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„Alle haben uns den nötigen Freiraum gelassen“

Horst Garbrecht hat als Geschäftsführer von Metabo in wenigen Jahren viele Eigentümer kennengelernt: vom Familiengesellschafter über Finanzinvestoren bis hin zur amerikanischen Private Equity-Gesellschaft. Im Interview erklärt er, wo ihm die Emotionen eines Familienunternehmens heute fehlen und wo nicht.

Unternehmeredition: Herr Garbrecht, vor dem Einstieg des ersten Finanzinvestors im Jahr 2012 haben Sie das Geschäftsmodell restrukturiert und sich auf Professionals fokussiert. Warum hat dieser Schritt Metabo aus der von Ihnen zitierten „Todeszone“ geführt?

Horst W. Garbrecht: Weil Metabo als mittelständisches Unternehmen zu klein ist, um parallel professionelle Handwerker und Heimwerker zu bedienen. Was schätzen Sie, wie lange beispielsweise ein Akkuschrauber durchschnittlich pro Jahr in einem Privathaushalt im Einsatz ist? Einen Tag? Eine Stunde? Ich sage es Ihnen: Tatsächlich ist es eine Minute. Jetzt stellen Sie sich einen Trockenbauer vor, der im Akkord Zwischenwände einbaut. Der versenkt täglich Tausende von Schrauben und arbeitet dabei stundenlang mit seinem Schrauber. Wenn Sie jetzt einem Entwicklerteam sagen, sie sollen Maschinen entwickeln, von denen ein Teil eine Minute pro Jahr läuft und der andere mehrere Stunden am Tag, müssen die schizophren werden.

Welche Funktion hatte nach der Restrukturierung der Finanzinvestor Chequers Capital?

Chequers Capital ist in einer Phase eingestiegen, in der Metabo frisches Kapital brauchte, um die bereits vollzogene strategische Neuausrichtung konsequent zu verfolgen. Die Verantwortlichen dort haben an diese Strategie geglaubt, ihre Umsetzung gefördert und so dem Unternehmen sehr geholfen.

Metallbearbeitung auf einer Baustelle: Die Fokussierung auf professionelle Anwender war die wichtigste strategische Entscheidung von Horst Garbrecht.

War der Exit nach drei Jahren von vornherein geplant?

Dass ein Finanzinvestor immer nur ein Engagement auf Zeit eingeht, weiß man ja. Ich denke nicht, dass Chequers Capital von Anfang an eine Haltezeit von drei Jahren geplant hat. Wann ein guter Zeitpunkt für den Exit ist, entscheidet sich auch immer an der Entwicklung eines Unternehmens, und Metabo hat sich in dieser Zeit ziemlich gut entwickelt.

Dann kam 2016 der Verkauf an Hitachi Koki und nicht mal ein Jahr später an den Finanzinvestor KKR. Hat sich bei der Übernahme durch Hitachi Koki schon angedeutet, dass die Reise noch weiter gehen würde?

Nein, zum Zeitpunkt des Wechsels gab es dafür noch keine erkennbaren Anzeichen.

Welche Art von Exit plant KKR?

Es gibt immer mehrere Möglichkeiten für einen Exit. Welcher Weg am Ende zum Ziel führt, lässt sich oft am Anfang schwer sagen. Man muss nach allen Richtungen offen sein. Wichtig ist allein, dass das Unternehmen sich gut entwickelt und der Unternehmenswert steigt. Das ist die Voraussetzung für einen erfolgreichen Exit, egal in welche Richtung. Dann bleiben nämlich alle Beteiligten im Driver Seat.

Horst Garbrecht hat als Geschäftsführer von Metabo in wenigen Jahren viele Eigentümer kennengelernt: vom Familiengesellschafter über Finanzinvestoren bis hin zur amerikanischen Private Equity-Gesellschaft. Im Interview erklärt er, wo ihm die Emotionen eines Familienunternehmens heute fehlen und wo nicht.

Was fehlt Metabo, seit die drei Gründerfamilien verkauft haben? Was fehlt nicht?

Auf beide Teile der Frage gibt es eine wesentliche Antwort: die Emotionalität im Gesellschafterkreis. Die kann toll sein, wenn es um langfristig wirksame Investitionen geht – einfach deshalb, weil Familiengesellschafter naturgemäß mehr Zeit mitbringen. Aber dieser lange Atem kann auch Entscheidungsprozesse verlängern oder sogar notwendige Einschnitte verhindern. Insgesamt würde ich sagen: Für ein Management sind die Entscheidungskriterien oft transparenter und damit besser vorhersehbar, wenn das Eigenkapital aus dem Finanzmarkt kommt und nicht von Eigentümerfamilien.

Wie geht man als Manager mit einem häufigen Eigentümerwechsel um?

Wie jeder andere Mitarbeiter im Unternehmen auch: Man stellt sich darauf ein und arbeitet weiter an seinen operativen und strategischen Themen. Es ist ja nicht so, dass sich mit dem Einstieg eines Finanzinvestors auf einmal alle Themen ändern. Im Fall von Metabo haben alle bisherigen Eigentümer unsere Strategie mitgetragen und uns den nötigen Freiraum gelassen, um sie konsequent zu verfolgen. Somit hat sich das alles für die Belegschaft sehr geräuscharm vollzogen.

Sowohl bei Chequers Capital als auch jetzt bei KKR haben Sie einen Beteiligungsvertrag geschlossen. Welche Rolle spielt diese Managerbeteiligung bei einem Finanzinvestor?

