Vermögensteuer erneut ante portas?

Die Grünen, die SPD und die Linke planen die Wiedereinführung der Vermö­gensteuer und eine Verschärfung der Erbschaftsteuer.
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Vielfach wird in der Öffentlichkeit gefordert, dass größere Vermögen aus Gerechtigkeits­gründen und zum Ausgleich der durch die Coronapandemie bedingten hohen Defizite der öffentlichen Haushalte zukünftig verstärkt besteuert werden. Nachfolgend sollen diese Pläne kurz skizziert und Hinweise gegeben werden, worauf sich Betroffene bereits jetzt einstellen sollten. 

Die Grünen, die SPD und die Linke planen die Wiedereinführung der Vermö­gensteuer. Flankiert werden diese Pläne mit Forderungen nach einer Verschärfung der Erbschaftsteuer für Unter­nehmenserben und erheblichen Er­höhungen des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer.

Die Grünen und die SPD fordern eine Vermögensteuer in Höhe von 1% per annum ober­halb eines Vermögens von 2 Mio. EUR (Grüne, SPD) beziehungs­weise 1,5% für sehr hohe Vermögen ab 20 Mio. EUR (SPD). Es werden jährliche Mehreinnah­men von 17 Mrd. bis 24 Mrd. EUR erwartet.

Die Linke plant eine Vermögensteuer auf Vermögen oberhalb von 1 Mio. EUR mit bis zu 5% per annum. Für Unternehmen und betriebsnotwendiges Vermögen sieht die Linke Freibeträge von mindestens 5 Mio. EUR vor. Es wird ein Mehraufkommen von rund 50 Mrd. EUR jährlich erwartet.

Die CDU/CSU, die FDP und die AfD leh­nen die Wiedereinführung der Vermögensteuer ab.

Die Linke plant zusätzlich zu einer Ver­mögensteuer eine einmalige Vermögensabgabe, die nach Feststellung der Besteuerungswerte über 20 Jahre abzuzahlen wäre, und rechnet mit einem Mehraufkommen von rund 300 Mrd. EUR über 20 Jahre.

Vermögensteuer verfassungsrechtlich erlaubt

Das Grundgesetz erlaubt durchaus eine Vermögensteuer. Das Bundesverfassungs­gericht hat 1995 das damalige Vermögensteuergesetz für verfassungswidrig erklärt, weil es bei einem einheitlichen Steuertarif von 1% das Gesamtvermögen zum aktuellen Marktwert, die Immobilien aber nach veralteten Einheitswerten mit 10% bis 20% der Verkehrswerte bewertet hatte. Seit 1997 wird keine Vermögensteuer mehr erhoben, ganz abgeschafft wurde sie nie.

Eine Vermögensabgabe dagegen erfor­derte aus verfassungsrechtlicher Sicht eine staatliche Ausnahmelage im Sinne einer existenzbedrohenden finanziellen Notlage des Staats, was derzeit eine Ein­führung einer Vermögensabgabe unrealistisch erscheinen lassen dürfte.

Kostennutzungsbilanz wenig attraktiv

Die Erhebung einer Vermögensteuer ist nach Einschätzung des renommierten Münchner ifo-Instituts im Hinblick auf eine Kostennutzungsbilanz wenig attrak­tiv und könnte am Ende zu einem „Drauf­zahlgeschäft“ für alle Seiten führen. (FAZ vom 4. Oktober 2019)

Da eine zusätzlich auf die Netto­rendite erhobene Vermögensteuer sich negativ auf betriebliche und private Inves­titionen auswirken würde, werden gegenläufige Effekte – wie die Verla­gerung von Steuersubstrat und Kapital ins Ausland, ausbleibende Investitionen im Inland bis hin zu Wohnsitzverlagerungen von sehr Vermögenden – gegen die Vermögensteuer angeführt. Angesichts der Tatsache, dass nur Norwegen, einige Kantone in der Schweiz und einige Provinzen in Spanien überhaupt noch eine Vermögen­steuer kennen, erscheinen diese Befürch­tungen durchaus nachvollziehbar.

