Scherbenhaufen: Glashersteller Ritzenhoff insolvent

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Der Glashersteller Ritzenhoff hat beim Amtsgericht Arnsberg einen Antrag auf Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung eingereicht. Zum vorläufigen Sachwalter wurde Dr. Alexander Höpfner bestellt. Die Restrukturierung der Ritzenhoff AG wird durch ein Team von Lieser Rechtsanwälte unter der Leitung von Jens Lieser und Dr. Martin Kaltwasser unterstützt, die das Sanierungsverfahren als Generalhandlungsbevollmächtigte begleiten.

Das Unternehmen aus Marsberg im Hochsauerland beschäftigte nach eigenen Angaben zuletzt 450 Mitarbeitende. Der Jahresumsatz des vor rund 120 Jahren gegründeten Unternehmens betrug rund 60 Mio. EUR. Am Unternehmensstandort im Sauerland werden mit vier Produktionslinien jährlich bis zu 50 Millionen Gläser hergestellt. Ende 2023 gab es – auch als Reaktion auf wirtschaftliche Schwierigkeiten – einen Wechsel an der Spitze der Firma: Carsten Schumacher übernahm den Posten des CEO von Dr. Axel Drösser. Schon damals machten die Nachwirkungen der Corona-Pandemie sowie die Energiekrise in Folge des Ukraine-Krieges der Firma Ritzenhoff zu schaffen.

Einer der größten Trinkglas-Hersteller Europas

Als Glashersteller deckt Ritzenhoff den gesamten Produktionsprozess von der Entwicklung bis zur Auslieferung ab. Das Unternehmen ist einer der größten Trinkglas-Hersteller Europas und zudem Marktführer bei Stielgläsern. Besonders bekannt sind die bunt bedruckten Gläser und Tassen mit teilweise auffälligen Designs. Das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung sei laut Unternehmensmitteilung nun „Teil einer umfassenden Strategie zur langfristigen Stabilisierung des Unternehmens”. Die Einleitung des Eigenverwaltungsverfahrens habe keine Auswirkungen auf die laufenden Geschäftsprozesse.

Sowohl der Vertrieb als auch alle anderen betrieblichen Aktivitäten würden gemäß einer Pressemitteilung des Unternehmens unverändert fortgeführt und ohne Unterbrechung aufrechterhalten. Insbesondere Bestellungen würden wie gewohnt angenommen und bearbeitet. Auch bleibe die Produktion und gesamte Lager- und Lieferlogistik von dieser Entwicklung unberührt. Die Mitarbeitenden wurden bei einer Betriebsversammlung über die Entscheidung informiert. Die Löhne seien durch das Insolvenzgeld, das die Agentur für Arbeit zahlt, gesichert.

Unterstützung durch Robert Tönnies

Carsten Schumacher, CEO der Ritzenhoff AG, sagt: „Die Entscheidung zur Eigenverwaltung wurde nicht leichtfertig getroffen, aber angesichts der aktuellen Lage ist es die richtige Entscheidung für die Zukunft der Ritzenhoff AG proaktiv zu handeln und unsere Geschäftsstrategien anzupassen. Diese Schritte sind unverzichtbar, um die Wettbewerbsfähigkeit unseres Unternehmens zu gewährleisten und langfristig erfolgreich zu sein.“ Jens Lieser ergänzt: „Mit der Eröffnung der Eigenverwaltung strebt die Ritzenhoff AG eine grundlegende Sanierung an. Das Eigenverwaltungsverfahren bietet uns die Möglichkeit, die notwendigen Umstrukturierungen effizient und im gemeinsamen Interesse mit den Gläubigern durchzuführen, während der Betrieb weiterläuft. Dies ist ein entscheidender Vorteil, um das Unternehmen zu erhalten und in eine stabile Zukunft zu führen.“

Ein Restrukturierungs- und Sanierungskonzept soll die Basis für die erfolgreiche Durchführung der geplanten Restrukturierungsmaßnahmen darstellen. Diesen Prozess wird laut dem vorläufigen Sachwalter Lieser der Unternehmer Robert Tönnies aktiv unterstützen. Robert Tönnies hatte sich bereits im Herbst 2023 an der Ritzenhoff AG beteiligt, um die Inhaberfamilie bei der Neuausrichtung des Unternehmens zu unterstützen.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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