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Auf dem Boden geblieben

Seit mehr als 100 Jahren ist der börsennotierte Klebespezialist Uzin Utz in der Hand der Familie. Zum Jahresende übernimmt zum ersten Mal ein angestellter Manager die Spitzenposition. Der ist allerdings seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen. Und die Kinder des aktuellen Vorstandchefs, Werner Utz, stehen auch schon parat. 

Es war ein ungewöhnlicher Tag. Auch für einen alten Unternehmerhasen wie Hans-Werner Utz. Nicht so häufig kommen deutsche Unternehmer schließlich in den Genuss, mit einer Königin einen Unternehmensstandort zu eröffnen. Ihre Majestät Máxima höchstpersönlich gab im Mai vergangenen Jahres den Startschuss für den Produktionsbetrieb Unipro, einer Tochtergesellschaft von Uzin Utz in Haaksbergen in den Niederlanden. Angetan war sie von dem nachhaltigen Bau und der Energiegewinnung im Gebäude. Im Nachbarland bauten die Ulmer die grünste Fabrik Europas: Die Energie kommt zu hundert Prozent aus Prozesswärme und Biothermie. Zum Bau verwendete das Unternehmen nahezu ausschließlich wiederverwendbare Materialen. „Von zehn möglichen Punkten erhielt das Gebäude 8,66 Punkte im Zertifizierungsverfahren“, sagt der Vorstandsvorsitzende Werner Utz. Das überzeugte letztlich auch die Königin. Passend kam sie im grünen Kleid mit Blütenhut.

Nachhaltigkeit ist eines der Erfolgsrezepte von Uzin Utz. Schon in den 80er Jahren richtete das Unternehmen den Fokus auf ökologische Produkte. Zu jener Zeit enthielten Klebstoffe für Bodenbeläge, das Hauptprodukt von Uzin Utz, noch gesundheitlich bedenkliche Lösungsmittel. Zudem bestand permanente Feuergefahr. „Eine Zigarette unachtsam weggeworfen – rumms, hätte es einen Knall geben können“, erinnert sich Utz. Abends, nach der Arbeitszeit, rührte der Firmenchef mit seinen Entwicklern Kleber an, um mitreden zu können. Schließlich ist er kein Chemiker, sondern Betriebswirt.

Für die Umwelt, für das Unternehmen

Labor von Uzin Utz: Grundlagenforschung ist essenziell. (© Uzin Utz AG)

Relativ schnell gelang es dem Unternehmen, funktionstüchtige ökologische Produkte herzustellen. Doch gab es ein Problem: Beim Kunden kamen diese nicht an. Sie hatten eine andere Farbe, sie rochen anders und waren langsamer zu verarbeiten. Utz war damals klar: Wenn es nicht gelang, den Kunden die technischen Vorteile plausibel zu machen, müsse man die Emotionsschiene fahren. Das Unternehmen erhöhte das Marketingbudget. Als erstes der Branche bewarb es ein technisches Produkt aus dem Low-Cost-Sektor, das erklärungsbedürftig war und sich nicht an den Endverbraucher richtete. Doch der Erfolg gab Utz recht: Bereits zwei Jahre nach dem Testlauf kamen die ersten lösungsfreien Produkte auf den Markt und beim Kunden gut an. Heute haben die Schwaben eine eigene Abteilung, die sich um Grundlagenforschung kümmert und aufarbeitet, welche Rohstoffe für die Produkte eingesetzt werden. Mehr als 30 Produkte des Unternehmens tragen mittlerweile das Umweltsiegel „Blauer Engel“. Der Anspruch für Uzin Utz besteht darin, Systemlösungen für das Haften von Böden und Parkett in höchster Qualität zu bieten.

Ziel ist es, Produkte zu bewerten und umweltfreundlichere auszuwählen. „Wir wollen uns nicht nur das grüne Deckmäntelchen umhängen, es soll ein Teil von uns sein“, sagt Utz. Kurzfristig verzichtet er damit vielleicht auf den einen oder anderen Euro. Mittel- bis langfristig soll sich diese Strategie allerdings auszahlen.Seit mehr als 100 Jahren ist der börsennotierte Klebespezialist Uzin Utz in der Hand der Familie. Zum Jahresende übernimmt zum ersten Mal ein angestellter Manager die Spitzenposition. Der ist allerdings seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen. Und die Kinder des aktuellen Vorstandchefs, Werner Utz, stehen auch schon parat. 

