Obgleich bilaterale Kredite noch immer die erste Finanzierungswahl für Mittelständler sind, rücken syndizierte Kredite zunehmend stärker in deren Fokus. Steigende Investitionsvolumina für Digitalisierung und Automatisierung, Auslandsinvestitionen oder Risikostreuung und die Aufteilung des Gesamtvolumens auf mehrere Finanzierer sind Gründe für diese Finanzierungsform. Damit allerdings das volle Potenzial der Konsortialfinanzierung ausgeschöpft werden kann, müssen wichtige Erfolgsfaktoren berücksichtigt werden.
Was ist eine Konsortialfinanzierung?Konsortialfinanzierung bezeichnet die gemeinsame Kreditvergabe mehrerer Banken an einen Kreditnehmer unter einem Vertrag. Dabei übernimmt eine Bank – die sogenannte Konsortialführerin und Agency Bank – die Koordination, während die anderen Institute als Konsorten fungieren. Typische Eckpunkte: · Kreditvolumen: ab einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag · Laufzeiten: in der Regel drei bis fünf Jahre mit Verlängerungsoption · Anzahl der Banken: von zwei bis drei (als Club Deal) bis zu über einem Dutzend · Umfangreiche, aber recht standardisierte Kreditvertragsdokumentation · Flexibilität über Baskets für ergänzende Finanzierungen (zum Beispiel M&A-Transaktionen) |
Bilaterale Kredite sind bei vielen mittelständischen Unternehmen noch immer die erste Wahl für Finanzierungen. Sie sind historisch gewachsen, laufen parallel, müssen allerdings von den Finanzbereichen jeweils separat gemanagt werden. Syndizierte Kredite hingegen erfordern eine strukturiertere und stringentere Zusammenarbeit zwischen Kunde und Bank sowie den Banken untereinander. Das spart Zeit und Geld. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass es den zwischen Kunden und seinen Banken gewohnten Dialog gibt, aber alle administrativen Aufgaben in nur einem Ansprechpartner gebündelt werden, dem sogenannten Konsortialführer.
Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld denken Mittelstandsunternehmen daher vermehrt darüber nach, ihre bisherigen bilateralen Finanzierungsstrukturen durch syndizierte Finanzierungen in Form von Konsortialfinanzierungen zu ersetzen.
Die Gründe hierfür sind insbesondere:
– steigende Investitionsvolumina für Digitalisierung, Automatisierung und eine zunehmende Internationalisierung,
– Risikostreuung – gerade in den aktuell volatilen Zeiten mit zunehmend restriktiver und selektiver agierenden Banken ist die Verteilung des Kreditrisikos auf mehrere Schultern attraktiv für beide Seiten,
– Zugang zu Konsortialbanken mit spezifischem Know-how (Projektfinanzierung im Ausland et cetera) und
– vereinfachtes Finanzmanagement durch einzelnen Kreditvertrag mit einheitlichen Finanzkennzahlen, Auflagen und Sicherheitenpaket.
Starkes Wachstum im Markt für Konsortialfinanzierungen· 2024 verzeichnete das erfasste Marktvolumen der Corporate Loans (weitgehend syndizierte Kredite) in Deutschland mit 114 Mrd. EUR ein starkes Wachstum (+58% gegenüber 2023, bei 218 Transaktionen), ausgelöst durch verstärkte Refinanzierungstätigkeit und günstigere Finanzierungskonditionen; · 2025 ist weiteres starkes Wachstum zu erwarten: Bis Mai 2025 wurde bereits ein Finanzierungsvolumen von 71 Mrd. EUR erfasst. Quelle: LSEG Data & Analytics LPC |
Sechs Erfolgsfaktoren einer optimalen Finanzierung
Eine erfolgreiche Konsortialfinanzierung im Mittelstand erfordert mehr als nur die Auswahl der richtigen Finanzierer (Banken sowie zunehmend auch Debt-Fonds) und die vertragliche Umsetzung. Es geht um eine Gesamtbetrachtung, in der die strategischen und operativen Aspekte des Unternehmens zu berücksichtigen sind.
Die Erfolgsfaktoren1. Finanzierung als strategische Unternehmensaufgabe 2. Transparenz über den eigenen Kapitalbedarf und Optimierungsoptionen 3. Gesunde Finanzen im Ist und Plan 4. Finanzierungs-Know-how 5. Strukturierte Ausschreibung 6. Flexibilität schaffen und vertraglich definieren (Baskets et cetera) |
- Finanzierung als strategische Unternehmensaufgabe
Der Wechsel von einer bilateralen Finanzierungsstruktur zu einer syndizierten Finanzierung ist für viele Mittelständler und deren Gesellschafter noch ein neues und unsicheres Terrain.
Umso wichtiger ist es, Finanzierung als strategisches Thema zu verankern und sowohl CEO, Gesellschafter als auch die bestehenden Hausbanken davon zu überzeugen, dass eine syndizierte Finanzierung der bisherigen bilateralen Finanzierung überlegen ist.
Das Thema Finanzierung ist nicht nur existenziell entscheidend, es müssen auch die individuellen, strategischen Unternehmensziele berücksichtigt und hinreichend flexibel und agil unterstützt werden. Häufig ist dies ausschließlich mit einer syndizierten Finanzierung in Form eines Konsortialkredits möglich. Diese Erkenntnis muss zu den Entscheidungsträgern über den Finanzbereich hinaus durchdringen, um ein solches Projekt erfolgreich umsetzen zu können.
