Mögliche Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge

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Aufträge brechen weg, Geschäfte bleiben geschlossen, Lieferketten reißen. Die Corona-Krise zwingt viele Unternehmen zu einschneidenden Maßnahmen. Dazu gehören auch die Instrumente der Kurzarbeit und der Kündigungen. Bei einer geplanten oder laufenden Betriebsübertragung kann sich dies aber als Bumerang erweisen. Unternehmeredition Redakteur Alexander Görbing sprach mit Dr. Detlev Heinsius, Fachanwalt für Steuerrecht bei der Großkanzlei Ebner Stolz, über mögliche Fallstricke bei der Unternehmensnachfolge.

Es drohen Steuernachzahlungen

Ein wichtiger Faktor ist die sogenannte Lohnsummenregelung (§13a) aus dem Erbschaftssteuergesetz (ErbStG). Je nach gewähltem Verfahren bei einer Übertragung von Betriebsvermögen im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge (Erbschaft oder Schenkung) muss die Summe der Löhne im Unternehmen für den Zeitraum von 5 oder 7 Jahren (Behaltensfrist) annähernd konstant bleiben. „Wenn nun die Lohnzahlen über einen längeren Zeitraum sinken, dann drohen Nachzahlungen der vorher ersparten Erbschaftssteuer“, sagt Dr. Detlev Heinsius. Die Lohnsummenklausel im Erbschaftssteuerrecht gilt seit 2009 und soll sicherstellen, dass ein vererbtes oder im Rahmen einer Schenkung übertragenes Unternehmen in seinem ursprünglichen Zustand weiter betrieben wird und die Arbeitsverträge weiter gelten.

Abgerechnet wird immer zum Schluss

„Abgerechnet wird immer zum Schluss. Bis dahin hat ein Unternehmen auch einen gewissen Spielraum, um eine Zahlung von Erbschaftssteuer zu minimieren. Zudem besteht immer ein Wahlrecht zwischen einer Phase von 5 oder 7 Jahren“, sagt Dr. Heinsius. Er rät den Unternehmen, die sich in der Phase eines Betriebsübergangs befinden dazu, jährlich eine Art Kassensturz zu machen. Auf diese Weise könne auch noch rechtzeitig gegengesteuert werden. Nach einer Frist von 5 Jahren werden 85% der fälligen Erbschaftssteuer erlassen, nach 7 Jahren entfällt die Steuer ganz.

2020 kann ein gutes Jahr werden für Betriebsübertragungen

Für Unternehmen, die sich schon in der Phase einer Übertragung von Betriebsvermögen im Wege einer vorweggenommenen Erbfolge befinden, bildet die Corona-Krise ein mögliches Risiko für eine Steuerpflicht. Umso wichtiger sei hier eine kontinuierliche Beobachtung der wesentlichen Parameter, die für die Steuerpflicht entscheidend sind. Bei Betrieben, die eine Übertragung in der nahen Zukunft planen, könne es sich als sinnvoll herausstellen, wenn man 2021 mit dem Prozess beginnt. „Dann wird die Lohnsumme von 2020 bei der Beurteilung der Steuerpflicht mit zugrunde gelegt. Wenn dieser Betrag aufgrund der Krise niedrig ausfällt, dann ist es für die folgenden 5 oder 7 Jahre leichter, die Lohnsumme beizubehalten“, erklärt Dr. Heinsius.

Neben der Lohnsumme ist auch der Unternehmenswert ein bestimmender Faktor für eine mögliche Steuerpflicht. Die Krise durch die Corona-Pandemie kann sich auch hier unter Umständen positiv auswirken, indem der Wert des Unternehmens niedriger angesetzt werden kann. „Hier empfehlen wir eine intensive Prüfung der Ausgangssituation. Aber eine niedrige Lohnsumme und ein geringerer Unternehmenswert bieten eine gute Ausgangsbasis für einen Betriebsübergang“, so Dr. Heinsius.


ZUR PERSON

Dr. Detlev Heinsius ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht bei der Großkanzlei Ebner Stolz. Tätigkeitsschwerpunkte sind Tätigkeitsschwerpunkte sind Gesellschafts- und steuerrechtliche Gestaltungsberatung, Unternehmenskauf, und Unternehmensumstrukturierungen, Unternehmensnachfolge und Erbrecht. www.ebnerstolz.de

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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