Familienunternehmen prägen die wichtigsten Umwelttechnologien

Ergebnisse einer Studie „Technologieatlas Nachhaltigkeit“ des Fraunhofer-Instituts UMSICHT im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen

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Wie entwickeln und nutzen Familienunternehmen in Deutschland Umwelttechnologien und inwieweit tragen Sie damit zum Umweltschutz bei? – Das untersuchte das Fraunhofer UMSICHT jetzt in einer Studie „Technologieatlas Nachhaltigkeit“ für die Stiftung Familienunternehmen. Das Ergebnis: Familienunternehmen sind in den 15 wichtigsten Umwelttechnologien sehr aktiv und tragen in hohem Maße zum Klimaschutz, zur Ressourcen- und Energiewende, zur Digitalisierung und zur nachhaltigen Mobilität bei.

Damit Europa bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent wird – so legten es die Staaten der EU im European Green Deal fest – sind vielfältige Technologien im Bereich der Umwelttechnik nötig. Welche Technologien und Branchen genau dazu gehören, wie sich diese priorisieren oder bewerten lassen, und wie Familienunternehmen diese voranbringen, untersuchte das Fraunhofer UMSICHT im »Technologieatlas Nachhaltigkeit«. Daraus geht hervor, dass Familienunternehmen in der Entwicklung und Anwendung der wichtigsten Umwelttechnologien eine wesentliche Rolle übernehmen. Das gelte für die untersuchten Bereiche Photovoltaik, Windkraft, Recycling, Biotechnologie, Wasseraufbereitung und Abwasserbehandlung, Wärmepumpen, Batterien, Wärmedämmung (thermische Isolierung), Leichtbau, Smart Home, Wasserstofftechnologie, Luftreinhaltung, Biokunststoffe, E-Fuels sowie übergreifend für die Digitalisierung.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstellten zu jeder Technologie Steckbriefe, die unter anderem Märkte und Arbeitsplätze, spezifische Herausforderungen und Hemmnisse, Innovationen und Zukunftsperspektiven aufzeigen. Studie und Steckbriefe beruhen nach den Angaben der Verantwortlichen auf einer intensiven Literaturrecherche, Interviews mit Expertinnen und Experten in den Unternehmen und dem Input aus einem Beiratstreffen mit Vertreterinnen und Vertretern aus Familienunternehmen und aus der Politik.

»Familienunternehmen erachten den Kampf gegen den Klimawandel und Ressourcenschonung als zentrale Aufgabe und leisten wesentliche Beiträge, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen«, betonte Markus Hiebel, Leiter der Studie und Abteilungsleiter Nachhaltigkeit und Partizipation des Fraunhofer Umsicht.

»Unsere Klimaziele werden wir nur mit einer Vielzahl verschiedener und sich ergänzender Aktivitäten und Technologien erreichen. Das Know-how der Familienunternehmen in ihren jeweiligen Nischen ist dafür der wesentliche Schlüssel zum Erfolg«, sagte Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen.

In Photovoltaik und Windkraft sind die meisten Familienunternehmen tätig

In den untersuchten Umwelttechnologien sind der Studie zufolge mehr als 37.000 Familienunternehmen tätig. Die untersuchten Umwelttechnologien besäßen ein moderates bis großes Wachstumspotential. Familienunternehmen erachteten den Kampf gegen den Klimawandel sowie Ressourcenverschwendung als zentrale Aufgabe und leisteten wesentliche Beiträge, um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen. Familienunternehmen seien bereit, in Innovationen zu investieren und griffen dabei auch auf Mittel im Rahmen der Forschungsförderung zurück

Die Studie ergab, dass in den Technologiefeldern Photovoltaik und Windkraft die meisten Familienunternehmen tätig sind. Weiterhin wiesen die Bereiche E-Fuels, Wasserstoff und Batterien perspektivisch ein starkes Wachstumspotenzial auf.

Die befragten Expertinnen und Experten fühlen sich übereinstimmend sehr stark der Nachhaltigkeit und Umwelt verpflichtet, sowohl im Unternehmen als auch in den Geschäftsmodellen sowie in Prozessen und Produkten. Einige Familienunternehmerinnen und -unternehmer sehen Nachhaltigkeit sogar als Unternehmensziel, andere richten ihre Geschäftsmodelle an der Circular Economy aus. In vielen Bereichen der Umwelttechnologien schätzen die Familienunternehmerinnen und -unternehmer die deutschen Förderinstrumente als positiv ein. Allerdings äußern sie übereinstimmend Veränderungswünsche hin zu einer Vereinfachung der Antragsstellung und formalen Abwicklung. Bei der Markteinführung von Umwelttechnologien wünschen sich einige Familienunternehmen noch mehr Unterstützung. Außerdem werde teils konstatiert, dass Wirtschaftsförderungsinstitutionen nur bedingt hilfreich seien.