Privat Equity investiert immer in ein Geschäftsmodell und in ein Management, an das sie glauben und dem sie vertrauen. Dieses Vertrauen muss wechselseitig vorhanden sein, sonst funktioniert keine Partnerschaft. Und deshalb ist die Beteiligung des Managements obligatorisch. Die Gleichschaltung der Interessenlage – nämlich den Wert des Unternehmens zu steigern – ist eine unabdingbare Voraussetzung.

Seit einigen Jahren konzentrieren Sie sich auf Akkugeräte und die kabellose Baustelle. Ist das eine interne Disruption oder bleiben kabelbetriebene Geräte mittelfristig im Portfolio?

Beides – nur nicht auf allen Märkten gleichzeitig. Wir produzieren natürlich noch jede Menge kabelgebundene Geräte und werden das auch weiter tun. Aber in den Industrienationen stagniert branchenweit der Umsatz mit Kabelmaschinen, während der mit Akkumaschinen deutlich wächst. Hier haben akkubetriebene Geräte auch die Kabelmaschinen beim Umsatz bereits überholt. In den Emerging Markets ist das Bild etwas anders. Das liegt daran, dass der Einstieg bei Akkumaschinen teurer ist. Das schreckt in Schwellen- und Entwicklungsländern eben schon noch viele. Daher: disruptiv in entwickelten Märkten und eher langfristig evolutionär in Schwellen- und Entwicklungsländern.

Horst Garbrecht hat als Geschäftsführer von Metabo in wenigen Jahren viele Eigentümer kennengelernt: vom Familiengesellschafter über Finanzinvestoren bis hin zur amerikanischen Private Equity-Gesellschaft. Im Interview erklärt er, wo ihm die Emotionen eines Familienunternehmens heute fehlen und wo nicht.

Der Technologiewandel hin zu kabellosen Werkzeugen zeigt sich auch in Ihrer Bilanz: Der Umsatzanteil von neuen Produkten liegt heute bei etwa 60 Prozent. Was bedeutet das für die Branche?

Es sind etwas weniger: Der Umsatzanteil von Produkten, die nicht länger als drei Jahre auf dem Markt sind, liegt zwischen 50 und 55 Prozent. Und wir entwickeln natürlich auch weiter neue kabelgebundene Maschinen. Trotzdem: Der Trend zum kabellosen Arbeiten verändert aktuell die Spielregeln in der Elektrowerkzeugwelt. Früher konnten die Anwender Maschinen unterschiedlicher Hersteller problemlos parallel einsetzen, weil alle die gleichen Stecker und Steckdosen benutzt haben. Bei akkubetriebenen Maschinen geht das nicht mehr, die Akkusysteme verschiedener Hersteller sind untereinander nicht kompatibel. Vor Kurzem haben wir deshalb mit der Cordless Alliance System (CAS) eine Kooperation von aktuell neun Herstellern präsentiert, die alle mit unserem LiHD-Akkusystem arbeiten.

Umsatzverlauf bei Metabo von 2009 bis 2017

Sie investieren gezielt in den Vertrieb und ins Marketing. Wo liegt die Zielmarke bei Bekanntheit und Marktanteilen?

Bei der Bekanntheit haben wir uns keine besonderen Ziele gesetzt. Die liegt bei den professionellen Anwendern schon bei fast 100 Prozent. Aber wir wünschen uns, dass die professionellen Anwender noch mehr über uns wissen. Was die Marktanteile angeht: Wir wollen in Europa die klare Nummer drei werden und dabei den Abstand zum Spitzenduo verkürzen.

Sie sind jetzt neun Jahre bei Metabo und haben Ihre Ziele – von außen betrachtet – erreicht. Haben Sie einen persönlichen Exit-Fahrplan?

Ich habe noch viele Ziele und Ideen für Metabo. Meine Aufgabe macht mir nach wie vor viel Spaß, und ich habe auch das Gefühl, dass ich dem Unternehmen noch helfen kann. Solange das so ist und solange ich das Vertrauen der Mitarbeiter und Gesellschafter habe und spüre, brauche ich keinen Exit-Plan.


Zur Person

Horst W. Garbrecht kam 2009 zu Metabo und leitete den Turnaround ein, indem er die Marke auf professionelle Anwender fokussierte und das Do-it-yourself-Segment aufgab. Seitdem ist er für die operative Führung verantwortlich und brachte das Unternehmen zurück in die Gewinnzone. Garbrecht hat Maschinenbau studiert und vorher bei verschiedenen Unternehmen aus der Elektrowerkzeugbranche gearbeitet.

Zum Unternehmen

Die Metabowerke GmbH mit Sitz im schwäbischen Nürtingen wurde 1924 von Albrecht Schnizler und Julius Closs gegründet, später stieß mit Walter Rauch ein dritter Gesellschafter hinzu. Im Jahr 2012 verkauften die drei Gründerfamilien nach der Restrukturierung die Mehrheit der Anteile an den Finanzinvestor Chequers Capital. Heute gehört Metabo zum Portfolio des US-amerikanischen Finanzinvestors KKR und firmiert seitdem wieder als GmbH. Der Umsatz betrug im Geschäftsjahr 2016/2017 rund 435 Mio. Euro bei einem EBITDA von 33 Mio. Euro. Aktuell beschäftigt Metabo am Stammsitz 1.200 Mitarbeiter, weltweit sind es 2.000.

www.metabo.com

 

 

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