im Bier genug Zucker enthalten. Qualitätsprüfungen dieser Art gibt es heute zwar nicht mehr. Seit einigen Jahren aber lässt ein junges Unternehmen in München  die Tradition der Stadtteilbrauereien wieder aufleben. Der „Giesinger Bräu“ ist damit auch deshalb erfolgreich, weil er seine Bierspezialitäten mittels traditioneller Brauverfahren handwerklich und ohne industrielle Eingriffe herstellt. „Der Trend geht hin zu handgemachten Lebensmitteln mit Qualitätsanspruch. Vor diesem Hintergrund ist unser Bier gerade in München ein starkes Produkt mit Zukunft“, freut sich der Gründer und Geschäftsführende Gesellschafter Steffen Marx.

Natürliche Zutaten und regionales Flair

Wohl bekommt’s: Biere von der Giesinger Biermanufaktur. (© Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH)

Entstanden ist die Idee vor rund neun Jahren beim gemütlichen Beisammensein im Biergarten. Schon kurz danach stellten Marx und der damalige Braumeister in einer Garage ihr eigenes Bier her. Die Nachfrage danach ist schnell gewachsen. Zur Herstellung verwendet Giesinger Bräu große offene Gärbottiche statt der üblichen Edelstahltanks. Regionale Zutaten wie Gerstenmalz, Hopfen und Hefe machen den besonderen Charakter der Biere aus. Jährlich rund 600 Hektoliter produzierte die Brauerei so bereits im Jahr 2008, als mit der Gründung der Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH die heutige Gesellschaftsform eingetragen wurde. Neben dem Hofverkauf nahmen auch immer mehr Getränkemärkte die Biere ins Sortiment. So ist es kein Wunder, dass bereits vor vier Jahren bei einem Ausstoß von über 900 Hektolitern die Kapazitätsgrenzen erreicht waren. Konsequenz: Man musste über den Bau einer neuen Braustätte nachdenken.

Crowdfinanzierung mit Genussrechten

Angesichts eines Kapitalbedarfs von 4,3 Mio. Euro für das Bauvorhaben stand das Unternehmen nun jedoch vor einer größeren finanziellen Herausforderung. „Ohne frisches Geld wäre der nächste Wachstumssprung nicht zu meistern gewesen“, sagt Marx. Er hat bewiesen, dass es ihm auch in Finanzierungsfragen nicht an Kreativität mangelt. Zusätzlich zu den von den vier Hauptgesellschaftern bereitgestellten Mitteln wurde rund die Hälfte des Kapitalbedarfs durch einen von der Raiffeisenbank Süd in München bereitgestellten Kredit abgedeckt.

Erstmals seit vielen Jahrzehnten gelingt es einer jungen Brauerei in München, sich als Newcomer in der Stadt der Biere zu etablieren. Einen Teil zum Erfolg der Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH haben auch frische Ideen bei der Finanzierung beigetragen. 

Die junge Brauerei suchte darüber hinaus den Kontakt zu einer Vielzahl privater Geldgeber auf dem Weg des Crowdfunding via Internet. So flossen von 2012 bis 2014 jährlich 100.000 Euro aus der Begebung von Genussrechten, wobei insgesamt 1.000 Kapitalgeber mit Einzelinvestments von durchschnittlich 300 Euro zu dieser Schwarmfinanzierung beigetragen haben. Die Genussrechte werden auf unbestimmte Zeit ausgegeben und können durch die Genussrechtsinhaber frühestens zum 31.12.2025 gekündigt werden. Die Anleger finden dabei ganz offenbar nicht nur die Verzinsung von acht Prozent jährlich attraktiv, sondern schätzen auch die Produkte des Unternehmens. Dafür jedenfalls spricht die Tatsache, dass die Auszahlung der Zinsen in Form von Bier-Wertmarken erfolgt.

