Zukauf im Ausland

Bei Zukäufen geht es in der Regel nicht um schiere Größe, sondern um das Schließen von strategischen Lücken. Die richtige strategische Suche und Beurteilung von Targets ist daher erfolgskritisch. 

Die globale Dimension – auch zur Risikoabwehr

Nicht nur multinationale Konzerne, auch größere Familienunternehmen akquirieren zunehmend global. Denn: Marktchancen sind schnell zu realisieren, internationale Wettbewerber auch aus aufstrebenden Nationen wie China machen sich an die Eroberung lukrativer Märkte der Welt.

Dabei werden mit Akquisitionen nicht nur Chancen realisiert, sondern auch Risiken entgegengesteuert. In Märkten wie China beispielweise wachsen lokale Anbieter mit den dortigen Märkten zum Teil dynamisch. Ohne Wettbewerb vor Ort und in den „angestammten“ Marktsegmenten können sehr große Wettbewerber mit hoher Ressourcenstärke entstehen, die zukünftig globalisieren. Mit anderen Worten: Ohne das Risiko einer Akquisition auf sich zu nehmen kann ein – mittelfristig – existenzielles Risiko entstehen.

Zukäufe in mittleren Segmenten in China

Europäische Unternehmen bearbeiten in China häufig die Top-Segmente hinsichtlich Leistungskriterien und Preisen. Die Top-Segmente sind aufgrund des gigantischen Gesamtmarktes oft sehr groß, so dass ein beträchtliches Geschäftsvolumen entstehen kann (die deutsche Kfz-Industrie ist dafür ein klassisches Beispiel).

Lokale chinesische Unternehmen bedienen dabei häufig mittlere und niedrige Leistungs- und Preissegmente. In B2B-Branchen gehören oftmals lokale Abnehmer zu diesen Segmenten. Europäische Unternehmen können diese Käufergruppen in der Regel nur schwer erschließen. Automobilzulieferer etwa liefern in der Regel an die Tochterunternehmen internationaler OEM in China und nicht an die lokalen Automobilbauer.

Die mittleren Segmente wachsen jedoch überproportional: Zum einen werden die Leistungen (Qualität, Technologie, Service) kontinuierlich verbessert. Zum anderen zielen auch lokale Abnehmer immer mehr auf Produktivität und Gesamtkosten (Total Cost of Ownership, kurz TCO) und verlassen damit das „Billig-Segment“. Effekt: Lokale Unternehmen, die im mittleren Segment gut positioniert sind, wachsen überproportional.

Trifft dieses Szenario zu, sollte eine strategische Akquisition von lokalen chinesischen Unternehmen, die das mittlere Segment bedienen, überprüft werden. Die Marktposition des Targets kann genutzt und ausgebaut werden. Mit der Verbesserung von Qualität und Leistung kann das Unternehmen langfristig voll integriert werden – nachdem jedoch zunächst das chinesisch geprägte Geschäftsmodell und die Marke beibehalten wurden.

So ist die Akquisition von Trumpf aus unserer Sicht zu interpretieren: langfristig, wohlüberlegt und mit hohem strategischen Sachverstand.


Zur Person

Frank-Christian RaffelFrank-Christian Raffel ist Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter von Raffel GmbH in München und MelchersRaffel Ltd. mit Standorten in Hongkong, Shanghai und Singapur. MelchersRaffel berät bei Strategie- und M&A-Vorhaben in den wesentlichen Regionen Asiens und in deutschsprachigen Ländern. www.melchersraffel.com.

Autorenprofil

Frank-Christian Raffel ist Mitgründer und geschäftsführender Gesellschafter von MelchersRaffel Ltd. mit Standorten in Hongkong, Shanghai und Singapur und München. MelchersRaffel berät bei Strategie- und M&A-Vorhaben in den wesentlichen Regionen Asiens und in deutschsprachigen Ländern und hat Zugriff auf die Netzwerke der Melchers-Organisation, die seit mehr als 150 Jahren in China und weiteren Regionen Asiens mit rund 25 Standorten erfolgreich tätig ist. www.melchersraffel.com

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