

Mit seinem Operating System „Bookwire OS“ bietet Bookwire seinen Kunden ein umfangreiches Serviceportfolio, das Produktion und Distribution sowie Analytics und Onlinevermarktung auf Plattformen wie Amazon Kindle, Apple iBooks, Tolino, Google Play oder Spotify umfasst. Aktuell zählt Bookwire über 1.900 Verlage weltweit zu seinen Kunden. Die Coronapandemie brachte dem Unternehmen zusätzlichen Schub. Der starke Rückgang des stationären Buchhandels konnte auch durch den Onlinehandel nicht aufgefangen werden. Parallel stieg die Nutzung von E-Books und Hörbüchern. „Für den digitalen Sektor hat Corona einen großen Boost bedeutet“, bestätigt Bookwire-CEO Jens Klingelhöfer. „Im Zuge des ersten Lockdowns im März sind wir mit Anfragen förmlich überrannt worden.“ Der kommerzielle Effekt durch eine stark erhöhte Nachfrage auf der Konsumentenseite habe sich auch nach Beendigung des ersten Lockdowns fortgesetzt.
Erstes Add-on mit readbox
Vor knapp zwei Jahren ist die Private-Equity-Gesellschaft VR Equitypartner als Investor bei Bookwire eingestiegen. Ziel war es, die Gesellschafterstruktur neu zu ordnen und den eingeschlagenen Wachstumskurs fortzusetzen, sowohl organisch als auch strategisch. Neben der globalen Expansion und dem Markteintritt in weitere Länder stand dabei auch die Akquise anderer Unternehmen auf dem Plan. Im Oktober vergangenen Jahres schließlich vermeldete Bookwire dann die Übernahme der Dortmunder readbox publishing GmbH. „Readbox war lange Jahre einer unserer Mitbewerber am Markt, mit dem wir uns messen durften“, erläutert Klingelhöfer. Das Dortmunder Unternehmen hatte bis dato monatlich rund 1 Mio. Bücher im Handel und Direktvertrieb verkauft. „Vor allem im DACH-Markt war readbox zum Zeitpunkt der Übernahme stark positioniert“, so Klingelhöfer.

Neben dem Ausbau der Marktposition setzen die Bookwire-Verantwortlichen aber auch auf die strategische Erweiterung des Geschäfts. „Readbox besitzt eine große Expertise hinsichtlich Technologielösungen für Verlage“, erklärt Klingelhöfer. „Wir haben ein professionelles Team übernommen, welches in den vergangenen Jahren gute Ideen vorangetrieben hat.“ Die Geschäftsführung von readbox wurde ebenfalls übernommen. Die Akquise erfolgte in enger Abstimmung mit VR Equitypartner. Die Gesellschaft unterstützt nicht nur hinsichtlich Finanzierungsfragen, sondern auch bei strategischen Erwägungen. „Bookwire beschäftigt aktuell rund 100 Mitarbeiter. Wir verfügen nicht über eine spezielle M&A-Abteilung. Die Erfahrung unseres Investors hilft uns da weiter. Im Tagesgeschäft haben wir jedoch freie Hand“, betont Klingelhöfer. Und offensichtlich eine glückliche, wie Christian Futterlieb, Geschäftsführer bei VR Equitypartner, findet: „Bookwire hat ein enorm gutes Gespür für das Recruiting der richtigen Leute. Das Management selbst ist schnell im Erkennen und Umsetzen von neuen Entwicklungen und zugleich offen für Input von außen. Aus meiner Sicht bilden diese Faktoren die Grundpfeiler des Erfolgs bei Bookwire.“
Digital Hub für die Technologieentwicklung
Wenige Monate vor der Übernahme von readbox hatte Bookwire bereits einen Digital Hub installiert. Von einem externen Dienstleister wurde ein Team von Entwicklern übernommen, welches nun am Standort Dortmund die Weiterentwicklung von Bookwire OS vorantreiben soll. „Das hat auch damit zu tun“, erklärt Klingelhöfer, „dass es am Hauptsitz in Frankfurt am Main nicht leicht war, gut ausgebildete Entwickler zu akquirieren.“ Künftig soll in Dortmund gemeinsam mit readbox ein Innovations- und Entwicklungsstandort entstehen. „Wir schließen nicht aus, dass wir hier weitere Forschungsthemen ansiedeln werden, vielleicht auch mit weiteren Partnern – das sind jedoch im Moment noch Zukunftsthemen“, so Klingelhöfer. Technologie sei für Bookwire ein sehr zentrales Thema. „Und wir denken sehr breit in unserer Technologiestrategie.“ Dabei gehe es nicht nur um neue Features für bestehende Plattformen, sondern um Innovationen, die die nächsten Schritte des Unternehmens in den kommenden Jahren prägen werden.
Megatrend „Voice“
Bookwire verfolgt zwei Wachstumssektoren: den geografischen und das Wachstum in der Breite. „Ein Megatrend ist der Bereich ‚Voice‘“, unterstreicht Klingelhöfer mit Bezug auf neue Technologien, also Themen wie Podcasts oder Sprachassistenten. Allein im vergangenen Jahr konnte Bookwire ein Wachstum im Audiobereich von über 120% erzielen, bei einem Gesamtumsatzwachstum von rund 50%. Weitere Zukäufe sollen künftig das Kerngeschäft stärken und Marktpositionen in bestehenden Märkten, aber auch in weiteren Ländern ausbauen und neu installieren. „Wir wollen zunächst unser Geschäftsmodell in der Breite skalieren, Marktanteile hinzugewinnen und uns territorial vergrößern“, sagt der Bookwire-CEO. Aktuell werde ein Standort in Frankreich aufgebaut und auch die Expansion im englischsprachigen Raum schreite voran. Trotzdem schließt Klingelhöfer nicht aus, dass auch andere Technologieunternehmen zugekauft werden könnten. Dabei spielen auch künstliche Intelligenz und Machine Learning eine große Rolle – ob es nun um eine zielgenaue Ansprache von Kundengruppen geht oder um hoch automatisiertes Preismarketing. „Natürlich ist M&A kein Wunschkonzert“, schließt Klingelhöfer. „Doch insbesondere in unseren Kernmärkten, aber auch außerhalb, etwa im Podcastbereich, schauen wir uns weitere potenzielle Add-ons an. Wir haben eine volle Pipeline an Ideen.“
„Wir sind mit Bookwire ganz klar im Aufwind“
Interview mit Jan Markus Drees, Mitglied der Geschäftsleitung, VR Equitypartner
Unternehmeredition: Herr Drees, im Jahr 2019 ist VR Equitypartner bei Bookwire eingestiegen, mit dem Ziel, den Wachstumskurs des Unternehmens zu stützen. Mit der Übernahme von readbox scheint die Saat nun aufgegangen zu sein.