Vom Sponsorenpaket bis zur stillen Beteiligung

Auf einer zweiten Schiene bot Giesinger Bräu zudem Sponsorenpakete ab 200 Euro an, bei denen Geldgeber mit Prämien wie

Das neue Braustüberl: In München sehr angesagt. (© Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH)

Steinkrügen, Brauereiführungen und Einladungen zu Sommerfesten entlohnt werden. Rund 50.000 bis 60.000 Euro kamen über diese – mittlerweile ausverkauften – Sponsoringpakete zusammen. Unternehmer können zudem gegen die Zahlung von 4.000 bis 4.500 Euro ihr Firmenlogo an einem Biertank oder einem Tisch im Bräustüberl anbringen lassen. Nicht zuletzt haben Anleger bislang in 19 atypische stille Beteiligungen des Giesinger Bräu in Höhe von jeweils 12.500 Euro investiert. Diese Kapitalgeber nehmen entsprechend ihrer Anlage an den Gewinnen und bis zur Höhe ihrer Einlage auch an Verlusten teil.

Bereit für weiteres Wachstum

Mit der gelungenen Finanzierung des im Herbst 2014 neu eröffneten Standorts im Münchner Stadtteil Giesing sind die Weichen für die Zukunft gestellt. Hier können nun bis zu 10.000 Hektoliter jährlich produziert werden und der Firmenchef ist sich sicher, dass diese Kapazität früher oder später auch ausgeschöpft wird. „In München werden jährlich 1,3 Mio. Hektoliter Bier getrunken. Wir streben einen Anteil von einem Prozent an diesem Markt an“, sagt Steffen Marx.

Kurzprofil Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH

Gründungsjahr 2008
 Branche Brauerei, Gastronomie
 Unternehmenssitz  München
 Umsatz 2014 ca. drei Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl  29

www.giesinger-braeu.deErstmals seit vielen Jahrzehnten gelingt es einer jungen Brauerei in München, sich als Newcomer in der Stadt der Biere zu etablieren. Einen Teil zum Erfolg der Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH haben auch frische Ideen bei der Finanzierung beigetragen. 

„Crowdfunding ist anfangs mit hohen Ausgaben verbunden“

Interview mit Steffen Marx, Geschäftsführender Gesellschafter der Giesinger Biermanufaktur & Spez. Braugesellschaft mbH

Unternehmeredition: Wie ist es zur Idee mit dem Crowdfunding gekommen und wo liegen die Grenzen dieser Finanzierungsform?
Marx:
Als es an die Planung unserer neuen Braustätte ging, haben wir mehrere Finanzierungsmodelle durchgespielt. Bis zu einem bestimmten Volumen hatten wir auch Kreditangebote von zwei Banken vorliegen. Ich hatte darüber hinaus aber schon lange über die Kapitalbeschaffung via Crowdfunding nachgedacht. Wir haben das dann unter anderem über die Begebung von Genussrechten genutzt. Allerdings ist das Volumen hier de facto auf 100.000 Euro jährlich begrenzt, da bei darüber hinaus gehenden Summen erhebliche Kosten für die Prospekterstellung entstehen.

Welche Kosten sind entstanden, um die Anleger zu erreichen?
Die Werbeausgaben wie etwa die für Website, Flyer und Inserate beliefen sich anfangs auf rund 20 bis 25 Prozent des Emissionsvolumens. Mittlerweile erreichen wir die Anleger aber auch ohne den anfänglichen Aufwand und können uns auf das Schalten einiger Zeitungsinserate beschränken. Wir haben auch im laufenden Jahr bereits wieder eine gute Zeichnungsrate.

In welcher Spanne bewegen sich die Anlagebeträge und wie viel Aufwand ist mit der Pflege der Investoren verbunden?
Der kleinste Betrag liegt bei 100 und der größte bei 5.000 Euro. Um den Aufwand zu senken, wird die Mindestanlage jetzt aber 200 Euro betragen. Der Verwaltungsaufwand ist dennoch nicht zu unterschätzen. Immerhin muss ich jetzt laufend mehr als 1.000 Zeichner unserer Genussrechte mit Informationen versorgen. Neben den Genussrechten bieten wir für größere Investments auch stille Beteiligungen an. Diese Anleger müssen wir nicht umwerben, sondern sie kommen von sich aus auf uns zu.

Vielen Dank für das Gespräch.

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