„Ich bin der Seitz“ sagt der ehemalige Firmenchef Helmut Seitz zur Begrüßung. Vor Kurzem hat er sich von seiner mittelständischen Firma aus Friedberg bei Augsburg getrennt – eine geglückte Unternehmensnachfolge. Aber das ist leider eher die Ausnahme, denn die Lage bei solchen Betriebsübergängen in Deutschland ist angespannt. Der DIHK-Report 2024 zeigt, dass fast ein Drittel der Unternehmen Probleme hat, geeignete Nachfolger zu finden. Besonders betroffen sind kleine und mittelständische Betriebe und damit das eigentliche Rückgrat der deutschen Wirtschaft. In vielen Branchen – etwa im Handwerk und im Gastgewerbe – übersteigt das Angebot an zu übernehmenden Firmen die Zahl der potenziellen Nachfolger deutlich.
Aktuell kommen auf drei verkaufsbereite Unternehmen nur ein ernsthafter Interessent. „Die Ursachen für diese Krise sind vielfältig: demografischer Wandel, steigende Anforderungen an Unternehmensführung und finanzielle Hürden für Käufer. Viele junge Menschen ziehen Festanstellungen der Selbstständigkeit vor. Gleichzeitig verzögern Senior-Unternehmer oft die Übergabe, was den Nachfolgeprozess erschwert“, erklärt dazu Andreas Becker, Nachfolgeberater aus Augsburg, der Helmut Seitz als Berater begleitet hat. Der Verkaufsprozess dauerte ein knappes Jahr – im Vergleich ein eher schneller Ablauf.
Marktführer für Kennzeichen-Halterungen
Die Helmut Seitz GmbH ist ein erfolgreiches mittelständisches Familienunternehmen mit Sitz in Friedberg bei Augsburg in Bayern. Seit über 30 Jahren spezialisiert sich das Unternehmen auf hochwertige Produkte im Bereich Kfz-Zubehör. Besonders bekannt ist die Firma als führender Anbieter von Kennzeichen-Halterungen – ein Marktsegment, in dem sie seit langer Zeit die unangefochtene Nr. 1 in Europa ist. Neben dieser Kernkompetenz bietet die Firma weitere innovative Lösungen für die Automobilbranche und hat sich damit einen guten Ruf erarbeitet, die Zahl der Beschäftigten beträgt 25. Der Umsatz konnte in den vergangenen vier Jahren um rund die Hälfte auf über sechs Millionen Euro gesteigert werden.
„Wir verbreiten unsere Produkte über ein bundesweites Netzwerk aus Außendienstmitarbeitern und Handelsvertretern. Zu den Hauptkunden zählen Automobilhändler, Fuhrparkbetreiber, Kfz-Anhängerfirmen sowie professionelle Sportvereine. Diese breite Zielgruppe demonstriert unsere Vielseitigkeit und ist die Basis für kontinuierliche Umsätze“, erklärt der frühere Inhaber Helmut Seitz. Als familiengeführtes Unternehmen verbinde die Helmut Seitz GmbH Tradition mit modernem Unternehmertum: „Unser Fokus auf Qualität, Kundennähe und Spezialisierung war ein entscheidender Faktor um eine führende Position im Markt zu erreichen“, fährt Seitz fort. Nur durch einen direkten Kundenkontakt und einen persönlichen Service – insbesondere bei individuellen Anforderungen – sei eine gute Marktposition zu erreichen.
Rechtzeitig mit den Planungen beginnen
Doch wie viele andere Familienunternehmen stand nach rund 30 Jahren auch die Helmut Seitz GmbH vor der Herausforderung der Unternehmensnachfolge. Der Firmengründer war inzwischen 82 Jahre alt – höchste Zeit also für einen geplanten und strukturierten Übergang. „Um die Zukunft des Unternehmens zu sichern, brauchte es eine strategische Planung und die Suche nach einem passenden Nachfolger, der die Erfolgsgeschichte weiterschreiben kann“, erklärt Nachfolge-Experte Becker. Wie viele andere Experten rät auch er zu einem rechtzeitigen Beginn der Vorbereitungen für die Unternehmensnachfolge. „Ein gut durchdachter Nachfolgeprozess braucht Zeit – oft mehrere Jahre – um geeignete Nachfolger zu finden, rechtliche und steuerliche Aspekte zu klären und eine reibungslose Übergabe vorzubereiten. Je früher man beginnt, desto mehr Handlungsspielraum bleibt, um die bestmögliche Lösung zu entwickeln“, fährt Becker fort. Am Ende könne man so eine Menge Geld sparen und den Verkaufspreis optimieren.
Die Nachfolge aktiv gestalten
Ohne rechtzeitige Planung würden beim Nachfolgeprozess viele Risiken drohen: Der plötzliche Ausfall des Inhabers durch Krankheit oder Alter kann zu Chaos führen, Kunden und Mitarbeitende verunsichern und den Wert des Unternehmens mindern. Eine frühzeitige Vorbereitung ermögliche es, qualifizierte Nachfolger – ob innerhalb der Familie, im Team oder extern – auszubilden und strategisch einzuarbeiten. Zudem würden sich durch einen langen Vorlauf mehr Optionen öffnen, beispielsweise bei der Optimierung der Steuerlast oder der Auswahl eines geeigneten Käufers. „Unternehmer, die rechtzeitig planen, können ihre Nachfolge aktiv gestalten und sichern so die Zukunft ihres Lebenswerks“, sagt Becker.
