Familienunternehmen sind offen wie nie für Private-Equity-Beteiligungen

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Private-Equity-Gesellschaften und Familienunternehmen haben ein beiderseitiges Interesse an einer Beteiligung. Bei den Investoren liegt es bei nahezu 100%, bei den Familienunternehmen bei 90%. Das zeigen die Ergebnisse der Studie „Private Equity-Gesellschaften und Familienunternehmen: Ziemlich beste Freunde?“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland, für die 200 Familienunternehmen und 55 Private-Equity-Gesellschaften befragt wurden. In der Praxis scheitere die Zusammenarbeit jedoch an unterschiedlichen Vorstellungen – über die Art der Beteiligung, den Preis, die realisierbaren Potenziale oder Hinblick auf den Gewinn. Aber es gibt laut der Befragung auch nicht-finanzielle Vorbehalte: Unternehmen befürchten zum Beispiel Defizite bei der Sozialkompetenz von Finanzinvestoren. Die Private-Equity-Gesellschaften wiederum sehen eine zu geringe Veränderungsbereitschaft auf Unternehmensseite.

Bereitschaft ist deutlich gewachsen

Während für viele Familienunternehmer ein (Teil-)Verkauf lange Zeit ausgeschlossen war, ist er nach der PwC-Umfrage inzwischen zumindest denkbar: Für 90% der Befragten ist die Beteiligung eines Private-Equity-Investors eine mögliche Option. Vor zehn Jahren lag die Bereitschaft dafür nur bei 61% − im Jahr 2011 sogar nur bei 18%. „Das Image von Private-Equity-Gesellschaften ist deutlich besser geworden und damit sind sie durchaus eine unternehmerische Option. Das liegt teilweise auch an dem Wunsch, nicht mehr alle Eier in einem Korb zu haben“, sagt Uwe Rittmann, Leiter Familienunternehmen und Mittelstand bei PwC Deutschland. „Hinzu kommen Umstände wie ungeklärte Nachfolgeregelungen, der Fachkräftemangel, erschwerte Finanzierungsbedingungen, notwendige Investitionen bei der Digitalisierung sowie der Nachhaltigkeit und natürlich die geopolitische Instabilität und die aktuelle Standortdebatte.“ Zumindest theoretisch würden Familienunternehmen eine ähnliche Meinung vertreten, denn 92% erhoffen sich von einem Investor eine solidere Kapitalausstattung, 90% höhere Erträge sowie Gewinnsteigerungen und 88% einen besseren Marktzugang. Zudem sind Familienunternehmen überzeugt, dass eine Private-Equity-Beteiligung ihnen hilft, Fortschritte in der Digitalisierung zu erreichen, internationaler, wettbewerbsfähiger und innovativer zu werden.

Nahezu alle der befragten Private-Equity-Unternehmen sind seit Jahren an Familienunternehmen und Mittelstand beteiligt. „Bei den Beteiligungen an Familienunternehmen schätzen die Investoren ganz besonders das unternehmerische Denken, kurze Entscheidungswege und die Flexibilität“, so Steve Roberts, Private Equity Leader Deutschland & EMEA bei PwC. Sie setzen dabei überwiegend auf agile Unternehmen mit einem hohen Wertschöpfungspotenzial und skalierbaren Geschäftsmodellen. Als „Retter“ in der wirtschaftlichen Not würden diese Gesellschaften selten in Erscheinung treten: Nur ein Viertel der Befragten ist bereit, in Restrukturierungen von unprofitablen Familienunternehmen zu investieren.

Theorie und Praxis klaffen auseinander

In der Praxis gibt es laut der Studie allerdings nur wenige Transaktionen zwischen Private- Equity-Gesellschaften und Familienunternehmen. Einer der Hauptgründe: Familienunternehmen wollen die Kontrolle und damit nicht nur die Mitsprache, sondern auch „das letzte Wort“ behalten, weshalb mehr als die Hälfte der Befragten eine Minderheitsbeteiligung vorziehen. Dies stehe im Widerspruch zu den Zielen von Private-Equity-Gesellschaften, die nach einer Mehrheitsbeteiligung streben. Die Meinungen würden laut der Befragung auch bei Gewinn- und Wachstumszielen divergieren. Private-Equity-Beteiligungen sind immer Partnerschaften auf Zeit. Zwar würden Mittelstandsbeteiligungen meist länger als die üblichen fünf Jahre im Portfolio gehalten. Trotzdem stünde irgendwann der Exit an, in Form eines Verkaufs an einen strategischen oder einen weiteren Finanzinvestor. Für Familienunternehmen, zu deren DNA das generationenübergreifende Denken gehört, stehe aber auch bei einem Investor die strategische und langfristige Partnerschaft im Mittelpunkt. Mit dem Anlagehorizont von Private-Equity-Investoren passe das nicht immer zusammen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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