Dass sich Langfristigkeit lohnt, beweist Uzin Utz seit mehr als 100 Jahren: Großvater Georg Utz baute 1911 mit einem Partner das Unternehmen auf. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gründete er zunächst in Wien einen Handelsbetrieb für Dampfseifenpulver und Schuhcreme. Aus dem Krieg kehrte er mit einer Gasvergiftung dann nach Ulm zurück und führte das Unternehmen weiter. In gewisser Weise hatte es damals schon etwas mit Boden zu tun. Sein Sohn Willi arbeitete nach dem Zweiten Weltkrieg bei Höchst und kam dort mit Kunstharzen und Klebstoffen in Berührung. Er stieg dann beim Vater ein, begann 1948 die ersten Bodenbelagsklebstoffe herzustellen und meldete die Marke Uzin an. Angelehnt war der Name an die alte Marke der Schuhpflegeprodukte, Uzol. „Uz“ blieb stehen, „in“ wurde als Abkürzung für Industrie eingesetzt. Der Vorteil: „Der Name lässt sich auch im Ausland gut aussprechen“, sagt Utz. Bis 1965 war der Betrieb in der Ulmer Altstadt angesiedelt. Dann kam der Umzug ins Industriegebiet Donautal. Bis zum Tode von Georg Utz stellte das Unternehmen seine Produkte weiter her, allerdings hatten sie nur noch nostalgische Bedeutung.

Es folgte eine Phase starken Wachstums. Vor allem Anfang bis Mitte der 70er-Jahre wurde in Deutschland viel gebaut, saniert und renoviert. In der zweiten Hälfte

Qualitätsprüfung: Ökologische Verträglichkeit steht im Fokus. (© Uzin Utz AG)

des Jahrzehnts kam dann der Einbruch. Willi Utz beschäftigte sich viel mit neuen Produkten. „Doch funktionierte etwas nicht, fehlte ihm auch das Durchsetzungsvermögen“, erzählt sein Sohn Werner Utz. Damals stand das Unternehmen auf der Kippe und kurz vor dem Verkauf. Der heutige Vorstandschef studierte zu der Zeit an der LMU in München, promovierte und war kurz davor, eine wissenschaftliche Laufbahn einzuschlagen. Erst als sich ein interessierter Käufer meldete, begann er seine Unternehmerkarriere bei Uzin Utz.

Schritt an die Börse

Diese verlief zunächst etwas zäh. Nicht immer waren er und sein Vater einer Meinung. Vor allem in personalpolitischen Fragen gab es Differenzen. Der Vater führte eher patriarchalisch. „Als ich ins Unternehmen einstieg, hatte er sich gerade von seinem einzigen Chemiker getrennt, weil er nicht mit ihm zurecht kam“, sagt Werner Utz. Ein Unternehmen aus der chemischen Industrie hatte von heute auf morgen keinen Chemiker mehr. Für Werner Utz war dies allerdings auch die Chance, neue Mitarbeiter zu suchen. Relativ schnell zog sich der Vater dann aus dem operativen Geschäft zurück und ließ den Sohn schalten und walten. Werner Utz baute das Unternehmen auf, führte es 1997 an die Börse und brachte es auf eine höhere Ebene. Jetzt steht er kurz davor, in den Aufsichtsrat zu wechseln.

„Seit mehr als 30 Jahren ist Hans-Werner Utz im Unternehmen. Er lebt es und wird dies auch künftig tun“, sagt Finanzchef Thomas Müllerschön. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er mit Utz zusammen, war sein Vorstandsassistent und wird am 1.1.2016 den Vorstandsvorsitz übernehmen. „Anders als der Vater wird er sicherlich aktiv dabei bleiben“, sagt Müllerschön. Doch das sieht er durchaus als Vorteil. Vor allem Innovationen und Investitionen in Bauvorhaben liegen dem Seniorchef am Herzen. „Sicherlich werde ich ein Büro haben und zweimal die Woche im Unternehmen sein“, sagt Utz. Aus dem Tagesgeschäft will er sich allerdings weitgehend zurückhalten. Über seinen Nachfolger findet er passende Worte: „Er wird das Unternehmen mit anderen Nuancen führen, grundsätzliches aber nicht ändern.“Seit mehr als 100 Jahren ist der börsennotierte Klebespezialist Uzin Utz in der Hand der Familie. Zum Jahresende übernimmt zum ersten Mal ein angestellter Manager die Spitzenposition. Der ist allerdings seit mehr als 20 Jahren im Unternehmen. Und die Kinder des aktuellen Vorstandchefs, Werner Utz, stehen auch schon parat. 