Technologieoffenheit von der Politik gewünscht

Große Einheitlichkeit herrsche hinsichtlich des Wunsches nach Planungssicherheit und Zuverlässigkeit an die politischen und behördlichen Entscheidungsbevollmächtigten. Dies beträfe insbesondere die sich sehr dynamisch entwickelnden politischen, gesellschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen auf nationaler und internationaler Ebene. Zudem wünschen sich die Familienunternehmerinnen und -unternehmer von der Politik ein hohes Maß an Technologieoffenheit und lehnen die vorschnelle Festlegung auf eine Technologie beziehungsweise Bevorteilung eines Sektors mittels spezifischer politischer Maßnahmen ab. Zur Bewältigung der nationalen Klimaziele müssten alle relevanten Umwelttechnologien (zum Beispiel Wasserstofftechnik, E-Fuels und Batterietechnik) gleichermaßen berücksichtigt und gefördert werden.

Veränderungsprozesse im Zuge der Digitalisierung

Noch deutlicher tritt dieser Effekt bei der Digitalisierung auf, die eine reine Querschnittsfunktion innerhalb der Umwelttechnologie einnimmt. Einig sind sich alle Befragten darin, dass diese mittel- bis langfristig sowohl die inneren Geschäftsprozesse als auch die Herstellung und Anwendung von Umwelttechniken vollständig verändern werde. Trotzdem hat die Digitalisierung, wie aus der Befragung hervorgeht, in einigen Familienunternehmen noch nicht wirklich Fuß fassen können. Es sei hier zum einen ein Mangel an fachlichem Know-how und entsprechendem Fachpersonal sowie Weiterbildungsmöglichkeiten hinsichtlich der Digitalisierungsprozesse zu erkennen und zum anderen auch die Breitbandversorgung nicht flächendeckend gesichert. Fragen der Datensicherheit und Cyberkriminalität gewännen mit dem Voranschreiten der Digitalisierung zunehmend an Gewicht.

Hohes Verantwortungsbewusstsein für Mitarbeitende

Das Erreichen von Nachhaltigkeitszielen erfordere von den Umwelttechnikunternehmen mitunter einen hohen technischen und finanziellen Aufwand sowie Durchhaltevermögen, heißt es in der Studie weiter. Gerade ein gesteigertes Verantwortungsbewusstsein für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Umwelt und Gesellschaft sowie langfristige Unternehmensstrategien gälten als Tugenden von Familienunternehmen. Familienunternehmerinnen und -unternehmer – vor allem kleinerer Unternehmen – würden zudem die kurzen Kommunikationswege schätzen, die Entscheidungen vereinfachen und beschleunigen könnten. In diesen Unternehmen, die teils schon seit Generationen von den gleichen Familien geführt werden, herrsche oft eine sehr starke Bindung der Mitarbeitenden, die vor allem daraus resultiere, dass die Leitung sich ihren Mitarbeitenden gegenüber stark in der Verantwortung sehe, heißt es in der Studie weiter. Hinzu käme, dass die Technologien, mit denen sich die Unternehmen befassten, einen direkten Beitrag zur Nachhaltigkeit und zur Verbesserung der Umwelt und des Klimas leisteten und eine hohe Identifizierung der Mitarbeiter mit den Produkten und Verfahren erwarten lassen würden.

Entscheidend für den weiteren Erfolg sei, dass die Politik technologieoffen agiere, so die Schlussfolgerungen der Studie. Alle relevanten Umwelttechnologien sollten gleichermaßen berücksichtigt und keine diskriminiert werden. Der politische Rahmen solle zudem planbar, verlässlich und möglichst global sein. Aus Sicht der Expertinnen und Experten vom UMSICHT braucht es eine leistungsfähige digitale Infrastruktur sowie eine höhere Verfügbarkeit von Expertinnen und Experten. Wesentliche Innovationstreiber im Bereich der Umwelttechnik seien oft staatliche Regulierungen wie ein Preis für CO2 oder Mindestrecyclingquoten. Um eine verlässliche Steuerungswirkung zu entfalten, sollten diese länderübergreifend gültig sein.

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

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