- Transparenz über den eigenen Kapitalbedarf und Optimierungsoptionen
In vielen Fällen fehlt ein entsprechend ganzheitlicher Ansatz zur Identifikation des Kapitalbedarfs. Der erste Schritt ist eine integrierte Finanzplanung, welche die Unternehmensstrategie operationalisiert. Dabei sind die Wachstums- und Investitionsziele unter Berücksichtigung der wesentlichen Optimierungshebel bei der Kapitalbindung in der Wertschöpfungskette zu definieren. Ein wirksames Working-Capital-Management sowie Ertrags- und Kostenoptimierungen sind hierfür eine wichtige Grundlage.
- Gesunde Finanzen im Ist und Plan
Ein finanzieller Health Check nach der Erstellung einer integrierten Finanzplanung – gegebenenfalls mit operativer und finanzieller Optimierung zur Erreichung hinreichender Finanzkennzahlen (EK-Quote, Kapitalbindung, Verschuldungsgrad et cetera) ist zwingend notwendig, um ein marktfähiges Informationspaket zu erstellen. Dieses enthält neben Jahresabschlüssen und Unternehmenspräsentation auch einen mittelfristigen Businessplan mit Informationen betreffend Marktumfeld, Wettbewerb und Wachstumsaussichten.
- Finanzierungs-Know-how intern aufbauen oder über externe Berater beschaffen
Viele Mittelständler verfügen über erfahrene Finanzbereiche. Dennoch empfiehlt es sich, beim erstmaligen Abschluss eines Konsortialkredits einen externen unabhängigen Berater hinzuzuziehen. Dieser bringt zusätzliche qualitative und quantitative Ressourcen mit in das Projekt ein und kann dadurch einen strukturierten und professionellen Prozess inklusive Vorbereitung, Ansprache und Umsetzung gewährleisten. Auch eine professionelle Finanzkommunikation ist ein wesentlicher Faktor, um erfolgreich neue Finanzierer für das Unternehmen zu gewinnen.
- Strukturierte Ausschreibung
Auf Basis des initialen Informationspakets (inklusive einer überzeugenden „Debt Story“) kann ein Term Sheet mit den wesentlichen Eckpunkten und bereits vorverhandelten Konditionen erstellt werden.
Anschließend sollte eine strukturierte Ausschreibung erfolgen mit Unterstützung eines (ganz wichtig!) unabhängigen Beraters. Dadurch werden die Konditionen optimiert und die „führende“ oder „koordinierende“ Bank (Konsortialführer oder auch „Mandated Lead Arranger“) ausgewählt. Nicht selten öffnet das Ergebnis einer solchen Ausschreibung dem Management die Augen, denn es zeigt klar auf, welche Finanzierungsvolumina und Konditionen (Zinssätze, Margen und Margengrid, Gebühren) bei entsprechender Herangehensweise möglich sind.
- Flexibilität schaffen und vertraglich definieren (Baskets, Aufstockung et cetera)
Die kommerziellen Eckpunkte umfassen neben den Konditionen (oder „Terms“) auch wesentliche Bestimmungen wie Finanzkennzahlen („Financial Covenants“) sowie Flexibilitäten und Freiheitsgrade, zum Beispiel über Baskets für zusätzliche Finanzierungen (bilaterale Finanzierungen bei Auslandstöchtern, Sale & Lease Back, Factoring et cetera). Bei diesen Baskets ist eine hinreichende Größenordnung sehr zu empfehlen, da sie nicht nur für Flexibilität im Volumen sorgen, sondern gegebenenfalls auch eine Alternative zu den klassischen Konditionen des Konsortialvertrags sind.
Vorteile einer Konsortialfinanzierung für den Mittelstand· Zugang zu höheren Finanzierungsvolumina · Vereinfachtes Finanzmanagement durch einen Kreditvertrag · Risikostreuung für Unternehmen und Banken · Verbreitung von Banken-Know-how insbesondere bei internationalem Geschäft · Flexibilität bezüglich Volumen und Struktur · Reduktion der Komplexität über standardisierte Verträge (LMA-Standard lite) Herausforderungen· Komplexität und Initialaufwand · Finanzielle und strategische Transparenz · Projektmanagement und Ressourcen im Finanzbereich · Informationspflichten und Anforderungen an den Finanzbereich steigen |
Sonstiges
Die Komplexität der Verträge ist durch Standardisierung und Musterverträge nach dem sogenannten LMA-Standard (LMA = Loan Market Association) reduziert. Allerdings erfordert es bei erstmaliger Anwendung einen individuellen Zuschnitt auf das jeweilige Unternehmen. Die Verträge (inklusive Anhang) mit Definitionen und Auflagen (zum Beispiel der Covenants) sowie Musterschreiben für das operative Handling erreichen häufig eine dreistellige Seitenanzahl. Daher ist es üblich, externe Anwälte einzubinden, entweder unternehmens- oder bankenseitig. Weiterer externer Beratungsbedarf kann beispielsweise bei der Bewertung von einzubeziehenden Auslandstöchtern erforderlich werden zur Erstellung einer Due Diligence im Rahmen der Kreditprüfung oder vereinfacht lediglich eine Legal Opinion.
FAZIT
Die Konsortialfinanzierung ist für mittelständische Unternehmen eine Chance, Wachstumspotenziale auszuschöpfen und auch in einem anspruchsvollen Marktumfeld agil zu bleiben. Zudem entwickeln sie einen höheren finanziellen Reifegrad, stärken ihre Reputation bei Finanzierungspartnern und sichern sich damit Wettbewerbsvorteile. Ab einer gewissen Größenordnung sind syndizierte Kredite daher nahezu alternativlos. Wichtig für den Erfolg sind eine sorgfältige Planung, eine transparente Kommunikation und eine absolut professionelle Herangehensweise.
👉 Dieser Beitrag ist auch in der Unternehmeredition-Magazinausgabe 2/2025 mit Schwerpunkt “Unternehmensfinanzierung” erschienen.