Jan Markus Drees: Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung von Bookwire. Natürlich ist die aktuelle Situation ein Beschleuniger von Trends. Die Digitalisierung, also auch der Trend zu E-Books oder Podcasts, hält weiter Einzug. Das gilt auch für den Trend der Buchverlage, bestimmte Angebote und Dienstleistungen an externe Partner abzugeben. In dieses Wachstum passt die Übernahme der readbox GmbH, ein spannendes Team mit spannenden Kunden, eine optimale Ergänzung für das bereits bestehende Produktangebot von Bookwire.
Unternehmeredition: Welchen Raum für weiteres Wachstum sehen Sie bei Bookwire – sowohl hinsichtlich des Geschäftsmodells als auch im Rahmen der internationalen Expansion?
Drees: Bookwire ist international bereits sehr stark vertreten: im spanischsprachigen Raum, in den nordischen Ländern oder auch in Frankreich. Sehr spannend wird die Expansion auf dem US-Markt sein. Das ist sicherlich ein Punkt, der ganz oben auf der Agenda steht. Strategisch ist etwa Print on Demand ein wichtiges Thema, ebenso die Bereiche Podcast oder Video. Ein Thema ist auch die Einrichtung eines Data Hubs, wo Kundendaten gesammelt und analysiert werden können, um Kunden personalisierte Angebote und technische Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Unternehmeredition: Wird es im Rahmen des Wachstumsprozesses nötig sein, weitere Finanzierungspartner mit an Bord zu holen?
Drees: Bei einem so schnell wachsenden Unternehmen ist es immer wichtig, über eine starke Eigenkapitalbasis zu verfügen. Da kann es langfristig sinnvoll sein, weitere Finanzierungspartner einzuladen. Konkrete Pläne gibt es hier aber nicht; ebenso wenig machen wir uns Gedanken über eine Exit-Strategie. Dafür sind wir noch
zu frisch dabei und haben noch viel vor. Wir sind mit Bookwire ganz klar im Wachstum.
Kurzprofil Bookwire GmbH
Gründungsjahr: 2009
Branche: Software as a Service für die Verlagsbranche; Digital Publishing
Unternehmenssitz: Frankfurt a.M.
Mitarbeiterzahl: 100
www.bookwire.de
Diese Fallstudie ist in der Unternehmeredition 1/2021 erschienen.