Einkaufsvolumen wandert ab

Produktionsunternehmen setzen auf die Internationalisierung ihres Geschäfts, und zwar sowohl beim Absatz als auch bei Einkauf und Produktion. In einer aktuellen Umfrage der Unternehmensberatung Inverto gehen Entscheider – überwiegend mittelständischer – Produktionsunternehmen der DACH-Region davon aus, dass ihr Umsatz in Zukunft deutlich mehr auf asiatischen Absatzmärkten statt in Westeuropa wachsen werde.

Für Westeuropa dagegen rechnen die Befragten mit einem Rückgang von 54 auf 45% in den nächsten drei Jahren. Eine Verlagerung von Produktionsstätten wird zeitversetzt erwartet. Mit dieser Entwicklung einher geht eine weitere Verschiebung des Einkaufsvolumens in sogenannte Low Cost Countries (LCC) wie China, Indien und Osteuropa. Trotz steigender Lohnkosten etwa in China erwarten die befragten Manager, dass in naher Zukunft 5% mehr Einkaufsvolumen nach Asien wandert, Westeuropa dagegen 7% verliert. Der Anteil des LCC-Einkaufs am gesamten Beschaffungsvolumen der Produktionsunternehmen werde in China von bisher 24 auf 27% ansteigen, in Indien von 16 auf 19%, in Osteuropa von 19 auf 22%.

Mehr als Bestellabwickler vor Ort

Die zunehmende Internationalisierung des Einkaufs zieht nach Einschätzung der befragten Entscheider in Zukunft noch weitere Veränderungen nach sich: Zum einen werde der Einkauf weltweit unabhängiger vom Produktionsstandort. Zum anderen werde er zukünftig stärker direkt vor Ort auf den weltweiten Beschaffungsmärkten gesteuert. Dies bedeutet, dass deutlich mehr strategische Einkäufer in China oder Indien die Beschaffungsaktivitäten managen statt von der westeuropäischen Firmenzentrale aus.

Organisation noch nicht vollständig vorbereitet

Unternehmer stellt diese Entwicklung vor neue Herausforderungen. Sie müssen ihren Einkauf fit machen für die immer weiter reichende Internationalisierung der Beschaffung. Es gilt sowohl flexibel die Chancen auf den unterschiedlichen Beschaffungsmärkten zu nutzen als auch die Risiken des Einkaufs auf diesen Märkten abzufedern. Die Einkaufsorganisation ist gerade im Mittelstand darauf oft noch nicht vorbereitet und muss ihre Strukturen und Abläufe im Einkauf weltweit anpassen und vereinheitlichen. So sehen sich denn auch die befragten Produktionsunternehmen bei einigen zentralen Aufgaben nur mäßig bis schlecht aufgestellt im Hinblick auf internationalen Einkauf: Dazu zählen das Risikomanagement von Rohstoffpreisschwankungen, die globale Verfügbarkeit von IT-Funktionen etwa zur Lieferantenbeurteilung sowie weltweit einheitliche KPIs zur Steuerung des Einkaufs.

Fazit

Gefordert ist nun eine Anpassung der Beschaffungsstrategie, eine klare Rollen- und Aufgabenverteilung des Einkaufs an den unterschiedlichen Standorten sowie zunächst einmal vollständige Datentransparenz über das weltweite Beschaffungsvolumen eines Unternehmens. Unternehmer, die ihre Einkaufsorganisation nun fit für die nächste Stufe der Internationalisierung machen, können vom weltweiten Einkauf profitieren, ohne unnötige Risiken einzugehen.

Autorenprofil

Alexander Bartels ist Senior Project Manager bei der auf Einkauf und Supply Chain Management spezialisierten Unternehmensberatung INVERTO. Der Diplom-Kaufmann verantwortet Optimierungsprojekte bei namhaften Kunden aus Maschinen- und Anlagenbau, Automotive sowie Konsumgüter- und Verpackungsindustrie. www.inverto.com

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