Viel haben die beiden in den vergangenen Jahren gemeinsam durchgemacht. Den Börsengang im Jahr 1997 etwa: Damals hatte Uzin Utz einen Fremdgesellschafter, der 30 Prozent am Unternehmen hielt und Anteile verkaufen wollte. Zwar hätte die Familie die Anteile kaufen können, allerdings hätte dann wieder Kapital für künftige Investitionen gefehlt. Also entschied sich Uzin Utz für einen Börsengang. Die Euphorie damals war riesig. Im selben Jahr startete der Neue Markt in Frankfurt. Die Gesellschaft profitierte davon, auch wenn sie nichts mit jungen Wachstumsunternehmen zu tun hatte und in ein anderes Marktsegment aufgenommen wurde.

Hohes Wachstum geplant

Anders als viele andere deutsche Familienunternehmer sehen weder der designierte noch der aktuelle Vorstandschef die Börsennotiz kritisch: „Bei uns werden die Werte eines Familienunternehmens kombiniert mit der Struktur einer Aktiengesellschaft. Das Beste aus zwei Welten“, sagt Müllerschön. Natürlich stehe man stärker in der Öffentlichkeit und es gäbe mehr Interessengruppen, die sich mit dem Unternehmen beschäftigen. Doch würde dies auch den Druck erhöhen, nachhaltig Gewinne zu erwirtschaften und weiter zu wachsen.

Zentrale von Uzin Utz in Ulm: Hier ist das Unternehmen zuhause. (© Uzin Utz AG)

Uzin Utz hat viel vor: Bis zum Jahr 2019 wollen die Ulmer ihren Umsatz von derzeit rund 230 Mio. Euro auf 400 Mio. Euro steigern. Die Umsatzrendite soll von fünf bis sechs Prozent auf acht Prozent klettern. Vor allem in Westeuropa und den USA sehen die Schwaben noch großes Potenzial. Müllerschön will künftig vor allem die Internationalisierung vorantreiben. „Als ich begann, lag die Exportquote bei 20 Prozent. Heute ist sie bei 55 Prozent.“ Bis 2019 soll sie dann bereits 65 Prozent betragen. Erst auf mittlere Sicht will sich Uzin Utz in Asien, vor allem in China positionieren. „Manche Märkte sind für unsere Produkte noch nicht reif“, sagt Utz. „Die Chinesen wollen Computer, Autos und Klamotten. Aber das Wohnumfeld spielt noch keine große Rolle.“

Bisher würden die Chinesen vor allem neu bauen. Rund 75 Prozent des Geschäfts macht bei Uzin Utz jedoch die Sanierung von Gebäuden aus. Drei Faktoren sieht Müllerschön als die wichtigsten der Zukunft: Die kritische Größe von 400 Mio. Euro erreichen, elektronische Vertriebskanäle für die Zukunft definieren und sich in einem vielleicht auch rezessiven Umfeld gegen Konkurrenten wappnen. Und dass auch in Europa noch Luft ist, sieht man in den Niederlanden: Nach dem Besuch der Königin: Alle Kunden wollten plötzlich bei den Schwaben kaufen. „In den Niederlanden hatten wir einen Umsatzanstieg von 20 Prozent, in einem stagnierenden Markt“, sagt Utz.

Kurzprofil Uzin Utz AG

Gründungsjahr 1911
 Branche Bauindustrie
 Unternehmenssitz  Ulm
 Umsatz 2014 (vorläufig) 230,4 Mio. Euro
 Mitarbeiterzahl  960

www.uzin-utz.de

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