„Durch diese Geldflut wird nicht ein Kredit mehr vergeben“

Es war das große Thema beim diesjährigen Fondskongress in Mannheim: Die Entscheidung der EZB, erstmals Staats- und Unternehmensanleihen in großem Stil aufzukaufen. Die Entscheidung ist hoch umstritten. Kommt die viele Liquidität überhaupt bei den Unternehmen an? Nein, meint Vermögensverwalter Dietmar Zantke, Spezialist für globale Unternehmensanleihen.  

Werden Strukturreformen durch das Programm erleichtert? 

Im Gegenteil, sie werden dadurch gehemmt. Das sehen wir ja gerade an Griechenland. Aktuell haben die griechischen Banken zwei Mrd. Euro von der EZB über so genannte Notfallliquiditätshilfen erhalten. Die Liquidität fehlt, weil die Leute ihr Geld von der Bank abheben. Aber so wird das Thema natürlich nicht diskutiert: Offiziell wird dafür gesorgt, dass Unternehmen wieder mehr Kredite bekommen.

Wobei die Gefahr einer Deflation Unternehmen ja auch wieder schaden würde. Hätte die EZB dann gar nichts machen und auf Strukturreformen setzen sollen?

Die EZB und Zentralbanken sind zuständig für die Währung und die Preisstabilität – nicht mehr und nicht weniger. Sie ist aber nicht dazu da, Staaten zu finanzieren – was sie mit dem Anleihekauf und zuvor mit der Nullzinspolitik de facto aber tut. Man muss ja auch fragen, woher die deflationäre Entwicklung kommt. Fakt ist, dass die Rettungspolitik der letzten Jahre nichts gebracht hat – obwohl hunderte von Milliarden ins System gepumpt wurden, für die europäische Steuerzahler haften. Das Geld fließt also gar nicht dorthin, wo es hin soll. Indem die EZB eine solch unsolide Politik betreibt, die allen Angst macht, haben wir auch alle Angst vor einer Inflation, auch die wird irgendwann schlagartig kommen. Deshalb bringen die Menschen ihr Privatvermögen in Sicherheit, ins Ausland oder kaufen Immobilien. Das sind aber alles unproduktive Investitionen. Die Nationalstaaten müssten dafür sorgen, dass sie als Wirtschaftsstandorte wieder so attraktiv werden, dass privates Kapital angezogen wird. Früher war das eine Selbstverständlichkeit. Heute macht das die EZB und das private Kapital flüchtet.          

Vielen Dank für das Gespräch.


Zur Person

Dietmar Zantke (© Zantke & Cie. Asset Management GmbH)Dietmar Zantke ist Gründer und Geschäftsführer der Zantke & Cie. Asset Management in Stuttgart. Als Finanzdienstleister ist er spezialisiert auf die Verwaltung von Publikums- und Spezialfonds sowie auf Family Offices. Zantke Asset Management verwaltet Spezialfonds aus verschiedenen Anleihesegmenten. www.zantke-am.de

Autorenprofil

Verena Wenzelis war bis Juli 2016 Redakteurin bei der Unternehmeredition.

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