Er hatte in Abstimmung mit Helmut Seitz nach einem passenden strategischen Investor gesucht. Auf diese Weise war die Wahrscheinlichkeit am größten, dass die Firma in ihrer bisherigen Form bestehen bleibt. „Für mich war es sehr wichtig, dass das Know-how erhalten bleibt, Arbeitsplätze gesichert sind und die Beziehungen zu den Kunden bestehen bleiben“, sagt Seitz. Für Andreas Becker ist das genau der Antrieb, warum er die Unternehmensnachfolge begleitet – weil es ihm wichtig ist, dass erstklassig geführte Familienunternehmen in gute Hände übergehen.
Deswegen wurde der Verkauf an einem Mitbewerber nicht in Betracht gezogen. Der Prozess der Nachfolge lief dann relativ reibungslos. Das lag vor allem daran, dass ich Firmeninhaber Seitz und der Kaufinteressent auf Anhieb gut verstanden. Andreas Becker sichtete im Vorfeld die möglichen Interessenten. Weiterhin übernahm er die Prüfung der Finanzierungsmöglichkeiten. „Wichtig für eine gelungene Nachfolge ist auch der ´Fit´ zwischen Verkäufer und Käufer. Die Vorstellungen zur Unternehmensführung und die Wertschätzung für die Mitarbeiter müssen schon gut passen“, erklärt Becker . Auch dieser Prozess wurde von Herrn Becker aktiv begleitet – durch regelmäßige Kommunikation mit Verkäufer und Käufer und Vermittlung bei der Verhandlung des Kaufvertrags. Nach seiner Erfahrung kann es schwierig werden wenn sich beide Seiten mit Steuerberatern und Rechtsanwälten separat von einander beraten, deswegen ist ihm eine Art Mediatoren- und Moderatenrolle wichtig. Gleichzeitig kann er auch einen Käufer bei der Finanzierung des Kaufs aktiv begleiten.
Loslassen ist immer schwer
Im Zuge der Nachfolge wurden alle Firmenanteile an den Käufer übertragen. Der Sohn von Firmenchef Seitz hatte kein Interesse an der Weiterführung der Firma und deswegen war der Verkauf die einzig sinnvolle Lösung. „Wenn ich ehrlich bin, dann war ich während der Phase der Vorbereitungen und der Verhandlungen zu keinem Zeitpunkt glücklich. Es fiel mir schon schwer, loszulassen“, erinnert sich Seitz. Während dieser Zeit und nach dem Betriebsübergang war es für ihn wichtig, dass die Mitarbeiter mitgenommen wurden. Auf dieser Weise konnten Erfahrung und Know-how erhalten bleiben, was sehr wichtig für den weiteren Erfolg ist. Gegenüber den Kunden wurde der Verkauf sukzessive kommuniziert. „Die meisten haben anfangs überhaupt nichts bemerkt, da sich ihre direkten Ansprechpartner nicht geändert haben“, erinnert sich Seitz.
Er selbst hatte sich für die Zeit nach dem Verkauf einen „harten Cut“ vorgenommen, um den neuen Inhaber vollkommen freie Hand zu geben. Es gibt aber dennoch inzwischen immer mal wieder einen Kontakt und Rückfragen aus der früheren Firma.
Aus Sicht von Nachfolgeberater Andreas Becker sollten folgende Hinweise bei einer Unternehmensnachfolge beachtet werden:
- Frühzeitig beginnen: Starten Sie rechtzeitig – idealerweise mehrere Jahre vor dem geplanten Übergang. So bleibt genügend Zeit, um Herausforderungen zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln.
- Bereits sein, loszulassen: Emotionale Bindungen an das Unternehmen können den Übergang erschweren. Seien Sie bereit, Verantwortung abzugeben, um den langfristigen Erfolg zu sichern.
- Nachfolgeoptionen prüfen: Entscheiden Sie, ob eine interne Lösung (Familie, Mitarbeiter) oder eine externe Übernahme sinnvoller ist. Alternativen sollten stets auf dem Tisch bleiben.
- Experten einbeziehen: Lassen Sie durch externe Berater prüfen, ob Ihr Unternehmen marktgerecht aufgestellt ist. Ehrliche Analysen helfen, die Verkaufschancen realistisch einzuschätzen.
- Zeitplan festlegen: Ein klarer Zeitrahmen sorgt für Struktur. Eine Übergangsphase ist oft erfolgreicher als ein abrupter Wechsel.
- Plattformen nutzen: Portale wie www.dub.de und regionale Alternativen können bei der Suche nach Käufern oder Nachfolgern helfen.
KURZPROFIL
Helmut Seitz GmbH
Branche: Kfz-Zubehör
Firmensitz: Friedberg bei Augsburg
Mitarbeiter: 25
Umsatz: 6,5 Mio. EUR