Trend zur früheren Sanierung setzt sich fort

Die EU-Kommission hat jüngst ihren Richtlinienvorschlag über ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren vorgestellt. Wird dieser Gesetz, können sich Unternehmen bereits im Vorfeld einer Insolvenz effizient sanieren.

Brauchen wir ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren?

Die deutsche Insolvenzordnung sieht mit dem Schutzschirmverfahren ein ähnlich geartetes Verfahren vor, welches ebenfalls der Sanierung von krisengebeutelten Unternehmen dienen soll. Auch in diesem Verfahren behält der Schuldner die Kontrolle über sein Unternehmen und kann die wesentlichen Entscheidungen selbst treffen. Ebenso können Gläubiger, die anderer Meinung sind, überstimmt werden. Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland deshalb, trotz Fehlens eines vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahrens, weit überdurchschnittlich ab. Trotz dieser erfreulichen Ausgangslage bietet der Richtlinienentwurf der EU-Kommission nicht von der Hand zu weisende Chancen und Potenziale im Vergleich zu den bestehenden Sanierungsmechanismen.

Hierdurch besteht nicht nur die Chance auf Restrukturierung des Unternehmens außerhalb eines förmlichen Insolvenzverfahrens. Vielmehr kann diese außergerichtliche Gläubigereinigung ohne die Zustimmung sämtlicher Gläubiger erreicht werden, wodurch der Trittbrettfahrer-Problematik vorgebeugt werden kann. Aktuell bedürfen außergerichtliche Vergleiche der Zustimmung sämtlicher betroffener Gläubiger. Einzelne Gläubiger sind deswegen in der Lage, durch Verweigerung eines Schuldenschnitts außergerichtliche Lösungen zu torpedieren, wodurch sich eine erhebliche Gefahr für die nachhaltigen Sanierungschancen des betroffenen Unternehmens ergibt. In der Vergangenheit wurde deswegen öfter die Lösung über ein englisches Scheme of Arrangement gesucht. Ein solches destruktives Verhalten wäre nach dem Richtlinienentwurf der Kommission künftig nicht mehr möglich. Entsprechend würde die außergerichtliche Sanierung zu einem realistisch gangbaren Weg für Unternehmen in der Krise und deren Gläubiger.

Wie geht es weiter?

Momentan liegt lediglich ein Richtlinienvorschlag seitens der Kommission vor, welcher in dieser Form noch nicht verbindlich ist. Sollten auf Grundlage des Vorschlags EU-Parlament und der Rat eine Richtlinie erlassen, wäre der deutsche Gesetzgeber gezwungen, die Vorgaben der Richtlinie umzusetzen. Sobald dies geschehen ist, hätten deutsche Unternehmen Zugang zu dem neuen vorinsolvenzlichen Sanierungsverfahren.

Fazit

Zwar hat Deutschland auch jetzt schon ein hervorragendes und sanierungsfreundliches Insolvenzrecht. Doch besteht nach wie vor Nachbesserungsbedarf. Denn erfolgreiche Sanierungen erfolgen bekanntlich früh, schnell und still – und damit bereits im Vorfeld der Insolvenz. Einer solchen vorinsolvenzlichen Sanierung würde mit der Umsetzung des von der EU-Kommission vorgeschlagenen Richtlinienentwurfs in deutsches Recht erheblich Vorschub geleistet.


Zur Person:

Uwe_Goetker

Dr. Uwe Goetker ist Rechtsanwalt und Partner bei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP in Düsseldorf. Goetker ist im Bereich Corporate/M&A tätig und unter anderem auf die Vorbereitung und Durchführung von Sanierungen/Restrukturierungen spezialisiert.

www.mwe.com

 

 

 

 

Autorenprofil

Uwe_GoetkerDr. Uwe Goetker ist Rechtsanwalt und Partner bei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuerberater LLP in Düsseldorf. Goetker ist im Bereich Corporate/M&A tätig und unter anderem auf die Vorbereitung und Durchführung von Sanierungen/Restrukturierungen spezialisiert.

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