Regulierung, Rechtsstreitigkeiten und niedrige Zinsen stellen die Verlässlichkeit angestammter Mittelstands-Financiers in Frage. Alternative Finanzierungsinstrumente werden immer bedeutender. Doch nicht alle Unternehmen sind bislang darauf vorbereitet.
Sehr bemerkenswert resümieren die Sparkassen in ihrer Studie „Diagnose Mittelstand 2015“: „Insgesamt führt die neue Regulierung zu einer gesamtwirtschaftlich abträglichen Verknappung und Verteuerung des Kreditangebots, insbesondere im Bereich langfristiger Kredite …“. Nahezu inhaltsgleich meldete sich bereits im Oktober letzten Jahres der Bankenverband im Rahmen seiner Studie „Fokus Unternehmen – Langfristfinanzierung“ zu Wort.
Adaption ist unumgänglich
Diese neue Realität zwingt Mittelständler zunehmend, sich bankergänzend zu finanzieren. „Ausweichen auf den Kapitalmarkt“ empfehlen dann die Sparkassen genauso unverblümt wie die Banken, die der mittelständischen Wirtschaft unmissverständlich anraten, sich kapitalmarktbasiert zu finanzieren.
Diese Empfehlungen der Banken und Sparkassen sind ein klares Signal der Zeitenwende, mit dem der Mittelstand vielfach ungenügend vorbereitet in die Mündigkeit entlassen wird. Sich künftig bankergänzend zu finanzieren ist für die meisten Mittelständler ein Paradigmenwechsel, der nicht reibungslos vonstatten geht.
Der Flexible – nicht der Starke
Nur die Unternehmen, denen es gelingt, sich flexibel auf die neue, vielseitige Form der Mittelstandsfinanzierung einzulassen, werden langfristig erfolgreich sein. Bestimmte Problemstellungen lassen sich sinnvoll nur mit einer bankergänzenden Finanzierung lösen. Zur Veranschaulichung wird dies anhand anonymisierter Fallbeispiele auszugsweise skizziert.Regulierung, Rechtsstreitigkeiten und niedrige Zinsen stellen die Verlässlichkeit angestammter Mittelstands-Financiers in Frage. Alternative Finanzierungsinstrumente werden immer bedeutender. Doch nicht alle Unternehmen sind bislang darauf vorbereitet.
Fallbeispiel 1
Abgewendet | Teurer Fehler durch Verwässerung |
Unternehmensprofil | IT-unterstütztes Handelsunternehmen, Umsatz rund 70 Mio. Euro, prognostizierte Umsatz- und Ergebnisverdoppelung innerhalb der kommenden fünf Jahre. Bankergänzender Finanzierungsbedarf von sechs bis sieben Mio. Euro. |
Hemmschuh ergänzende Bankfinanzierung |
Die kreditgebenden Banken haben es nicht verstanden, dass in der aktuellen Unternehmensphase das Wachstum und nicht der Ertrag bzw. der frei verfügbare Cashflow als vorrangiges Unternehmensziel verfolgt wird – was sich entsprechend in den Finanzkennzahlen niederschlägt. |
Vermeidung eines teuren Fehlers | In Ermangelung benötigter Bankkredite plante das Unternehmen die Einbindung eines Venture-Capital-Investors, dessen Minderheitsbeteiligung bei rund 20 Prozent liegen sollte. Mit der nun vorgesehenen KMU-Anleihe erweitert das Unternehmen seinen Fremdfinanzierungsspielraum und verschiebt die mögliche Verwässerung in eine Zeit, die eine deutlich attraktivere Bewertung erwarten lässt. |
hvRegulierung, Rechtsstreitigkeiten und niedrige Zinsen stellen die Verlässlichkeit angestammter Mittelstands-Financiers in Frage. Alternative Finanzierungsinstrumente werden immer bedeutender. Doch nicht alle Unternehmen sind bislang darauf vorbereitet.
Fallbeispiel 2
Ermöglicht | Weiteres Wachstum trotz beschränkter Kreditkapazität lokaler Hausbanken |
Unternehmensprofil | Produzierendes Unternehmen der hochwertigen Bauzulieferindustrie, Umsatz rund. 45 Mio. Euro. Finanzierungsbedarf rund 5 Mio. Euro zur Wachstumsfinanzierung und Nutzung günstiger Skonto-Bedingungen. |
Hemmschuh ergänzende Bankfinanzierung |
Nach stetigem Unternehmenswachstum stieß das Unternehmen immer wieder an die Grenzen der Kreditkapazität lokaler Hausbanken. |
Win-Win | Alternativ zur Einbindung einer weiteren Bank und der damit einhergehenden Neuverteilung des verfügbaren Zusatzgeschäfts sowie einer zunehmenden Komplexität und Abhängigkeit entschied sich das Unternehmen für die Begebung einer KMU-Anleihe im Volumen von 4,5 Mio. Euro. |
Hol- oder Bringschuld
Verpasste Wachstumschancen, neue Miteigentümer am Tisch, alternativlos an unbequeme Bank-„Partner“ gebunden – den Fallbeispielen ist eines gemeinsam: Das Nichtwissen um attraktive, bankergänzende Finanzierungsformen wäre die Unternehmen beinahe teuer zu stehen gekommen. Unternehmen sind heute aufgefordert, sich aktiv zu informieren und davon konkrete Handlungsoptionen abzuleiten.
Fazit
Die Zeichen der Zeit – allen voran die unmissverständlichen Aufforderungen der Banken und Sparkassen, die aufgrund der Kreditverteuerung und –verknappung dem Mittelstand den Kapitalmarktzugang nahelegen – machen deutlich: Jetzt ist die Zeit, um sich gut informiert bankergänzend zu finanzieren. Da sich die Situation weiter verschärfen wird, ist der Unternehmer heute gefordert, sich dem Thema Finanzierung neu und mit deutlich weiterem Blick zu stellen.
Zur Person
Mark van den Arend ist Geschäftsführer der WIR Finanzierer GmbH. Mit der KMU-Anleihe, einem langfristigen, bankergänzenden Finanzierungsbaustein, eröffnet er dem Mittelstand den Zugang zum Kapitalmarkt. Auch als Vizepräsident des Bundesarbeitskreises „Alternative Finanzierungen“ des Instituts für Betriebsberatung, Wirtschaftsförderung und -forschung e.V. (IBWF) engagiert er sich für mehr Aufklärungsarbeit. www.wirfinanzierer.de