Family Offices als Finanzierungspartner

Angesichts der Marktturbulenzen der letzten Jahre und der hieraus resultierenden verschärften Kontrollauflagen (Stichwort Basel II + III) sind die meisten Bankinstitute damit beschäftigt, ihre Bilanzen zu bereinigen, und haben in Folge die Kreditvergabe zunehmend eingeschränkt. Der Mittelstand muss sich daher seit geraumer Zeit nach alternativen Finanzierungspartnern umsehen, um die notwendigen Mittel für sein Wachstum aufnehmen zu können. Wenn die Unternehmensgröße für die Emission von eigenen Anleihen nicht ausreicht, besteht die Lösung meist in der Einwerbung von Eigenkapital, das auch wieder mehr Spielraum für Bankfinanzierungen öffnet.

Zunehmende Professionalisierung

Sicherlich war die bisherige Gegenüberstellung von Family und Private Equity bewusst sehr kontrastierend gewählt, um die jeweiligen Tendenzen klarer herausarbeiten zu können. Obwohl das Phänomen Family Equity in Deutschland erst seit ein paar Jahren verstärkt zutage tritt, hat es sich inzwischen zunehmend professionalisiert und wird klassischen Private-Equity-Fonds immer ähnlicher. Gerade bei sehr großen Vermögen werden inzwischen eigene fondsähnliche Vehikel aufgesetzt, die auch dritten Investoren offen stehen können, so dass der Unterschied zu einem klassischen Private Equity auf den ersten Blick kaum mehr feststellbar ist. Trotzdem glauben wir, dass aufgrund der Tatsache, dass die wohlhabenden Familien ihr Vermögen meist selbst durch einen Unternehmensverkauf aufbauen konnten, sich hierdurch eine andere Art von Partnerschaft zwischen dem kapitalsuchenden Unternehmen und dem Financier ergibt, wie sie sich typischerweise bei professionellen Private-Equity-Fonds einstellt.


Fazit
Wer als kapitalsuchendes Unternehmen Family Equity als Finanzierungsquelle in Erwägung zieht, sollte sich von einem in diesem speziellen Beteiligungsbereich erfahrenen Berater unterstützen lassen. Denn im Gegensatz zur Private-Equity-Welt, die sich vergleichsweise transparent darstellt, arbeitet die Family-Office-Szene deutlich „unsichtbarer“, wodurch es auch deutlich schwieriger ist, die bei jeder Beteiligungssuche wichtige Wettbewerbssituation aufzubauen. Dies gelingt im Family-Office-Bereich nur, wenn man Kenntnis über den sehr spezifischen Beteiligungsfokus der jeweiligen vermögenden Familie hat und dort auch über sehr persönliche Kontakte die notwendige Anfangsaufmerksamkeit besitzt.


Zur Person: Dr. Karsten Zippel
Dr. Karsten Zippel ist Mitglied des Vorstands der Aquin & Cie. AG, ein auf Unternehmensfinanzierung und -übernahmen spezialisiertes M&A-Beratungshaus. Neben dem eigentümergeführten Mittelstand berät Aquin schwerpunktmäßig Family Offices beim Aufbau und der Entwicklung ihres Direktbeteiligungsgeschäfts. www.aquin-cie.com

Charakteristika von Family Equity

 

Chancen Risiken
  • Tendenziell langfristiger Anlagehorizont

  • Flexible Ausgestaltung (z.B. Möglichkeit des Anteilsrückkaufs, fallweise Erhöhung der Beteiligung, „Querinvestments“ z.B. bei Betriebsimmobilien etc.)

  • Im Vergleich zu Private Equity auch für kleinere Losgrößen/Unternehmen verfügbar

  • Pragmatische, unternehmerische Sichtweise

  • Persönliches Netzwerk/Reputation des Privatinvestors

  • Erweiterter Zugang zu Krediten bzw. zusätzliche Übernahme der FK-Finanzierungsfunktion
  • Intransparenter Markt, kein offener Zugang

  • Persönlichkeitsgetrieben, dadurch emotionaler mit allen Vor- und Nachteilen

  • Sehr heterogene Investitionsphilosophien (generationsübergreifend vs. Opportunity-driven, Wertsteigerung vs. Dividendenorientierung etc.)

  • Tendenziell „One shot game“ (Family Offices tauschen sich i.d.R. untereinander regelmäßig aus)

  • Unterschiedliche Professionalitäts- bzw. Erfahrungsniveaus

 

Autorenprofil

Dr. Karsten Zippel ist Mitglied des Vorstands der Aquin & Cie. AG. Die Aquin AG berät mittelständische Unternehmen bei der Unternehmensfinanzierung, dem Zu- und Verkauf von Unternehmensteilen sowie der Nachfolgeplanung. www.aquin-cie.com

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