Eine umfassende Vermögensteuer träfe keineswegs auch nur „Multimil­lionäre“ – eine Besteuerung jenseits der vorgesehe­nen Freibeträge könnte schon den Eigen­tümer eines selbst bewohnten Hauses in guter Wohnlage belasten. Gleiches gilt für den Eigentümer eines mittelständischen Betriebs. Soweit ­Betriebsvermögen, wie bei den Plänen der SPD, von der Erhebung der Vermögensteuer verschont werden würde, wird die Vermögensteuer im Wesentlichen zu einer Steuer für mittelständische Unternehmen und Freiberufler, die ihre Alters­versorgung über Immobilienvermögen aufgebaut haben. Erbschaftsteuerliche Ungerechtigkeiten wür­den hiermit auch in die Vermögensteuer eingeführt.

Dem Vernehmen nach ist der Gesetzgeber guter Dinge, dass durch Einführung von typisierten Verfahren und entsprechender EDV in den letzten Jahren die verfassungsrechtlichen Vorgaben im Hinblick auf eine Erfassung des Grundvermögens nach Marktpreisen realisiert werden können, und verweist insoweit auf die aktuelle Reform der Grundsteuer. Immerhin gilt es aber, für geschätzte 36 Millionen inländische Grundstücke durch­aus komplizierte Bewertungsverfahren abzuwickeln. Ein Blick in den Bereich der Erbschaftsteuer, wo derzeit zahlreiche gesonderte Feststellungen durch Betriebs- und Lagefinanzämter entweder großen Zeitaufwand erfordern oder gar zunächst nur vorläufig veranlagt werden, lassen aber durchaus Zweifel aufkommen, ob die Verwaltung für die Erhebung einer Vermögensteuer ausreichend gerüs­tet ist.

AUSBLICK

Angesichts der großen finanziellen He­rausforderungen der öffentlichen Haushalte zur Bewältigung der Pandemiekrise, aber auch des Klimawandels ist zu erwar­ten, dass eine neue Regierung (auch unter Beteiligung der Parteien CDU/CSU und FDP) eine verstärkte Besteuerung größerer Vermögen umsetzen wird.

Vermögende und Unternehmer, die im Fokus solcher Maßnahmen stehen, sollten sich im Klaren darüber sein, dass es nicht den einen und rasch umzusetzenden „Königsweg“ zur Abmilderung der drohenden steuerlichen Belastungen gibt.

Gefragt sind jetzt vielmehr indivi­duelle und zielgerichtete Asset-Protection-Maßnahmen mit einem gewissen Vorlauf.

Nach dem Motto „die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos“ sind etwa zur Optimierung vermögensteuerlicher Frei­beträge Vermögensübertragungen im Familienkreis sowie Güter- oder Wohnheimschaukeln in Betracht zu ziehen. Auch Stiftungslösungen, Vermögensüber­tragungen in ausländische Lebensversicherungen oder gar ein persönlicher Wegzug können je nach Ausgestaltung des individuellen Vermögens und der konkreten persönlichen Situation der Vermögensinhaber Lösungsansätze sein. In jedem Fall besteht jetzt Handlungsbedarf und die Themen dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden.


Dieser Beitrag ist in der Unternehmeredition 2/2021 erschienen.

Autorenprofil
Peter Fabry

Peter Fabry ist Rechtsanwalt und Steuer­berater sowie Partner bei SNP Schlawien Partnerschaft mbB Rechtsanwälte Steuerberater, München. Seine Beratungsschwerpunkte liegen in der nationalen und internationalen Steuergestaltungsberatung, im Immobiliensteuerrecht sowie in der Vermögens- und Nachfolgeplanung für Unternehmen und Privatpersonen.

 

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