„Nie auf Pump gewirtschaftet“

Als Anbieter von atomfreiem Strom machten sich die Elektrizitätswerke Schönau bundesweit einen Namen. Seit gut einem Jahr ist Sebastian Sladek in den Vorstand eingezogen. Wie ihn das Leben seiner Eltern prägte, warum er früher auch angefeindet wurde und wie er die Fußstapfen ausfüllen will. 

Angefangen haben Sie 1998 mit 1.700 Kunden. Derzeit haben Sie 160.000. Eine rasante Entwicklung. Wird sich dieser Trend fortsetzen?

Sicherlich nicht so rasant. Wir befinden uns in einem Verdrängungsmarkt. Haushalte brauchen immer nur einen Stromlieferanten. Das Geschäftsmodell im Energiesektor besteht darin, Wettbewerbern Kunden abzujagen. Preislich liegen wir in der Mitte. Dafür haben wir dezidierte Beschaffungskriterien. Wir kaufen etwa keinen Strom von Produzenten, die direkt oder indirekt mit der Atom- oder Kohleindustrie verflochten sind. Größter Stromlieferant für uns sind kommunale Wasserkraftwerke in Norwegen, weil wir hier Strom aus Neuanlagen kaufen können. Außerdem haben wir auch deutschen und österreichischen Wind im Portfolio. Unser Potenzial sehe ich in den kommenden Jahren bei bis zu 250.000 Kunden.

Dann ist das Wachstum also begrenzt?

Der See an Ökostromkunden wächst seit Jahren kaum mehr. Unser Ziel ist es, an einer Vergrößerung dieses Sees zu arbeiten. Natürlich freue ich mich über einen

Für ihn war klar, in das Unternehmen seiner Eltern einzusteigen: Sebastian Sladek (© Netzkauf EWS eG)
Für ihn war klar, in das Unternehmen seiner Eltern einzusteigen: Sebastian Sladek. (© Netzkauf EWS eG)

Kunden, der von einem großen Konzern kommt mehr als über einen, der von einem Mitbewerber aus dem Ökosegment kommt.

Müssen Sie auf eine Katastrophe wie die in Fukushima hoffen?

Nein. Mein Vater redete damals von Gaueinheiten. Nach der Katastrophe in Japan konnten wir uns vor Anträgen nicht mehr retten. Innerhalb von sechs Wochen haben wir 7.000 neue Kunden bekommen. So viele Neukunden haben wir normalerweise im ganzen Jahr. Trotzdem machen wir aus solchen Katastrophen keine Werbekampagnen und hoffen auch nicht auf sie.

Wie sehr hat Sie die Anti-AKW-Haltung Ihrer Eltern geprägt? Häufig ist es ja so, dass Kinder eine Trotzhaltung entwickeln und genau das Gegenteil von dem machen, was die Eltern wollen.

Das war bei mir und meinen vier Geschwistern nicht der Fall. Wir haben das Engagement unserer Eltern niemals infrage gestellt und waren immer davon überzeugt, dass der Kampf gegen Atomkraft absolut richtig ist.

Wurde es Ihnen nicht irgendwann auch mal zu viel?

Sicherlich hatten wir als Kinder auch mal darunter gelitten. Man kommt aus der Schule, und es sind wieder mal fremde Menschen im Haus. Alles drehte sich um das Thema Energie. Musste man nachts auf die Toilette, wusste man nie, ob sie schon besetzt war. Jahrelang mussten wir unsere Eltern teilen. Dennoch war es eine tolle und interessante Zeit, in der wir viele spannende Leute kennengelernt haben.


Zur Person

Seit Anfang 2015 ist Sebastian Sladek im Vorstand der Netzkauf EWS eG. Aus einer Bürgerinitiative entstand das Unternehmen. 1997 übernahm es das heimische Stromnetz in Schönau im Schwarzwald. Die Eltern und Mitgründer Michael und Ursula Sladek machten sich als Stromrebellen bundesweit einen Namen und gewannen viele Umweltpreise. Mittlerweile haben die EWS 160.000 Kunden und schreiben schwarze Zahlen. www.ews-schoenau.de

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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