Fachkräfte für Familienunternehmen digital anwerben

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Die Mehrheit der deutschen Familienunternehmen unternimmt viel, um digital sichtbar und attraktiv zu sein und Fachkräfte von sich zu überzeugen. Neue Instrumente zu nutzen, neue Wege zu gehen, lohnt sich.

Das geht aus einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen hervor, die die Personalarbeit von mittleren und großen Familienunternehmen für die digitale Transformation analysiert. Die Autoren machen Vorschläge, wie in Zeiten des intensiven Wettbewerbs um Fachkräfte Rekrutierungspotenziale noch besser ausgeschöpft werden können. Die entscheidenden Erfolgsfaktoren: die zielgruppenspezifische Ansprache potenzieller Bewerberinnen und Bewerber, systematische Wege für die Mitarbeitergewinnung sowie der Aufbau einer starken Arbeitgebermarke (Employer Brand).

Rekrutierung und Ansprache

Karriereseiten und Stellenanzeigen sind zentrale Elemente des Employer Branding, mit dem Unternehmen ein positives Wertversprechen für aktuelle und zukünftige Mitarbeiter abbilden. Ein Großteil der Familienunternehmen (77,1% der mittleren und 97,3% der großen) hat eine eigene Karriereseite als Unterseite oder gesonderte Rubrik der Website etabliert und zeigt damit ein vergleichsweise hohes Engagement. Potenzial besteht hinsichtlich der Verlinkung zu Social-Media-Kanälen. Letztere sollten Einblicke in das betriebliche Arbeitsleben geben und genutzt werden, um direkt mit Bewerbern in Interaktion zu treten. Dies könnte über alle Unternehmensgrößen noch stärker praktiziert werden.

 

  • Social-Media-Auswahl

Grundsätzlich sollten Familienunternehmen auch die Auswahl der sozialen Medien überdenken. So verliert Facebook an Bedeutung, während ein Großteil der jüngeren Zielgruppen TikTok zur Berufsorientierung nutzt. Zudem sind Akademikerinnen und Akademiker vermehrt bei kleineren, passgenauen sozialen Netzwerken unterwegs – insbesondere IT-Fachkräfte. Unternehmen sollten nur die Plattformen berücksichtigen, die zu ihnen selbst und ihren Werten passen. Ideal ist es, eine passende Social-Media-Strategie mit einer Multi-Jobboard-Strategie zu kombinieren, bei der Stellenanzeigen in verschiedenen Jobbörsen geschaltet werden.

  • Zielgruppenspezifische Ansprache

4,2% der mittleren und 40,9% der großen Familienunternehmen verwenden auf ihrer Webseite eine zielgruppenspezifische Ansprache. Auch bei Stellenanzeigen differenzieren große und mittlere Familienunternehmen hier nur in den seltensten Fällen. Dies sollten sie ändern: Durch eine gezielte (Bild-)Sprache auf der Unternehmenswebseite und in Stellenanzeigen können Arbeitgeber die Bewerbungsabsicht von unterrepräsentierten Personengruppen erhöhen. Besonders die Ansprache von Mädchen und Frauen wird zu selten genutzt, wenn diese in der für die Stelle maßgeblichen Vergleichsgruppe nur schwach vertreten sind. Auch Ältere, Studienabbrecher, Menschen mit Behinderung und Arbeitslose können durch direkte Ansprache explizit ermutigt werden. Für die Rekrutierung internationaler Fachkräfte empfiehlt es sich, Karriereseite und Stellenanzeigen in englischer Sprache abzufassen. Dies wird insbesondere von den mittleren Familienunternehmen noch zu wenig umgesetzt. Zudem können Betriebe Unterstützung bei der Unterbringung, bei Anträgen oder bei Anerkennungsverfahren anbieten. Das konkrete Unternehmensengagement zur Integration wird internationalen Fachkräften die Bewerbungsentscheidung erleichtern.

Arbeitgeberattraktivität: Übereinstimmung von Eigendarstellung und Fremdwahrnehmung

Die Darstellung als attraktiver Arbeitgeber auf der Web- und Karriereseite kann verschiedenste Aspekte einschließen: eine kurze Beschreibung des Unternehmens, Angaben zur Art und Weise der Zusammenarbeit, Bekenntnisse zu Familienfreundlichkeit, Diversity, Inklusion oder auch Informationen zu den Werten und Zielen des Unternehmens.

Dabei ist zum Aufbau einer starken Markenbekanntheit bei Familienunternehmen auch die Positionierung der Unternehmerfamilie sinnvoll: Ihre Historie und Werte sind ein Alleinstellungsmerkmal. Gleichzeitig betont dies den Fokus des Unternehmens auf eine nachhaltige Entwicklung.

Zur Selbstdarstellung nutzen Familienunternehmen am häufigsten die jeweiligen Unternehmenswerte. Gemeinsam ist den Familienunternehmen über die Größenklassen hinweg die Betonung von Nachhaltigkeit und Qualität. Während große Familienunternehmen auch Werte wie Innovation und Verantwortung besonders hervorheben, werben mittlere verstärkt mit Zuverlässigkeit, Flexibilität und Tradition. Wenn die Werte eines Unternehmens nachvollziehbar beschrieben und durch Fakten belegt sind, können Bewerber prüfen, ob sie dazu passen. Um die Unternehmenskultur authentisch nach außen zu tragen, helfen zudem starke Geschichten. Sie zeigen auf, wie Werte und Arbeitsweisen des Unternehmens in der Praxis erlebbar sind, z. B. durch Storytelling von Mitarbeitern.

