Sanierung durch Insolvenzplanverfahren

Marktumbrüche und Wirtschaftskrise
Kurz nach Beginn dieses Jahrzehnts musste sich Mayer & Cie. auf einen tiefgreifenden Wandel einstellen, als die Textilhersteller ihre Produktion nach Asien verlagerten und gleichzeitig immer mehr Low-Cost-Maschinen nachfragten. Mayer & Cie. reagierte darauf mit einer erhöhten Innovationsbereitschaft und breiterem Produktsortiment. Erste größere Restrukturierungen waren nötig, als die Maschinenpreise sanken und das Traditionsunternehmen immer mehr für seine Rohstoffe bezahlen musste. Durch Personal- und Kapazitätsanpassungen konnte man noch einmal gegensteuern und die gute Konjunktur des Jahres 2007 nutzen. Doch die Ernüchterung kam abrupt. Die Textilmaschinenindustrie wurde ihrem Ruf als Frühzykliker gerecht, als die Aufträge ab Mai 2008 regelrecht einbrachen. “Nachdem dann auch noch die Akkreditive für zwei Großaufträge nicht mehr rechtzeitig ankamen, waren unsere Auftragsbücher im Sommer praktisch leer”, erinnert sich Rainer Mayer, der die Geschäfte in dritter Familiengeneration leitet.

Erste Sanierungsversuche gescheitert
Die Unternehmensberatung Helbling Corporate Finance Deutschland entwickelte in dieser dramatischen Situation ein Sanierungskonzept, mit dem die Break-even-Schwelle um 40% gesenkt werden konnte. Die Anpassung der Verwaltungs- und Fertigungskapazitäten erwies sich aber wegen des Widerstands von Gewerkschaften und Betriebsrat als nicht umsetzbar. Zunächst zwar noch abgefedert durch die Kurzarbeit-Regelung der Bundesregierung, stand dieses Manko einer nachhaltigen Sanierung ebenso im Wege wie die prekäre Finanzsituation. Der geplante Verkauf von Immobilien und Beteiligung gestaltete sich immer schwieriger und die Banken sahen sich trotz Tilgungsverzicht nicht mehr in der Lage, weitere Darlehen zu geben. Ein Insolvenzantrag im September 2009 war die Folge.

Insolvenzplan bringt die Rettung
Insolvenzverwalter Dr. Wolfgang Bilgery von der Sozietät Grub Brugger & Partner reichte im Juli 2010 den Insolvenzplan ein. “Von Beginn an war klar, dass das Unternehmen ohne Übergang auf eine andere Rechtsgesellschaft sanierbar ist. Es ging nun darum, den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren, für eine Entschuldung zu sorgen und die Lasten der Sanierung gleichmäßig zu verteilen”, erläutert Bilgery. Zu diesem Zweck sollten die Banken, die Forderungen von insgesamt 30 Mio. EUR hatten, auf einen nicht gesicherten Teil von 10 Mio. EUR verzichten, während der Insolvenzplan für die übrigen Gläubiger eine Insolvenzquote von 8,5% vorsah. Die Verpflichtungen aus der Betrieblichen Altersvorsorge, hatte – mit Ausnahme der Ansprüche der noch im Betrieb Beschäftigten – der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) zu übernehmen. Die Gesellschafter wiederum sollten mit einer Kapitaleinlage von 2 Mio. EUR zur Fortführung beitragen. Das mögliche Ende des Betriebs vor Augen, zeigten sich nun auch die Gewerkschaften zu Konzessionen bereit. Das von Helbling Corporate Finance bereits vor der Insolvenz ausgearbeitete Sanierungskonzept konnte nun vollumfänglich umgesetzt werden. So wurden ein Personalabbau von ca. 480 auf rund 250 Mitarbeiter, der Verzicht auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie die Einführung der 40-Stunden-Woche ohne Lohnausgleich vereinbart. Die innerbetriebliche Umstrukturierung sah zudem die Reduzierung des Sortiments sowie eine Neustrukturierung des Vertriebsnetzes vor. Nachdem der Insolvenzplan von den Gläubigern in großer Mehrheit angenommen worden war, wurde das Insolvenzverfahren im Oktober 2010 aufgehoben.

Gestärkt aus der Krise
Das Unternehmen ist heute entschuldet, verfügt über marktgerechte Kapazitäten und arbeitet profitabel. Anfängliche Sorgen um die Auswirkung des Insolvenzverfahrens auf Mitarbeitermotivation und Kundeninteresse haben sich als unbegründet erwiesen. “Die ganze Belegschaft zieht mit, und die Kunden wollen uns am Markt sehen”, sagt Geschäftsführer Mayer, der optimistisch in die Zukunft blickt. In China ist nun zusätzlich zu den Vertriebs- und Servicegesellschaften der Aufbau eines Montagewerks geplant, von dem auch die Wachstumsmärkte in Indien, Bangladesch und Indonesien beliefert werden sollen. Das Top-Segment wird unter Beibehaltung der Innovationsstrategie weiter von Deutschland aus betreut. Mit Marcus Mayer ist zudem nun bereits ein Mitglied aus der vierten Familiengeneration in die Geschäftsführung eingetreten.

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