  • Arbeitgebersiegel

Wer Authentizität belegen will, nutzt Arbeitgebersiegel wie Top Job, Great Place to work oder berufundfamilie. 45,5% der großen und 29,2% der mittleren Familienunternehmen tun dies bereits. Dabei verwenden mittlere Familienunternehmen vor allem themenspezifische Siegel, während große eher allgemeingültige Arbeitgebersiegel einsetzen. Beides verleiht der Eigendarstellung zusätzliche Glaubwürdigkeit.

  • Angebot von Zusatzleistungen

Benefits, egal ob durch Siegel auditiert oder nicht, veranschaulichen attraktive Angebote des Unternehmens für die Beschäftigten. Hier ist eine familienorientierte Unternehmenskultur ein wichtiger Eckpfeiler für die Fachkräftesicherung. Darunter fallen neben flexiblen Arbeitszeiten und -orten auch Kinderbetreuungs- und Teilzeitangebote. Knapp zwei Drittel der großen Familienunternehmen machen hier schon mindestens ein Angebot. Verbesserungspotenziale bestehen vor allem bei den Maßnahmen zur Unterstützung der Mitarbeiter in den verschiedenen Lebensphasen, etwa durch Altersteilzeit oder das Angebot von Sabbaticals.

Im Bereich Mobilität sind neben Dienstwagen Zusatzleistungen wie zum Beispiel Diensträder, Job- oder Azubitickets sowie das Deutschlandticket relevant. Serviceangebote wie Ladestationen für Elektroautos oder Pedelecs können Arbeitgeber zusätzlich von der Konkurrenz abheben. Viele dieser Benefits lenken neben dem praktischen Nutzen für den Einzelnen den Blick auf das Umweltbewusstsein des Unternehmens.

Angebote zur Gesundheitsförderung gehören zu den Kernleistungen in großen Familienunternehmen. Dabei können Sportangebote, wie beispielsweise ein Firmenlauf, zusätzlich das Gemeinschaftsgefühl stärken, welches zudem über Öffentlichkeitsarbeit nach außen getragen werden kann. Im Bereich von Angeboten zur psychischen Gesundheit besteht noch erheblicher Verbesserungsbedarf sowohl bei mittleren als auch bei großen Familienunternehmen.

Um passende Benefits für das eigene Unternehmen auszuwählen oder anzupassen, sollten die Mitarbeiter regelmäßig befragt werden. Attraktiv sind zudem flexible Pakete, die es der Belegschaft ermöglichen, Leistungen nach Bedarf auszuwählen und auf bestimmte Lebenssituationen abzustimmen.

Fazit

Das Ringen um Fachkräfte zählt zu den größten Herausforderungen. Für den Erfolg braucht es ein klares Profil und die richtigen Instrumente, um an Bewerberinnen und Bewerber heranzutreten. Es gilt, Wege und Tools bei der Personalsuche zu diversifizieren, d.h. die Auswahl der sozialen Medien auf das Unternehmen und die gewünschten Bewerber anzupassen, Zielgruppen expliziter anzusprechen und die Unternehmenswerte erlebbar zu machen. Außerdem sollten die Arbeitgeberleistungen bedarfsgerecht ausgestaltet und konsistent – neben den Stellenanzeigen auch auf der Website – kommuniziert werden.

Die Studie mit Beschreibung der Methodik, den ausführlichen Ergebnissen und Handlungsempfehlungen finden Sie hier.

Autorenprofil
Dirk Werner

Dirk Werner forscht und publiziert als Volkswirt und Wirtschaftspädagoge zu Themen der Berufsbildung sowie der Fachkräftesicherung. Er leitet im Institut der deutschen Wirtschaft das Themencluster „Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte“, zudem die Projekte „BQ-Portal – das Informationsportal für ausländische Berufsqualifikationen“, „Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA)“ sowie „Netzwerk Q 4.0 – Netzwerk zur Qualifizierung des Berufsbildungspersonals im digitalen Wandel“.

Autorenprofil
Paula Risius
Soziologin

Paula Risius forscht und publiziert als Soziologin und empirische Sozialforscherin zu Themen der Berufsbildung und Fachkräftesicherung. Sie ist Researcher im Themencluster Berufliche Qualifizierung und Fachkräfte im Institut der deutschen Wirtschaft. Sie betreut die empirische Begleitforschung im Projekt „NETZWERK Q 4.0“ und verantwortet das Thema digitale Bildung im Themencluster.

 

Autorenprofil
Sibylle Gausing

Sibylle Gausing ist Referentin im Bereich Wissenschaft und Programme bei der Stiftung Familienunternehmen und betreut in dieser Funktion Fachkräfte- und Bildungsthemen sowie die wirtschaftshistorischen Veröffentlichungen.

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